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TuS Bövinghausen: Stürmer ist viel zu gut für die Liga und sorgt für etwas Fußball-Romantik
Fußball-Westfalenliga
Fußball-Westfalenligist TuS Bövinghausen hat einen Spieler in seinen Reihen, der mit seinem Können entzückt. Verschwindet dadurch die Fußball-Romantik? Mitnichten. Er hat viele lobende Worte.
Der das sagt, ist 20! „Wir wussten: Wenn wir ruhig spielen, bekommen wir die Chancen und gewinnen dieses Spiel. So kam es dann auch.“ Der das sagt, liebt Eins-gegen-Eins-Duelle, geht gerne Risiko. Der das sagt, weiß aber eben auch, wann er sich besser geduldet. Und er weiß: Zeit für seine großen Momente bleibt in jeder taktischen Ausrichtung. Als er die dann tatsächlich hinter sich hat, gibt er Interviews mit einem dezenten und freundlichen Dauerlächeln.
Elmin Heric ist mit seiner Vita mit den Nachwuchsstationen Sportfreunde Siegen, 1. FC Köln, Fortuna Düsseldorf und Go Ahead Eagles Deventer bestimmt nicht der ideale Amateurfußball-Spieler für Fußball-Romantiker, schon gar nicht, wenn er im neureichen TuS Bövinghausen kickt. Aber für Fußball-Ästheten ist er es allemal.
Und wenn junge Spieler unbekümmert aufspielen wie gerade gegen Wacker Obercastrop der bis vor Kurzem in Dortmund völlig unbekannte Heric, dann freut sich auch die Fan-Seele neutraler Beobachter. Jung und unbekümmert und dazu noch so reflektiert, lässt dann schon einmal Bedenken vergessen. Haben wir nicht hier auch solche?, mag sich mancher Skeptiker fragen. Um ehrlich zu sein: leicht zu finden ist ein zweiter Heric in Dortmund eher schwierig. Seinen beiden Treffer gegen Wacker brachten sein Team gegen einen äußerst unbequemen Gegner in die Erfolgsspur.
Das 1:0 zeugte zum ersten Mal am Samstagabend von der Klasse der einzigen Spitze im Bövinghauser 4-1-4-1. Der lautstarke Obercastroper Anhang schwieg kurzzeitig. Er hatte nach guter Anfangsphase seiner Mannschaft die Rechnung ohne die nie zu unterschätzenden Bövinghauser Offensive gemacht. Zur Kuriosität dieses Derbys vor 1000 Zuschauern gehörte neben der TuS-Führung nach guter Obercastroper Phase der Ausgleich in besseren TuS-Minuten. „Wir lassen den Gegner wieder ins Spiel kommen, sind zu sorglos. Ich muss in der Kabine lauter werden“, beschreibt Trainer Sebastian Tyrala seinen Spielfilm. Heric fand es in der Tat auch vor der Pause eher „schwierig, gegen diesen Gegner unser Spiel aufzuziehen. Dann das 1:1!“ Der Angreifer holt kurz Luft, um das, was Tyrala von außen sah, in seine Worte zu fassen. „Solch ein Gegentor kann passieren, ist normalerweise nicht schlimm. Wir haben aber erst in der zweiten Hälfte die Reaktion gezeigt.“ Und dann ist er wieder bei der eingangs erwähnten Geduld. Denn in der Kabine nahm sich das Team vor, konstruktiv nach vorne zu spielen. „Jeder spürte, dass er den Sieg doch unbedingt wollte.“
TuS Bövinghausen: Heric fühlt sich von Tag eins an sehr wohl
Und die starke Zeit des Tabellenführers sollte gegen den Achten auch noch kommen. Mit dem kongenialen Ervin Catic über links und nicht zu vergessen den im zweiten Abschnitt starken aufrückenden Außenverteidigern Aleksandar Gjorgjievski und Migel-Max Schmeling sowie dem jetzt deutlich auffälligeren Marko Onucka drehte Heric zur Bestform auf. War es erst die Geduld, nahm sich der Mann mit der Nummer elf jetzt die Zeit für mehr Risiko. Immer wieder kurvten er und Catic durch die Wacker-Abwehr. Catic legte auf, Heric vollendete zum 2:1. „Ja, mit Ervin zu spielen, macht richtig Spaß“, sagte der Doppel-Torschütze. „Aber das passt auch zur ganzen Mannschaft.“
Und so sah er dann mit Freude, wie der erst später eingewechselte Sebastian Mützel Gästekeeper David Scholka zu einer Parade zwang. Den Abpraller verwertete Catic zur Entscheidung, zum 3:1. Keinerlei Eifersucht zeigte Heric, als der Torschütze in die Arme eines anderen sprang. Es waren die von Schmeling. Elmin Heric, der Mannschaftsspieler, hätte bestimmt auch nicht widersprochen, wenn er seinem Trainer zugehört hätte: Dieser verteilte die Bestnoten an die Außenverteidiger, also eben auch an Schmeling. Ein Trainer denkt eben auch an die, deren Torbilanz sich nicht so eindrucksvoll liest wie die seiner Sturmspitze: sechs Tore in vier Spielen!
Das Lob der Zuschauer genoss der gönnende Heric aber auch: „Danke, danke!“ gab er immer wieder artig zurück. Fast wirkt er jetzt so bescheiden mit seinem höflichen Lächeln, als verbiete sich fast die Frage, ob es diese Komplimente-Ebene für einen bosnischen Junioren-Nationalspieler und -Bundesligaspieler für ihn in seinem Leben schon war oder ob er nicht doch größere Pläne hat. Die Frage aber sollte schon sein. Vielsagend lächelnd blickt er sich um: „Vom ersten Tag an habe ich mich hier sehr, sehr wohlgefühlt. Die Stimmung in der Mannschaft und im Verein ist einfach super und bestimmt nicht selbstverständlich. Dass wir dieses Spiel nach dem unnötigen Gegentor so am Ende sicher gewinnen, ist es auch nicht.“ Er fasst zusammen: „Ich bin also sehr gerne hier.“
„Wahrscheinlich“ trifft es längst besser als „gut möglich“, wenn es um den Aufstieg des TuS Bövinghausen geht. Heric dürfte vorne gesetzt sein, wenn in den kommenden Wochen das Ziel Oberliga auch aus der Nähe greifbar ist. Und er dürfte nicht nur Spaß haben, sondern auch vielen Leuten machen.
Wer weiß schon, was in ein paar Jahren ist? Wenn aber ein äußerst talentierter, viel gereister junger Mann so lobend über ihren Verein redet, dass auch die schon ewig im TuS helfenden Ehrenamtler dankbar zuhören, hat das zumindest derzeit ja selbst im sehr geschäftigen Bövinghausen etwas Romantisches.
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
