Vor einer Woche nach 3:0-Führung ein 4:5 gegen YEG Hassel. Es folgten „Turbulenzen“, wie Torwart Muhammed Acil die deftige öffentliche Kritik des Teammanagers Mesut Aksoy und die Auswirkungen auf das gescholtene Team während der Woche umschrieb. Der Keeper wollte im Gefühl der starken Reaktion seines Teams, des Westfalenliga-Zweiten Türkspor Dortmund, auf den Sieg gegen den Holzwickeder SC (3:2 nach 1:2-Rückstand) aber nicht mehr nachkarten. „Da haben andere schon genug drüber gesagt.“
Zum Hintergrund: Unter anderen hatte Kapitän Ömer Akman in unserer Videoschalte erklärt, er halte die Kritik für überzogen und auch nicht in die Öffentlichkeit gehörend. Auch Trainer Orhan Özkara und Youssef Yesilmen wünschten sich eine interne Aufarbeitung. „Das passt nicht zum Familiengedanken Türkspors“, hieß es da in unserer Videoschalte vom Freitagabend.
Aksoy geht in die Tiefe
Aksoy aber wollte nach seinen Aussagen folgender Kritik, auch dieses Mediums, gerne noch einmal in die Tiefe gehen und seine Beweggründe erläutern. Den Sieg gegen Holzwickede ordnete er, um seine Sicht zu verdeutlichen, in den Kontext ein. „Hätten wir dieses Spiel gegen gute Holzwickeder verloren, hätte ich nie etwas gesagt. Die Jungs haben sich die vielen Chancen erarbeitet und nie aufgegeben.“ Der sanfte Aksoy äußerte dann noch sehr sachlich, was auch anderen Beobachtern nicht verborgen blieb: „Wenn ich etwas anmerken darf, dann ist es, dass wir zurzeit hinten zu leicht Gegentore kassieren, sodass wir vorne viele brauchen.“

Der Teammanager erzählte dann noch mehr über seine Beweggründe. „Seit fünf Jahren arbeiten wir daran, Integration, soziale Projekte und sportlichen Erfolg im Dortmunder Norden in einem Projekt voranzubringen. Dr. Akin Kara, ich und weitere gute Bekannte legten immer Wert darauf, dass wir kein rein türkischer Verein sein wollen. Wir gehören zu keiner Gemeinde, sind offen für alle Menschen. Sehen Sie sich alleine unseren Kader an.“
Wir hören weiter zu. „Wir bauen eine Jugendarbeit mit bereits mehreren Mannschaften auf, was im Fredenbaum nicht so einfach ist. Gerade im Winter ist es für Kinder kein Vergnügen, durch den dunklen Wald zu uns zu kommen. Und wieder der humorvolle, milde und durchaus zur Selbstironie fähige Aksoy: „Das ist ja selbst mir manchmal unheimlich.“
Teammanager bewundert ASC
Mittlerweile jedenfalls hätte sich ein größerer Kreis in und um den Verein gebildet, der sich in den Einrichtungen, die der Verein selbst am städtischen großen Mendeplatz geschaffen habe, familiär wohlfühle. „Wir erhalten finanzielle Unterstützung von Sponsoren und freuen uns über großes ehrenamtliches Engagement.“ Das Ganze sei sehr nachhaltig angelegt: „Ich bewundere den ASC 09 Dortmund, wie breit er sich auf hohem Niveau langfristig aufstellt. Da wollen wir hin.“
Das alles klingt für den Zuhörer sehr anerkennenswert, aber es bleibt die Knackpunktfrage: Gefährdet nur eine schlechte Leistung des Teams gegen YEG Hassel oder doch eher demotivierende öffentliche Kritik den Familienfrieden? Ja, Streit gibt es in den besten Familien, aber die wenigsten tragen den in sozialen Medien aus. Also die erneuten Fragen: Warum öffentlich? Warum in dieser Schärfe nach erst einer Niederlage? Warum diese Trennung „Wir“ und „Die“? Was passiert, wenn die Mannschaft öfter verliert?“ Aksoy bleibt bei seiner Sichtweise: „Unsere Gönner, Ehrenamtler und Freunde investieren viel Zeit und auch Geld und dürfen erwarten, dass unser Aushängeschild, die erste Mannschaft, Leistung zeigt. Alles andere könnte für Demotivation sorgen. Das war gegen YEG einfach schlecht, nach der 3:0-Führung. Aber ich habe auch erst zweimal so deutlich reagiert, weil es da so auffällig war. Über Facebook oder Instagram richten wir uns in erster Linie an unsere Mitglieder. Sie sollen verstehen, wie wir denken und dürfen sich dann eine Meinung bilden. Da gibt es viel Lob, aber eben auch mal Kritik.“
Kurzer Einwand: Das ist aber kein interner Newsletter, sondern jeder Externe könnte die Spieler fragen, was sie denn verbrochen haben? „Ich weiß, dass nicht jeder diese Form der Artikulation befürwortet. Das kann ich ab. Aber ich weiß auch, dass nicht jeder Ihre Kritik an mir befürwortet. Ich habe viel Zuspruch erhalten.“ Also gut: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Darin sind sich Teammanager und Autor einig.
Kritik nicht verpufft
Dennoch bleibt für den Teammanager die Mannschaft in der Pflicht. Wer gibt ihr dann im Verein eine Lobby? „Die hat sie doch. Wenn sie sich engagiert, stehen wir zu ihr. Den Jungs geht es im Verein schon sehr gut.“
Kommt das an? Acil wollte nicht mehr über Vergangenes reden. Aber im Gespräch nach dem 3:2 war herauszuhören: Auch an Menschen, denen es im Verein gut geht, geht solch eine Kritik nicht spurlos vorbei: „Wir wollten heute zeigen, dass wir besser als das sind, was uns unterstellt wurde. Jeder Zuschauer, jeder, der Türkspor supportet hat, dürfte heute sehr zufrieden sein, weil wir einen geilen Ball gespielt haben.“
Sorgen, dass die Mannschaft nicht selbstkritisch sei, muss sich laut Acil aber auch keiner machen: „Wir haben gegen YEG gemerkt, dass es nicht reicht, nur 20 Minuten Gas geben. Das haben wir intern besprochen und darauf eine Reaktion gezeigt, richtig Gas gegeben und gerade im zweiten Abschnitt, als wir zurücklagen, nie den Glauben verloren.“
Jetzt geht es in die Totensonntagspause: „Ich bin 30 Jahre. Die tut mir gut.“ Er lächelt. Und siehe da, der Teammanager war passend dazu dann auch wieder in Gönnerlaune: „Die Jungs dürfen jetzt kommendes Wochenende ruhig ein paar Tage die Füße hochlegen. Das haben sie sich verdient.“ Ein Verein hat erst einmal seinen Frieden zurück.
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