Es läuft die 48. Spielminute in der Fußball-Westfalenliga-Partie zwischen dem SV Wacker Obercastrop und Türkspor Dortmund am 4. Dezember 2022. Noch führt das Team aus Castrop-Rauxel mit 1:0 (Endstand: 1:3), als ein Spieler des Gegners nach einem Zweikampf am Boden liegen bleibt. Weil Türkspors Adem Cabuk in der Situation auf Vorteil plädiert und weiterspielt, stoppt ihn Wackers Marin Vranjic mit einem gelbwürdigen Foulspiel.
Die darauffolgende Rudelbildung beschäftigt in der Folge auch das Verbandssportgericht. Nach dreieinhalb Monaten ist das offizielle Urteil nun da: Das Westfalenliga-Spitzenteam aus Dortmund muss tief in die Tasche greifen und soll eine Strafe von 1500 Euro bezahlen. Bei den Verantwortlichen von Türkspor stößt das Urteil auf Unverständnis. Doch der Reihe nach.

„Wilde Szenen“ spielen sich ab
Nach dem Foulspiel von Marin Vranjic an Adem Cabuk kochen in der 48. Minute die Emotionen hoch: Ersatzspieler, Betreuer und Zuschauer stürmen den Platz – und es kommt zu einer folgenschweren Tätlichkeit. „Es waren wilde Szenen, die im vollen Umfang gar nicht aufklärbar sind. Nach den Aussagen des Schiedsrichters und mehrerer Zeugen soll ein Zuschauer, der klar Türkspor zuzuordnen ist, einen Spieler von Wacker Obercastrop umgerissen haben“, erklärt Sportrichter Georg Hein.
Bei dem Spieler handelt es sich um Marin Vranjic. Die geschilderten Ereignisse lassen sich auch durch Bilder aus dem Livestream der Ruhr Nachrichten bestätigen. Das Verbandssportgericht kann in so einem Fall eine Strafe zwischen 500 und 7500 Euro verhängen. In dem vorläufigen Urteil heißt es nun: „Türkspor Dortmund 2000 wird wegen unsportlichen Verhaltens von Zuschauern zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 1.500,00 verurteilt. Die Kosten des Verfahrens trägt Türkspor Dortmund 2000.“
„Innerhalb des Strafrahmens gibt es verschiedene Kriterien. In der C-Liga ist die Strafe beispielsweise geringer als in der Westfalenliga. Da geht es um wirtschaftliche Aspekte“, erklärt Georg Hein die Entscheidung. Das sei allerdings noch nicht alles. Denn primär gehe es darum, die oder den tatsächlichen Übeltäter zu identifizieren. „Es geht nicht darum, die Vereine zu bestrafen. Sondern dass wir den erreichen, der dafür verantwortlich ist. Wenn die Zuschauer für das eigene Fehlverhalten allerdings nicht belangt werden können, haftet der Verein für das Fehlverhalten seiner Fans“, erklärt der Sportrichter.
Ein prominentes Beispiel sei Pyrotechnik in Bundesligastadien. Weil auch dort die Einzeltäter selten ermittelt werden könnten, bestraft der Deutsche Fußballbund (DFB) in der Folge deren Vereine. In den unteren Ligen orientieren sich die jeweiligen Fußballkreise ebenfalls an dieser Herangehensweise des DFB, erklärt Georg Hein.
Türkspor versteht Strafe nicht
Türkspors Vereinsmanager Mesut Aksoy versteht die hohe Geldstrafe gegen seinen Klub dennoch nicht. „Wir können das nicht nachvollziehen. Bei einem Heimspiel, wo wir selbst kein Veranstalter sind, muss das Heimteam mit Ordnern für Sicherheit sorgen“, so Aksoy.
Auf den Video-Bildern sind die Sicherheitskräfte auch zu erkennen. Das Sportgericht sieht die Verantwortung aufgrund der schnellen und unerwarteten Eskalation allerdings nicht bei den Ordnern selbst. „Es hat eine Dynamik genommen, die mit einem Ordnungsdienst nicht händelbar gewesen wäre“, sagt Georg Hein.
Das sieht auch der Vorsitzende des SV Wacker Obercastrop, Martin Janicki, so. „Es war definitiv ein Ordnungsdienst vorhanden. Die Schiedsrichter haben mir gegenüber hinterher bestätigt, dass diese deeskalierend auf die Gäste Fans eingewirkt haben. Das sind die Fakten“, sagt er.
Von den Unparteiischen sei das auch im Spielbericht vermerkt worden. Zudem wäre das Spiel nach der Unterbrechung – Wacker führte bekanntlich mit 1:0 – ein anderes gewesen. „Ich bin mir ziemlich sicher, unabhängig davon, dass Türkspor am Ende verdient gewonnen hat, dass durch die Szene das Spiel eine andere Dynamik genommen hat. Es war keine normale Spielpause nach einem Foul“, sagt Martin Janicki.
Berufung noch unklar
Noch kann Türkspor gegen das offizielle Urteil allerdings Berufung einlegen. Dass die Urteilsfindung so lange dauerte, habe auch etwas mit der Kommunikation zu tun. „Wir haben dem Verein drei schriftliche Stellungnahmen zugeschickt, die aber alle unbeantwortet geblieben sind. Irgendwann kam aber der Punkt, wo wir nicht mehr warten konnten“, so der Sportrichter.
Ob das Westfalenliga-Spitzenteam tatsächlich gegen das Urteil vorgehen will, werde man „intern klären“, sagt Mesut Aksoy. Den beschuldigten Zuschauer identifizieren kann der Verein aber wahrscheinlich ohnehin nicht. „Wir haben insgesamt 500 bis 800 Zuschauer. Die kennen wir doch alle gar nicht persönlich. Wir selbst wissen auch gar nicht, wer der Zuschauer war“, beteuert Aksoy.
Dass Türkspor Dortmund wegen der eigenen Zuschauer sanktioniert wird, ist nicht das erste Mal. Von der zurückliegenden Hallenfußballstadtmeisterschaft in Dortmund wurde der Westfalenligist wegen Ausschreitungen bei der vorherigen Ausgabe sogar vom Turnier ausgeschlossen. Auch da zu Unrecht, wie Mesut Aksoy betont. „Bei dem Hallenturnier läuft einer auf den Platz, den wir hinterher klar identifizieren konnten. Und trotzdem wurden wir als Verein dafür bestraft“, sagt Aksoy.
Laut des Sportrichters habe die Identifizierung jedoch sehr wohl Einfluss auf das damalige Urteil gehabt. Denn wäre der Zuschauer nicht identifiziert worden, hätte Türkspor zusätzlich eine Geldstrafe erwartet. Im aktuellen Fall würde eine Geldstrafe ebenfalls unter den angesetzten 1500 Euro liegen, wenn der Zuschauer für das Sportgericht erkennbar wäre.
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