Provokationen und Spielabbruch Ein Jugendteam im Fokus - was ist los mit Langenbochums U16?

Ein Jugendteam im Fokus: Provokationen, Spielabbruch - was ist los mit Langenbochums U16?
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Besuch im Hertener Norden auf der Platzanlage von BW Westfalia Langenbochum. Gekommen sind Jugendleiter Dirk Kruppa und Vorstand Steven Fischer. Das Thema ist ernst und für den Verein nicht angenehm. Aber es hat Kreise gezogen: Was ist los mit der U16 des Vereins?

Die Fakten liegen auf der Hand, sie werden auch gar nicht abgestritten von beiden Funktionären. Es gab etwa hitzige Spiele beim TuS Haltern am See und den Sportfreunden Stuckenbusch. Es gab eine Attacke vermutlich eines Spielervaters, der mit einem Stock oder einem Knüppel nach Spielschluss auf einen Trainer der DJK GW Erkenschwick losgegangen sein soll.

Abbruch gegen Stuckenbusch

Es gab am 14. Dezember den Abbruch im Heimspiel gegen Stuckenbusch, der in abenteuerlichen Szenen mündete. Nach einer Tätlichkeit gegen einen Spieler, die eine Rote Karte nach sich zog, habe ein anderer Spieler versucht, die Schiedsrichter zu attackieren, dabei einen Assistenten geschubst – was zwingend zum Abbruch führte. Johannes Westermann, damals der Spielleiter, erinnert sich: „Wenn ich einen Abbruch hatte, dann wegen schlechten Wetters oder so. Es war der erste Abbruch in meiner Laufbahn wegen Krawalle. Und das nach 49 Jahren.“

Westermann fügt an: „Der Verein Langenbochum hat sich absolut tadellos verhalten in der Situation.“ Nur dass dem die ständigen Tumulte, die mit der eigenen U16 verbunden waren, ziemlich beschäftigten. Spiele der Mannschaft werden grundsätzlich nur noch mit Gespann geleitet – in der B-Junioren Kreisliga A!

Fußball, Sportanlage Herten-Nord, BW Westfalia Langenbochum, 10. April 2025. Feature. Mit diesem Plakat werden Eltern aufmerksam gemacht, jederzeit fair zu sein.
Mit diesem Plakat an der Platzanlage in Langenbochum werden Eltern aufmerksam gemacht, jederzeit fair zu sein. © Olaf Krimpmann

Einige Vorstandssitzungen gab es, sogar das Kreissportgericht kam in Person von Thomas Radolla und verwarnte das Team. Im Nachgang des Stuckenbusch-Spiels hatte es noch einen Polizeieinsatz gegeben, da Jugendliche, die offenbar dem Langenbochumer Spielerumfeld zuzurechnen waren, sich neben der Platzanlage nahe des Ausgangs versammelt hatten, wodurch sich die auf der Anlage befindlichen Mannschaften und Zuschauer bedroht fühlten. „Beim Eintreffen der Kollegen waren die Jugendlichen und Heranwachsenden verschwunden“, sagt Polizeisprecher Andreas Wilming. Die Ordnungshüter waren von Langenbochumer Seite gerufen worden. Schon beim Hinspiel in Stuckenbusch soll es im letzten Herbst hoch hergegangen sein.

Für einen Verein, dessen Jugendabteilung größer ist als die meisten Klubs im Fußballkreis überhaupt, ist diese Situation eine Belastung. „Mittlerweile haben uns drei Spieler verlassen müssen“, sagt Jugendleiter Dirk Kruppa, der damit signalisiert: Der Verein hat gehandelt. Mit den Spielern sind auch Eltern fort. Denn was Lucas Adelt, Jugendtrainer beim TuS Haltern am See, sagt, sagen sinngemäß alle, mit denen im Rahmen der Recherche gesprochen wurde: „80 Prozent der Unruhe bei Langenbochum kam von außen.“

Greift nur das Argument Pubertät?

In Langenbochum stehen sie dennoch vor einem Rätsel. Steven Fischer, das Vorstandsmitglied, sagt, die U16 sei im Prinzip dieselbe Mannschaft, die in der letzten Saison noch die C1 gestellt habe. Und die sei vollkommen unauffällig gewesen.

Ist es einfach ein „schwieriges Alter“, sprich: die Pubertät, die eine Rolle spielt? Die Sozialisation? Dann müsste gefühlt die Hälfte aller B-Jugendmannschaften im Kreis regelmäßig auffällig werden.

„Dann bräuchte man einen Sozialarbeiter“, sagt Dirk Kruppa. Als genau das rühmen sich viele Vereine, laut Eigenwerbung sind sie der Kitt der Gesellschaft. Nur dass der Kitt brüchig wird, je mehr an ihm gekratzt wird. In Langenbochum jedenfalls sind sie an Grenzen gestoßen. Daher die Rauswürfe, die man als Ultima-ratio-Maßnahme verstehen kann. „In den letzten beiden Spielen war Ruhe auf dem Platz“, sagt Dirk Kruppa.

Fußball, Sportanlage Herten-Nord, BW Westfalia Langenbochum. Feature.
Gemeinsam an einem Strang ziehen - ein hehres Ziel. © Olaf Krimpmann

Wahrscheinlich ist diese Maßnahme die einzige Möglichkeit, die Sache zu befrieden. „Wer meint, aus einem Fußballspiel jedes Mal eine Schlacht machen zu müssen, der ist bei uns falsch. Das sind nicht unsere Werte“, sagt Steven Fischer.

In Langenbochum haben sie 24 Jugendmannschaften im Spielbetrieb. 23 laufen völlig problemfrei, heißt es. Natürlich spielt der Name Langenbochum eine Rolle. „Wir stellen was da. Da sind viele Gegner besonders motiviert. Und natürlich wissen viele, wie sie provozieren können“, sagen Kruppa und Fischer. Als Entschuldigung wollen sie dies aber nicht ansehen.

Die vielen Vorkommnisse rund um die Mannschaft sorgen nicht nur für ein schlechtes Image der U16, es werden auch im Verein Probleme geschaffen. Nach dem Spielabbruch gegen Stuckenbusch warfen beide Trainer verärgert hin. Wenigstens Rabih Such, vielen im Kreis bekannt als Trainer von FC/JS Hillerheide, macht jetzt bis Saisonende weiter. Dirk Kruppa hat ihn bekniet. Wobei der Jugendleiter jetzt selbst an der Seitenlinie steht bei der U16. Sicher ist sicher.

„Wir wollen das, was wir hier erreicht haben in der Jugend, uns nicht madig machen lassen“, sagt Steven Fischer. Der pensionierte Kriminalbeamte, schon in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts in Langenbochum tätig, hat vielleicht einen Ansatz zu erklären, wieso vieles anders läuft in diesen Tagen als noch vor wenigen Jahren, und das sei nicht nur in Langenbochum zu beobachten: „Es hat sich was verändert. Egal ob Eltern oder Verein: Alle sind zu oft Anwalt der Spieler.“

Der Großteil will nur Fußball spielen

Es ist eine Beobachtung, die Dirk Kruppa, obwohl in seinem Ehrenamt deutlich kürzer dabei, teilt: „Eltern bewerten oft Zweikämpfe, die unsere Mannschaft führt, anders als einen Zweikampf, den die andere Mannschaft führt. Was unsere Mannschaft macht, ist immer richtig, was die andere tut, dann ein Foul. Bei einer absolut ähnlichen Situation. Da fehlt es an Objektivität.“ So schaukele sich vieles hoch.

In Langenbochum hoffen sie, dass Ruhe einkehrt in der U16. Man dürfe schließlich nicht vergessen, sagen beide Funktionäre, dass der Großteil der Mannschaft doch nur eins wolle: Fußball spielen. Natürlich auch erfolgsorientiert, das ist nicht die Frage. Aber – und das ist die Lehre aus dieser Saison in der U16 – nicht um jeden Preis.