Verletzung zerstörte den Profi-Traum Jetzt ist er der Erfolgsgarant eines Bezirksligisten

Verletzung zerstörte den Profi-Traum: Jetzt ist er der Erfolgsgarant eines Bezirksligisten
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Er ist nicht der Erste und auch nicht der Letzte, dem das Leben so mitspielt. Und dennoch sind schwere Verletzungen für junge Fußballer, die Aussicht auf den Sprung in den Profikader haben, ganz heftige Einschnitte in ihren Lebensplan. Immer wieder tröstlich, wenn die jungen Menschen mental, körperlich und auch sozial die Kurve kriegen und ihre Erfüllung finden.

So einer ist Ahmet Besevli (23), ein Lüner Junge im Einsatz für den Bezirksligisten VfL Kemminghausen. Vier Jahre kickte er in der Schalke-Jugend, dann bei RW Oberhausen in der U17. Besevli hatte den Profibereich im Blick. „Schalke-Spiele kann ich heute schwer ertragen“, sagt er. „Nicht, weil die Königblauen fußballerisch in der Bundesliga eher bescheiden unterwegs sind. Auch nicht, weil er im Herzen Dortmunder Borusse ist. Dazu ein kurzer Einschub: „Da war ich dreimal zur Vorstellung, die wollten mich nicht. Später, als es bei Schalke gut lief, hat der BVB noch mal angeklopft. Da hat mein Papa aber gesagt, der Junge geht jetzt bei Schalke seinen Weg.“ Darüber erzählt Ahmet Besevli heute fast schon wieder entspannt: „Aber Sprüche wegen meiner Schalke-Vergangenheit kriege ich noch heute.“

Nein, der Grund, warum er S04-Partien nicht sehen mag, ist der, dass ehemalige Weggefährten heute in der Bundesliga kicken. „Ich kenne da ein paar aus meiner Schalker Zeit. Und mit etwas Glück wäre ich heute vielleicht auch da angekommen. Ich habe als Junge auch durchaus gut gegen den damaligen Dortmunder Luca Kilian gespielt, der heute in Köln spielt. Dann war ich in Oberhausen Kapitän, als sich nach einem Tritt in die Wade ein Hämatom bildete. Ich musste sechs Monate pausieren.“

Ahmet Besevli (r.),
Ahmet Besevli (r.), hier noch im Trikot der U19 des TSC Eintracht, fühlt sich wohl in Kemminghausen. © Peter Ludewig

Es folgte der Knick, der ihn zu seinem früheren Jugendverein TSC Eintracht zurückbrachte. „Auch da habe ich nicht mehr Fuß gefasst. Über den Lüner SV bin ich dann zu Ay Yildiz Derne gegangen, um nebenher Zeit für meinen Beruf zu haben.“ Im Klinikum Dortmund hat er einen anspruchsvollen Job, der ihm das bestätigte, was ihm sein Vater Ahmet immer mit auf den Weg gegeben hatte: „Das Wichtigste ist, dass du ein guter und gesunder Mensch bist, hat er immer wieder gesagt. Und ich sage mir jetzt jeden Tag, wenn ich die kranken Menschen in der Klinik sehe, dass ich dankbar dafür sein darf, was ich bin.“

Worte, die nahegehen. Denn der junge Mann räumt durchaus ein, dass es manchmal immer noch sehr weh tue, kein Profi geworden zu sein. Und das wohl nur wegen einer Verletzung. Sein Vater Mehmet Besevli, seine Bezugsperson, sein Freund und auch sein Berater („ich wollte nie einen anderen als ihn haben, der für mich die notwendigen Dinge regelt, und dafür bin ihm ewig dankbar“) aber begleitete ihn auf den Weg in ein gewöhnliches Leben. Besevli jr. ging zu seinem Kumpel Yasin Yanik, Trainer des SC Osmanlispor.

Sechs Tore in acht Spielen

Vor dieser Saison machte ihm der umtriebige Sportliche Leiter des VfL, Tuna Kayabasi, einen Wechsel zum VfL schmackhaft. „Ich fühle mich körperlich wieder gut, da dachte ich, ein ambitioniertes Team mit einer sehr netten Mannschaft wäre jetzt etwas für mich.“ Und das Glück ist in Besevlis Leben auch wieder zurück. Wenn jetzt etwas für ihn selbst oder das Team noch nicht komplett nach Plan läuft, ordnet er das für sich realistisch ohne großes Hadern ein. „Ich habe wegen einiger Blessuren erst vier Spiele komplett absolviert, war viermal kurz dabei. Aber wenn ich dann spiele, mache ich auch das, wofür sie mich geholt haben.“

Sechs Tore in acht Spielen, davon vier kompletten, sprechen dafür, dass Besevli noch nicht zu viel verlernt hat. „Aber ich war sonst eher der offensive Sechser, gerne auch Zehner. Jetzt spiele ich beim VfL schon sehr weit vorne. Daher soll ich hier in erster Linie treffen.“ Aber der Offensivspieler sieht die Mannschaftsquote über seiner eigenen: „Und wenn jetzt – wie beim Test gegen ASK Ahlen – eines meiner beiden Tore einem Teamkollegen zugeschrieben wird, rufe ich da bestimmt nicht an und beschwere mich.“ 2:5 verlor der VfL übrigens.

Mit der Mannschaft ging es zuletzt nach einigen Aufs und Abs zuletzt wieder etwas nach oben: „Das Spiel in Wethmar, für das wir die Punkte bekamen, stand ja 1:1, war nicht so berauschend. Davor gegen Selimiye Spor 2:1 und davor 6:4 auswärts in Mühlhausen-Uelzen hatten wir ja schon wieder die Spur gefunden.“ Ob das so ohne den neuen Erfolgsgaranten Ahmet Besevli passiert wäre, steht in den Sternen, denn vier der acht Treffer gingen auf sein Konto. „Ich liebe es zwar, Tore zu schießen, aber wenn es andere tun, komme ich auch gut klar damit.“ Was gegangen wäre, hätte er die gesamte Saison spielen können, malt sich einer, der im Hier und Jetzt lebt und sein „Hätte, hätte“ für die verpasste Profikarriere aufgebraucht hatte, nicht mehr groß aus.

Lieber blickt der neue Ahmet Besevli nach vorne. „Wir wollen unter die ersten Fünf.“ Also gibt es auch keinen großen Blick nach vorne. Fest steht, dass er - zum Glück – auch nicht der Erste und der Letzte ist, der einfach sagt: „Ich möchte Freude am Fußball haben.“

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