Fußball-EM
Trickreiche Dortmunderin zieht im DFB-Team die Fäden – jetzt will sie die EM gewinnen
Eine Dortmunderin ist die Spielmacherin der deutschen Nationalmannschaft. Die Kapitänin des FC Bayern München hat bei der EM schon zweimal getroffen und will jetzt den Titel.
Sonntag, 31. Juli 2022, 18 Uhr MESZ, Londoner Wembley-Stadion – und mit Lina Magull ist eine Ur-Dortmunderin mittendrin statt nur dabei im Finale der Fußball-Europameisterschaft der Frauen, im Traum-Endspiel zwischen Gastgeber England und Deutschland. Voller Fokus voraus für den Wirbelwind im DFB-Mittelfeld und ihren „verschworenen Haufen“, wie Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ihre Mannschaft nach dem Final-Einzug mit Tränen in den Augen titulierte.
Lina Magull aus Dortmund-Benninghofen hat bei dieser EM im Mutterland des Fußballs schon für mehrere besondere Momente gesorgt, nicht nur wegen ihrer zwei schönen Tore gegen Dänemark und Österreich. Als sie gegen Österreich ihre Mitspielerin Giulia Gwinn mit einem feinen Hackenpass bediente, landete diese Szene als Kurzvideo auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken der Uefa, versehen mit dem Attribut „Big Game Player“.
Dortmunder Fußballerin Lina Magull wird mit Johan Cruyff verglichen
Sogar im englischen Qualitätsblatt „The Times“ überschlug sich der Kommentator ob des Trickreichtums der 27-Jährigen, verglich sie mit der niederländischen Legende Johan Cruyff und stellte die Frage in den Raum: Gibt es noch eine andere Spielerin bei dieser EM, die technisch so vollendet ist? Und der Schreiber hatte auch noch einen Tipp, wie Deutschland zu bezwingen wäre: „Magull fesseln“. Schnelligkeit und Kreativität machten sie auf dem Spielfeld „schwer greifbar“.
Lina Magull sind diese Lobeshymnen eher peinlich, schnell stellte sie nach ihren Toren klar: „Es ist persönlich ein ganz tolles Gefühl, Tore zu erzielen – natürlich auch wichtige Tore. Aber es geht auch immer darum, wie das vorbereitet wird. Deswegen bin ich einfach sehr stolz, wie wir die Spiele immer angegangen sind und wie wir es vollendet haben. Dass ich es letztendlich gewesen bin, spielt keine Rolle.“ Genauso freut sie sich für die zweite aus dem „Pott“, die gebürtige Wittenerin Alexandra Popp, die als Top-Torjägerin nach langer Verletzungshistorie die EM ihres Lebens spielt und mit der sie schon gemeinsam in der U13-Nationalmannschaft kickte.
Die Dortmunderin Lina Magull (r.) steht mit den DFB-Frauen im Finale der Europameisterschaft. © picture alliance/dpa
„Poppi reißt uns alle mit ihrer Leidenschaft mit“, gestand Magull. Wenn eine DFB-Auswahl den Titel „Die Mannschaft“ verdient, dann sind es diese herzerfrischend aufspielenden, füreinander in der Offensive wie Defensive kämpfenden Frauen.
Dortmunder Fußballerin Lina Magull: „Mit dem Mädchenfußball hatte ich früher irgendwie nie zu tun“
Mittendrin eine kleine, feine Technikerin mit Dutt und einem Faible für die Spielweise von Lionel Messi, die auch mal – wie gegen Österreich eindrucksvoll praktiziert – die Grätsche auspackt, um Schlimmeres zu verhindern. Wer ist diese Lina Magull, dieser nimmermüde Mittelfeldmotor, diese Passmaschine?
Wo hat sie all das gelernt? Lina Magull kommt aus einer fußballverrückten Dortmunder Familie, der Papa jagte dem Leder hinterher, die Mama, der Bruder, und schon mit sechs Jahren lief Klein-Lina für den Hörder SC, später für dem Hombrucher SV auf. Sie trat fortan ausschließlich mit und gegen Jungs an – sechs Jahre lang. „Mit dem Mädchenfußball hatte ich früher irgendwie nie zu tun“, erinnert sich die Dortmunderin.
Anfangs hätten ihre Mit- und Gegenspieler manchmal über sie gelacht, aber Lina Magull ließ sich nicht entmutigen. „Wenn ich ihnen das erste Mal den Ball durch die Beine gespielt hatte, war meistens Ruhe“, erzählte sie einmal lachend.
Das funktionierte so gut, dass die Späher des Fußball-Verbandes Westfalen auf die damals 13-Jährige aufmerksam wurden und ihr den Wechsel ins FLVW-Mädcheninternat in Kamen-Kaiserau nahe legten.
Dortmunder Fußballerin Lina Magull ist ein „absoluter Familienmensch“
„Das war nicht so einfach für mich. Ich bin ein absoluter Familienmensch, und dann so früh weg von zu Hause. Aber ich wusste, was ich wollte, und es war ja auch nicht so weit nach Dortmund“. Das willensstarke Mädchen wechselte mit 15 zum FSV Gütersloh in die 2. Bundesliga.
Auch diese Herausforderung meisterte Lina bravourös, schoss in 38 Spielen 23 Tore und war so maßgeblich am Erstliga-Aufstieg beteiligt. Als 2012 dann der Ruf des großen VfL Wolfsburg kam, musste Magull doch nachdenken. „Das war schon ein Riesenschritt für mich, eine Riesenherausforderung. Aber ich konnte mich individuell weiterentwickeln. Ich musste es einfach tun“, erzählt sie.
2013 wählten die Leserinnen und Leser dieses Medienhauses die zielstrebige Fußballerin zu „Dortmunds Sportlerin des Jahres“, 2015 kam der Ruf der damaligen Bundestrainerin Silvia Neid in die A-Nationalmannschaft, nachdem sie sämtliche Jugendteams des DFB erfolgreich durchlaufen hatte. „Das war natürlich der Wahnsinn. Ich hab früher in jedes Freundesbuch geschrieben, dass ich in die A-Nationalmannschaft will.“
Dortmunder Fußballerin Lina Magull bereitet sich auf Zeit nach der Fußball-Karriere vor
Sieben Jahre später ist sie immer noch dort und aus der DFB-Elf inzwischen nicht mehr wegzudenken. „Ich versuche immer, Spaß in die Mannschaft zu bringen und haue auch gern mal einen frechen Spruch raus“, verrät die gelernte Bürokauffrau, die aktuell im Fernstudium Sportmanagement und Sportjournalismus studiert, um für die Zeit nach der Fußball-Karriere vorbereitet zu sein.
<div><a href="../../sporttv" taget="_blank"><img src="../../wp-content/uploads/2022/05/AdSportTV.jpg" title="Sport TV" alt="Sport TV" style="margin-top: 10px; display: block;" width="100%" /></a></div>Jetzt ist erst einmal Finale, volle Konzentration auf Wembley am Sonntag – und deshalb ist das Handy auch erstmal aus. Die Gratulation dieser Autorin zum Final-Einzug am späten Donnerstagabend beantwortete Lina Magull noch in der Nacht zu Freitag um 01.18 Uhr. „Ich liebe den Support, danke nach Dortmund“, schrieb sie, und auf den Wunsch, man möge sich doch jetzt auch im Finale belohnen, kam nur ein knappes „Yessss“ und sechs Emojis mit starken Oberarmen.
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