Spektakuläre Wende im Fall des SC Osmanlispor Dortmund. Das Bezirkssportgericht hat entschieden, dass der A-Ligist nicht für den Spielabbruch gegen RW Germania (7. Mai) verantwortlich ist.
Der Abbruch kurz vor Schluss gegen Germania war über Tage ein Thema im Dortmunder Amateurfußball. Beim Osmanlispor-Jubel über den eigenen 2:2-Ausgleichstreffer kurz vor Schluss (89. Minute) soll einer der beiden Linienrichter bedrängt und beleidigt worden sein.
Fotos belegen aggressives Verhalten des SCO-Anhang gegenüber dem Unparteiischen. Der hatte Spielleiter Markus Lauf daraufhin geschildert, er sei gewürgt worden. Daraufhin brach Lauf das Spiel ab. In der Verhandlung vor dem Kreissportgericht Dortmund (KSG) anderthalb Wochen später zog der Linienrichter seine Aussage zurück und gab an, lediglich einen „Flashback“ eines früheren Angriffs auf ihn erlitten zu haben.
Für die Osmanlispor-Verantwortlichen war der Grund für den Spielabbruch danach nicht mehr gegeben. Das KSG sah das anders und die Schuld für das vorzeitige Spielende beim SCO. Es wertete die Partie gegen Osmanlispor, belegte den Klub mit einer Geldstrafe in Höhe von 700 Euro und weiteren 300 Euro für die Beleidigungen, die gegen die Kreisaufsicht gefallen sind.
Der Dortmunder Klub akzeptierte die Wertung der Begegnung unmittelbar nach der Verhandlung nicht und entschied sich nach langem Ringen dazu, vor dem Bezirkssportgericht (BSG) in Berufung zu gehen.
Bezirkssportgericht urteilt
Das BSG entschied nun im schriftlichen Verfahren, dass das Spiel neu anzusetzen ist. Damit kassierte es die Wertung gegen Osmanlispor ein. Wolfgang Koschei entschied als Vorsitzender Bezirkssportrichter gemeinsam mit Hermann Jamnig und Ulrich Sprick im schriftlichen Verfahren.
Erst am Dienstag erhielt er die Unterlage, am Donnerstagnachmittag versendete er das Urteil. „Schneller geht es überhaupt gar nicht“, so Koschei.
Schiedsrichter mit Aussage
Grund für das neue Urteil ist eine Aussage des Schiedsrichters Markus Lauf, so Koschei. Den habe er befragt, ob Lauf das Spiel auch abgebrochen hätte, wenn ihm der Linienrichter kurz vor Abpfiff nicht von einem körperlichen Angriff, sondern „nur“ von Bedrohungen und Beleidigungen berichtet hätte.
„Das sagte er mir ganz klar: Ich hätte das Spiel zu Ende gebracht“, berichtet Koschei. Der Paragraph 36, Absatz 2 (3) der Spielordnung sieht bei einem tätlichen Angriff auf einen Unparteiischen zwingend einen Spielabbruch vor. Die Grundlage dafür war nach korrigierter Aussage des Linienrichters aber nicht mehr gegeben. Ohne den Vorwurf des Würgens hätte Schiedsrichter Lauf die Begegnung also nicht abgebrochen.

„Insofern ist dem Verein Osmanlispor nicht mehr nachzuweisen, dass er das Spiel abgebrochen hat“, sagt Bezirkssportrichter Koschei. Da nun kein Team mehr für den Abbruch verantwortlich ist, sei das Spiel zwischen RW Germania und Osmanlispor Dortmund neu anzusetzen.
Weil der SCO bereits in der Vergangenheit auffällig geworden war, etwa im Februar gegen Arminia Marten einen Spielabbruch verursachte, und sich die Fans eindeutig aggressiv verhalten hätten, bleibt die Geldbuße von 700 Euro bestehen, erklärt Koschei.
Kirchlinde: Titel in Gefahr
Das Urteil hat kuriose und drastische Folgen für den Aufstiegskampf in der Kreisliga A1 Dortmund. Der VfR Kirchlinde lief am Montag drei Punkte vor dem Tabellenzweiten Osmanlispor ins Ziel ein. Am Bärenbruch feierten sie Meisterschaft und Aufstieg, streifen sogar entsprechende T-Shirts über.
Die könnten nun, ohne dass der VfR etwas dazu könnte, zu einer bitteren Erinnerung verkommen. Der SCO könnte mit einem Sieg im Wiederholungsspiel gegen Germania nach eigentlichem Ende der Meisterschaft noch an Kirchlinde vorbeiziehen – Osmanlispor hat die deutlich bessere Tordifferenz.
Relegation Dortmund ausgesetzt
Das Wiederholungsspiel wurde kurz nach Bekanntwerden des Urteils bereits angesetzt, wie Volker Schneeloch aus dem Kreisfußballausschuss Dortmund dieser Redaktion mitteilte: Am Sonntag (4. Juni, 15 Uhr) geht es im Odemsloh um die Meisterschaft.
Bei einem Osmanlispor-Sieg wäre es Kirchlinde, das zunächst gegen den VfR Sölde II als Vize-Meister der Kreisliga A2 Dortmund in ein Entscheidungsspiel müsste. Nur der Sieger hat anschließend die Chance, sich im Hin- und Rückspiel gegen den Vertreter des Fußballkreises Unna-Hamm noch den Bezirksliga-Aufstieg zu sichern. Diese Spiele waren aufgrund des schwebenden Verfahrens zuletzt ausgesetzt worden.
Osmanlispor freut sich
„Wir freuen uns, dass es Gerechtigkeit gibt“, sagt Yunus Irmak, stellvertretender Vorsitzender und Pressesprecher von Osmanlispor. „Unbeschreiblich“ sei sein Gefühl. Irmak bedankte sich bei Schiedsrichter Lauf für dessen entscheidende Aussage: „Großen Respekt. Er ist trotz der ganzen Debatte stark geblieben“, sagt Irmak.
Der SCO darf das Wiederholungsspiel sogar vor Zuschauern spielen. Das KSG hatte den Erlass durch den Fußballkreis in seinem erstinstanzlichen Urteil bereits aufgehoben. Durch den Abschluss der Berufung erlangt dies nun Rechtskraft. „Was gibt es Schöneres?“, fragt Irmak rhetorisch.