Taner Dogan war ein Dortmunder Wandervogel Heute sind die BVB-Profis seine Kunden

Taner Dogan war ein Dortmunder Wandervogel: Heute sind die BVB-Profis seine Kunden
Lesezeit

Der Sender WDR 2 bittet seine Hörer sonntags immer zum „härtesten Radioquiz der Welt“. Dabei müssen die Ratefüchse aus vier Begriffen, die scheinbar keinen Zusammenhang haben, das Verbindende finden.

Ein gutes Beispiel wäre: Schere, Vogel, Grönemeyer, Discounter! Na? Okay, wir lösen auf: Taner Dogan! Es dürfte nur ganz wenige Weggefährten geben, die beim Hören dieses Namens nicht unweigerlich lachen müssen.

Der ehemalige Außenspieler und ausgebildete Friseur schnitt schon zu seiner aktiven Zeit den Teamkollegen die Haare. Und das passierte an ziemlich vielen Orten. Würde dieser Artikel nach Zeilen bezahlt, brächte das Nennen aller Stationen des Wandervogels schon ein ordentliches Honorar. Dazu nach weiterer Auflösung des Rätsels mehr.

Taner Dogan (r.) spielte in Dortmund unter anderem für den FC Brünninghausen - hier bei der Hallenstadtmeisterschaft 2006.
Taner Dogan (r.) spielte in Dortmund unter anderem für den FC Brünninghausen - hier bei der Hallenstadtmeisterschaft 2006. © Peter Ludewig

Herbert Grönemeyer besang in seiner Bochum-Hymne mit Inbrunst auch seinen VfL. Hier stand Taner Dogan kurz vor dem Sprung in den Profifußball. Und allen Unkenrufen zum Trotz machte sich der Coiffeur im Brackeler Netto selbstständig.

Discounter gleich billig? Nein, längst bedient der mittlerweile 44 Jahre alte dreifache Familienvater BVB-Trainer und Profis. Dass es so weit kam, verdankt der Selbstständige einer Kettenreaktion. Auch dazu später mehr.

Die Geschichte mit dem Gewicht

Ganz egal, wo Taner Dogan war - um es dezent zu formulieren: Mit Aufmerksamkeit wusste er gut umzugehen. Immer, wenn er den Autor dieses Textes traf, kam der Hinweis: „Hey, ich habe wieder was für dich. Das könnte ne tolle Geschichte werden.“

Meistens sollte es um den Verein gehen, zu dem er zum jeweiligen Zeitpunkt natürlich wie die Faust aufs Auge passte. Einmal aber kam der Vorschlag: „Ich weiß, die sagen alle, ich sei dick. Jetzt habe ich zehn Kilo abgenommen. Guck mal, der Bauch ist fast weg.“

Taner Dogan (M.) spielte auch in Schwerte.
Taner Dogan (M.) spielte auch in Schwerte. © Melanie Pruys

Das Versprechen lautete, sollte er das neue Gewicht ein halbes Jahr halten, wäre die nächste Dogan-Geschichte fällig gewesen. „Mit dem Abnehmen, das hat dann ja doch nicht geklappt. Wie auch anderes in meiner Karriere nicht“, räumt er ein.

Solche Worte wären dem jungen Taner Dogan nicht über die Lippen gekommen. Aber trotz ständiger Vereinswechsel und seiner witzig vorlauten Art konnte niemand Taner Dogan wirklich böse sein.

Taner Dogan trainiert RW Barop

Das Fußballerleben, und das ist fast schon für seine Verhältnisse kurios, endete da, wo es angefangen hat. In gewisser Weise läuft es auch noch. Denn Taner Dogan ist B-Junioren-Trainer von RW Barop und spielt da auch noch für die Alten Herren.

Also einmal im Schnelldurchlauf, was dann ausführlicher wird: RW Barop, FC Brünninghausen, VfR Sölde, VfL Bochum A-Junioren, VfL Bochum II, Langendreer 04, Holzwickede, DJK Schwerte, Hohenlimburg, VfL Schwerte, TuRa Rüdinghausen, TuS Eving-Lindenhorst, FC Brünninghausen, Dorstfelder SC, Lüner SV, BSV Schüren, TuS Eichlinghofen und wieder Barop.

Taner Dogan: „War zu faul“

„Tja, so war das: Wenn ein gutes Angebot kam, bin ich eben hin. Ich fand die Zeit trotzdem schön, selbst wenn ich heute einiges anders machen würde.“ Beim VfL Bochum zum Beispiel war er dem Profifußball ganz nahe. „Was soll ich sagen? Ich war zu faul und habe einfach nicht wie ein Profi gelebt.“

Dogan gibt zu, er denke durchaus darüber nach, was möglich war. „Ich sehe ja die Profis von heute bei mir im Geschäft, das Mr. & Mrs. Barber heißt. Ich bekomme mit, was sie haben, wie sie leben, Aber dann denke ich: Ich bin doch auch so sehr glücklich. Ich liebe mein Leben, meine Familie und meinen Beruf und nebenher immer noch etwas Fußball.“

Tolle Zeit in Schwerte

Wohl dem, der das sagen kann. „Und natürlich waren da trotz meiner meistens kurzen Verweildauer auch tolle Jahre bei. Klar, die Sölder Mannschaft war klasse, aber die schönste Zeit hatte ich beim VfL Schwerte“, legt er sich fest.

„Das war damals eine Top-Adresse. Und das hat auch unwahrscheinlich viel Spaß gemacht mit Kiki, Spielern wie Martin Wiercimok, Jens Hübner und weiteren, von denen ich einiges gelernt habe. Die Tribüne war immer voll. Und wir spielten sogar oben mit.“

Beim VfL Schwerte habe er sogar seine schönste Zeit gehabt, sagt Taner Dogan.
Beim VfL Schwerte habe er sogar seine schönste Zeit gehabt, sagt Taner Dogan. © Oskar Neubauer

Die Trainerlegende der Nachbarstadt, Franz-Josef Kneuper, in Schwerte nur der „Kiki“, hielt den jungen Dogan tatsächlich zwei bis drei Jahre. Der Ex-Coach muss, wie fast jeder, der den Namen heute hört, unweigerlich lachen: „Ja, natürlich erinnere mich an Taner. Ein wirklich witziger Typ. Er war ein sehr talentierter Außenspieler, ein richtig guter Griff für den VfL. Zur damaligen Zeit war er der einzige mir bekannte türkischstämmige Spieler, der sprinten konnte.“

Von Übergewicht war da jedenfalls nicht die Rede, nur von anderer Dekadenz: „Taners Hochzeit war die einzige türkische, die ich je erleben durfte. Ein Wahnsinns-Erlebnis mit 1200 Leuten. Das war für mich einmalig.“ Aber auch Taner Dogan war so einmalig, weil er die großen Zeiten des VfL auf seine Weise mitprägte.

„Heute lassen sich die Profis ihre Friseure einfliegen, wir hatten einen im Team, der den Jungs nach dem Training die Haare machte“, erinnert sich Kneuper. Taner Dogan war eben so einzigartig, weil er neben dem Platz immer so authentisch war.

Taner und Derya Dogan heute in ihrem Salon.
Taner und Derya Dogan heute in ihrem Salon. © Schröter

Und wie er in Bochum am Profifußball geschnuppert hatte, kam er auch in Dortmund immer wieder den Topadressen der Zeit nahe – und gewann potenzielle Kunden. Wenn die Wanderei etwas Gutes hatte, dann bestimmt, dass er viele neue Köpfe scheren durfte.

Auch beim TuS Eving-Lindenhorst, der damals mit Dimitrios Kalpakidis Kurs nach oben nahm, hielt es ihn nicht lange. „Ich hatte einige Vereine, wo ich mich hätte durchsetzen können, aber dann hätte ich einfach mal Angebot Angebot sein lassen müssen. Oder für höherklassige Teams hätte ich damals professioneller leben müssen.“

Zurück bei RW Barop

Als er zuletzt in Barop anheuerte, war es wie immer: Taner Dogan war am Platz, klopfte seine Sprüche. Wenn er auf dem Feld war, stimmte sein Einsatz immer, das Mittelfeld blieb lange sein Revier.

„Im Nachgang ist es auch ganz gut gewesen, dass ich mich und den Fußball nicht immer so ernst genommen habe. Daher, glaube ich, war es mit mir immer witzig. Und ich hatte auch immer meinen Spaß.“

Vom Amateurfußball hat Dogan dann doch mittlerweile Abstand genommen. „Ich bin noch oft in Barop, weil mein Sohn Mehmet in der B-Jugend spielt und ich in den Alten Herren. Ansonsten bin ich fünf Tage die Woche in meinem Laden.“

Jacob Bruun-Larsen war der erste Borusse, der sich im Salon Dogans in unmittelbarer Nachbarschaft des BVB-Trainingsgeländes gezeigt hatte. „Was machst du in einem Discounter?, haben mich Stammkunden aus meiner früheren Zeit gefragt. Sie wollten da nicht hin, weil sie fürchteten, dass alle denken, ich vermittle auch ein billiges Image.“

BVB-Trainer sind Kunden

Aber Taner Dogan war eben auch immer Menschenfänger. Sein Witz, seine Art, über sich selbst zu reden, begeistert. „Und nach Bruun-Larsen kamen immer mehr Borussen. Heute zählt der Trainerstab zu meiner Stammkundschaft.“ Immer locker, natürlich per Du.

Taner Dogan ist, auf welcher Bühne auch immer, ein Original. Und wer weiß: Wäre er damals ernsthafter mit sich selbst umgegangen und er sogar Profi geworden, dann wäre der heutige Taner Dogan in seiner vollen Entfaltung vielleicht nie möglich gewesen. Und das wäre auch verdammt schade.

Die Schuhe von Gio Reyna: Dortmunder Friseur verlost BVB-Artikel gegen Spende für Kinder in Not

Tor-Spektakel zwischen RW Barop und dem TuS Rahm: Siegtreffer in letzter Minute

Die große Dortmunder Bezirksliga-Wechselbörse: Alle Wechsel auf einen Blick