Woher hat Türkspor plötzlich elf Nachwuchsteams? Jugend-Boss gewährt Einblick

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Türkspor Dortmund expandiert. Nur zwei Jugendmannschaften des Neu-Oberligisten spielten die vergangene Saison zu Ende. Nun meldet der Nordstadt-Klub plötzlich elf Mannschaften auf einen Schlag. Wie ist das möglich?

Als Verantwortlichen für den Quantensprung nennt Türkspor-Teammanager Mesut Aksoy Jugendleiter Ömer Kaya. „Ein richtiger Glücksfall“, sagt Aksoy. Doch wer ist der neue Jugend-Macher bei Türkspor?

Die Spuren am Mendesportplatz sind nicht die ersten, die Kaya – 50 Jahre alt, von Beruf Zahntechniker – in Dortmund hinterlässt. Er kickte beim TuS Eving-Lindenhorst, beim FC Merkur, für Fortuna Dorstfeld, Fatihspor und sogar ein Jahr in der A-Jugend von Borussia Dortmund.

Später trainierte er in Hamm C-Junioren in der Westfalenliga, begleitete den fußballerischen Werdegang seines Sohnes und war Jugendtrainer beim ASC 09 Dortmund. Der Fokus liegt jedoch auf der Arbeit. Bei Türkspor erhält er nun die Chance, eine Idee zu verwirklichen, die seit fast 30 Jahren existiert.

Die hatte Kaya erstmals 1995, damals noch in Diensten von Fatihspor. Als „Projekt“ bezeichnet er diese. „Ich komme aus dem Dortmunder Norden. Meine Idee war immer, dass wir uns so schnell wie möglich integrieren und gemeinsam etwas auf die Beine bringen können. Das wollte ich damals schon bei Fatihspor machen. Da wollte ich schon in die Jugend investieren. Damals war die Kriminalität noch extremer als heute.“

Ömer Kaya ist Jugendleiter von Türkspor Dortmund.
Ömer Kaya ist Jugendleiter von Türkspor Dortmund. © Privat

Mit Fußball wollte der heute 50-Jährige dafür sorgen, dass weniger Jugendliche auf die schiefe Bahn geraten. Angenommen worden sie die Idee bei Fatihspor damals allerdings nicht. Mehrere Jahrzehnte später lernte er „zufällig“, wie er sagt, Dr. Akin Kara kennen. Mit dem Vereinsboss Türkspors sei er zueinander gekommen. Sei rund einem Jahr ist Kaya TSD-Jugendleiter.

„Gott sei Dank ist dieses Projekt jetzt mit Dr. Akin Kara auf die Beine gestellt worden. Wir brauchen im Dortmunder Norden solche Projekte, um die Menschen zu integrieren“, sagt Kaya. Er denkt groß, spricht über Basketball, Tischtennis und Sportangebote für Frauen als weitere Möglichkeiten.

Türkspor plant Aufstiege

Der Jugendleiter ist jemand, der offenbar weiß, welches Potenzial in dem Sport schlummert. Fußball hat mich integriert. Dadurch habe ich eine gute Ausbildungsstelle bekommen, obwohl ich nur einen Hauptschulabschluss habe“, sagt er.

Doch beim ambitionierten Oberligisten soll es nicht nur um Integration gehen. TSD will nicht nur in der Breite, sondern auch in der Spitze hoch hinaus. „Es ist unser Traum, bald dann mit allen Mannschaften überkreislich zu spielen. Ich denke auch, dass ein paar Teams in dieser Saison direkt aufsteigen werden“, tönte Teammanager Aksoy.

Türkspor gelingt Quantensprung

Zunächst aber der Sprung von fünf auf elf gemeldete Mannschaften. Und der fällt, so Kaya, eigentlich noch größer aus. Von den fünf Teams zuletzt standen nur zwei die Saison durch, die C2-Jugend spielte ohne Wertung. Schon vor den Abmeldungen der A2- und D-Junioren sei man sich bei TSD bewusst gewesen, dass man eigentlich nur zwei Teams – die A1- und C-Jugendlichen – ins Rennen schicke.

Doch wie hat Türkspor es geschafft, ganze neun neue Nachwuchsmannschaften auf die Beine zu stellen? „Wir machen alles. Wir sind auf der Straße gewesen und haben Jugendliche angesprochen. Wir haben Spieler beobachtet, haben Sponsoren-Aufgaben. Wir wollen auch Dr. Akin Kara entlasten“, sagt Kaya.

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Auch das Gewinnen von geeigneten Trainern gehört natürlich zu seinen Aufgaben. Meistens spricht er aber von „wir“. „Alleine schafft man das sowieso nicht“, sagt Kaya. Dabei seien auch Dinge schiefgelaufen, es sei ein harter Weg in den vergangenen zwölf Monaten gewesen. „Aber das sind keine Dinge, wegen denen wir den Kopf in den Sand stecken und aufhören.“

Geschafft hätten der Jugendleiter und sein Team das vor allem durch einen hohen Zeitaufwand. „Fragen Sie mal meine Frau. Die könnte mich umbringen. Von der Zeit her war das die Hölle. Jede freie Minute haben wir dazu genutzt, zusätzlich zu unserer normalen Arbeit“, so Ömer Kaya.

Türkspor: Viel Arbeit

Immer wieder fällt das Wort Projekt. Türkspor will mittelfristig leistungsorientierten Jugend-Fußball bieten, der frühstens im überkreislichen Bereich beginnt. „Das ist eine Überzeugungsarbeit. Ich bin froh, dass wir diese Leute gefunden haben, die uns unser Vertrauen geschenkt. Wir wollen etwas auf die Beine stellen, das geht nicht nur mit Geld. Vertrauen und Überzeugung waren die Basis. Wir haben auch einige Trainer angesprochen, die nicht mitarbeiten wollten. Viele Absagen haben wir bekommen, weil wir nur Kreisliga spielen. Teilweise haben uns die Leute blind vertraut“, sagt Kaya.

Allerdings, so viel ist auch klar, hat der steil aufgestiegene Nordstadt-Klub sicherlich nicht nur Trainer und Nachwuchsfußballer angeworben, die gänzlich ohne Verein da standen. Der Vorwurf des Abwerbens steht schnell im Raum. Doch was sagt der Jugendleiter dazu?

Türkspor wirbt auch Trainer ab

Dass gemeinsam mit verpflichteten Trainern auch Spieler den Verein wechseln, streitet Ömer Kaya nicht ab. Er gibt ein Beispiel: Der neue Coach der TSD-B-Junioren sei zum Zeitpunkt der Gespräche beim TuS Deusen tätig gewesen.

„Da gab es irgendwie Unstimmigkeiten, man hat ihn frühzeitig entlassen. Insgesamt sind es dann glaube ich sechs Spieler gewesen, die vom TuS Deusen mit ihm gekommen sind“, erklärt Kaya. Er berichtet allerdings auch von einem Fall, in dem ein von Türkspor begehrter Trainer das Interesse des Oberligisten als Druckmittel genutzt hat, um bei seinem bisherigen Verein seine Wünsche durchzusetzen.

Die Nachwuchsabteilungen des TSC Eintracht (weißes Trikot) und des Hombrucher SV - hier das Duell der beiden A-Jugenden - gelten neben Borussia Dortmund als die besten der Stadt.
Die Nachwuchsabteilungen des TSC Eintracht (weißes Trikot) und des Hombrucher SV - hier das Duell der beiden A-Jugenden - gelten neben Borussia Dortmund als die besten der Stadt. © Nils Foltynowicz

Jugendleiter Kaya nennt immer wieder seinen Dreiklang: „Kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele.“ Doch was steckt hinter diesen Worthülsen? „Kurzfristiges Ziel ist es, dass wir uns einen Namen mit der Jugendabteilung machen und nicht nur mit der ersten Mannschaft erfolgreich sind“, so Kaya.

Dass alle elf gemeldeten Teams die Saison durchziehen und nicht vorzeitig zurückgezogen werden, ist da eine Grundvoraussetzung. Abmeldungen soll es am Mendesportplatz also nicht mehr geben. Das sei „grundsätzlich“ der Plan, sagt Kaya. Größtes Fragezeichen sei aktuell noch eine unbesetzte Trainerstelle bei den B2-Junioren.

Türkspor: Viele Ziele

Mittelfristig will Kaya die A- und B-Junioren in den leistungsorientierten Bereich führen. „Wenn jemand im Leistungsbereich aktiv werden will, soll er seine Ziele hier verfolgen können“, sagt der Türkspor-Jugendleiter.

Und dann? In zehn Jahren, so der 50-Jährige, wolle man mit den drei ältesten Teams im hohen Leistungsbereich, also den höchsten Ligen, spielen. Türkspor als Macht im Jugendfußball neben dem TSC Eintracht und dem Hombrucher SV?

Türkspor will hoch hinaus

Türkspor in einem Atemzug zu den Dortmunder Vorzeige-Jugendabteilungen zu nennen, das traut sich Kaya vernünftigerweise noch nicht. „Es wäre unfair gegenüber Hombruch und dem TSC Eintracht - und auch gegenüber Brünninghausen und dem ASC“, sagt er. Türkspor wolle die Stufen zu den genannten Vereinen „langsam, aber sicher hochsteigen“. „Dafür muss man harte Arbeit leisten. Diese Basis haben wir“, sagt Kaya.