Es ist schon wieder eine grausame Bilanz. Am vergangenen Wochenende gab es im Dortmunder Amateurfußball insgesamt fünf Spielabbrüche. So war beispielsweise das Bezirksliga-Duell zwischen dem Geisecker SV und dem FC Roj vorzeitig beendet worden, weil der Schiedsrichter bedroht wurde. Auch das Kreisliga-A-Spiel am Sonntag zwischen den SF Nette und Sarajevo-Bosna fand kein Ende. Hier sorgte ein Platzverweis für einen Spieler des neuen Klubs von BVB-Legende Lothar Huber für den Spielabbruch in der Staffel A1.
Spielabbruch durch FC Sarajevo-Bosna
2:2 stand es, als sich das Duell aus dem Tabellenmittelfeld dem Abpfiff näherte. Nette war durch Fabian Lau (22.) in Führung gegangen, doch die Gäste vom Tremoniapark drehten die Partie noch vor der Pause. Nachdem Sarajevo-Bosna durch ein Eigentor selbst für den erneuten Ausgleich gesorgt hatte (74.), nahm das Spiel richtig an Fahrt auf.
„Das ist total schade, dass es so ein Ende finden musste. Es war ein total spannendes und offenes Spiel. Es ging ständig hin und her, beide Mannschaften hatten gute Chancen, mit 3:2 in Führung zu gehen“, erzählt Nette-Trainer Jan Knust nach. In den letzten Minuten rückte das Sportliche dann aber in den Hintergrund.
Zunächst gab es Platzverweise auf beiden Seiten. Beim Gastgeber aus Nette flog ein Kicker mit Gelb-Rot vom Platz, bei den Gästen ahndete der Schiedsrichter eine Notbremse sowie ein überhartes taktisches Foul direkt mit der Roten Karte. „Der Schiedsrichter hat mit Gelben und Roten Karten um sich geworfen, das war unglaublich“, erinnert sich Neu-Bosna-Coach Lothar Huber. Sein Team verschoss davor einen Elfmeter und haute sich den Ausgleich wie erwähnt selbst in den Kasten.
„Trotzdem zählte ein Tor von uns nicht, wo der Ball einen halben Meter hinter der Linie war nicht. Und dann pfiff der Schiedsrichter auch noch eine Situation wegen Abseits ab, wo wir komplett alleine auf das Tor zugelaufen wären“, kritisiert die BVB-Legende sehr deutlich. Dennoch: Für das, was danach passierte, hatte Lothar Huber „überhaupt kein Verständnis.“

„Das waren absolut kuriose Entscheidungen, aber so etwas darf unseren Leuten nicht passieren. Ein paar sind völlig ausgerastet. Selbst, wenn die Emotionen hochkochen, darf man so nicht agieren“, mahnt der ehemalige Trainer des VfB Westhofen in der Landesliga 3. Denn die Fans des Dortmunder A-Ligisten stürmten den Platz und trieben den Schiedsrichter vom Feld. Ein entsprechendes Video liegt der Redaktion vor.
Auslöser sei wohl gewesen, dass ein Bosna-Kicker, der zuvor die Gelb-Rote Karte wegen Meckerns gesehen hatte, dem Schiedsrichter vermeintlich eben jene Karten aus der Hand geschlagen hatte. Danach brach der Unparteiische das Spiel ab, die Fans des A-Ligisten liefen auf den Platz und bedrängten ihn. „So etwas habe ich als Trainer noch nie erlebt“, schaut Lothar Huber auf die Ereignisse zurück. „Es ärgert mich sehr, dass sich die Leute da nicht im Griff hatten.“
Bosna-Vorstandmitglied Haris Aletic erklärt dazu, dass der vermeintliche Schlag des Sarajevo-Kickers keine absichtliche Aktion gewesen sei. „Unser Spieler hat sich umgedreht und dann die Arme gehoben, weil er mit der Entscheidung unzufrieden war. Dabei hat er aus Versehen die Karten berührt, die dann herunter gefallen sind. Er hat sie nicht herunter geschlagen“, beteuert der Verantwortliche des Kreisligisten.
Spieler schützen Schiedsrichter
Ein positives Zeichen setzten auf jeden Fall die Spieler auf dem Platz. „Das kam nur von den Zuschauern, das ist wichtig“, beteuert Gegner-Coach Jan Knust. „Die Betreuer und Spieler haben sich direkt vor den Schiedsrichter gestellt und haben ihn geschützt.“ Besonders Bosna-Torwart und Kapitän Dani Balic habe einen großen Anteil daran gehabt, dass die Situation nicht komplett eskalierte.
Ob das schlussendlich auch die nahende Strafe für den A-Ligisten mindert, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW) hatte vor der Saison angekündigt, die Strafen in solchen Fällen, wie am Sonntag, drastisch zu erhöhen. Bei einer Wiederholungstat könnte sogar ein Mannschaftsausschluss folgen.
„Mir ist ganz wichtig, dass das nicht den gesamten Verein in ein schlechtes Licht rückt. Wir werden aus dem Verhaltender der wenigen Leute unsere Konsequenzen ziehen und die betroffenen Personen bestrafen. Wie es auch Jan Knust erzählt hat, habe ich selbst und viele unserer Spieler den Schiedsrichter beschützt und alles dafür getan, damit die Situation sich schnellstmöglich beruhigt“, erklärt Bosna-Vorstandsmitglied Haris Aletic.
Sonderbericht des Schiedsrichters
Auch der Schiedsrichter fand in seinem Sonderbericht (liegt dieser Redaktion vor) lobende Worte für einzelne Spieler des A-Ligisten. Ganz besonders für Muhamed Ahmeckovic, der ihn vor den anstürmenden Leuten schützte. Sonst gewährt der Unparteiische allerdings Einblicke, die alles andere als schön klingen.
Zu der Szene rund um den vermeintlichen Schlag des Sarajevo-Spielers gegen die gezeigten Karten, schreibt der Unparteiische, dass der bestrafte A-Liga-Kicker ihm die Gelbe Karte tatsächlich aus der Hand schlug und der Schiedsrichter die Partie daraufhin abbrach.
Ein Flüchten des Referees aus der Situation sei danach nicht möglich gewesen, weil ihn von allen Seiten Zuschauer bedrängt hätten. Ein „Fan“ von Sarajevo-Bosna habe ihm sogar an den Hals gefasst. Nur durch die Hilfe von Muhamed Ahmeckovic, den nahenden Ordnern und einem Schiedsrichterkollegen sei es möglich gewesen, dass der Unparteiische dann den Platz verlassen konnte.