Nur noch ein Team ist übrig - früherer Klub von Marco Reus möchte wieder angreifen

© picture alliance/dpa

Nur noch ein Team ist übrig - früherer Klub von Marco Reus möchte wieder angreifen

rnAmateurfußball

Einst lernte Marco Reus hier das Fußballspielen, mittlerweile ist nur noch ein Fußballteam aktiv. Das soll sich aber wieder ändern, der Klub hat einiges vor.

Dortmund

, 28.02.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Weil der Dienstag heilig ist, leben Totgesagte länger. Viel mehr sind es Totgeschriebene, die sich bester Gesundheit erfreuen und dann auch das machen, was ihnen jemand nicht mehr zurechnen mochte: Fußball spielen und Spaß haben.

Nun gut, die Alten Herren sind die letzten Mohikaner, die an der Lissaboner Allee die Fußball-Abteilung des traditionsreichen und in anderen Sparten durchaus sehr lebendigen PTSV Dortmund wachhalten.

Verein hat mehr als 500 Mitglieder

Die Ursache dieser Geschichte liegt lange, in der Kindheit der aufrechten Männer zurück, als „Post Telekom“ ein paar Meter weiter kickte. Da, wo heute die B236 kurz vor dem Wambeler Tunnel, der immer wieder durch Staus in den Verkehrsmeldungen auffällt, herführt. Der Anlass dieser Geschichte ist ein Text dieses Mediums vom 11. Januar über die Bundesliga-Fußballerin Nina Ehegötz, die in dem Verein das Kicken lernte wie auch Marco Reus: dem PTSV, den es laut der Ehegötz-Geschichte nicht mehr gibt.

Das weckte die Alten Herren aus ihrem „Corona-Schlaf“. Schließlich gibt es sie noch, aber auch Leichtathleten, Schwimmer, Volleyballer und Tischtennis-Spieler. Nicht zu vergessen die Gymnastik-Abteilung. „So um die 550 Mitglieder hat der Verein“, sagt Markus Schauerte, der Abteilungsleiter Alte Herren und damit einzigen Fußball-Mannschaft. „Es gibt uns sehr wohl. Was wir nicht mehr haben, sind Wörter, für die PTSV steht. Wir heißen einfach so, ohne, dass P noch für Post und T für Telekom steht.“

Die Spanier haben eine Nationalhymne ohne Text. Der Verein, der an der nach der Portugiesischen Hauptstadt benannten Allee, beheimatet ist, hat keinen Hintergrund für seine Bezeichnung. Also versuchen wir uns durch eine neue Begründung für die Buchstabenkombination PTSV: „Politiker trifft Straßenfußballer Verein“ wäre ziemlich passend. Denn Michael Depenbrock, seines Zeichens Bezirksbürgermeister Hördes, kickt mit Schauerte und dem rührigen Marc Fiedler in einer Mannschaft zusammen, die sich zum Großteil sehr lange kennt. Wenn sie nicht auf dem alten Aschenplatz kickten, trafen sie sich mit Freunden auf den Bolzplätzen der Nachbarschaft.

Die „Alten Helden“ Michael Depenbrock (v.l.), Markus Schauerte und Marc Fiedler halten das PTSV-Schwarz-Gelb an der Lissaboner-Allee hoch.

Die „Alten Helden“ Michael Depenbrock (v.l.), Markus Schauerte und Marc Fiedler halten das PTSV-Schwarz-Gelb an der Lissaboner-Allee hoch. © Nähle

„Wir sind alle Kinder des Vereins. Wir wissen aber jetzt auch, dass es nicht leicht wird, uns Fußballern auf Dauer eine Heimat zu bieten. Darum sitzen wir“, sagt Markus Schauerte während des Ortstermins mit Depenbrock und Fiedler. „Denn wir haben einerseits alle Mannschaften bis auf uns verloren. Und die zweite Frage ist, ob wir unseren schönen Platz behalten dürfen.“

„Marco hat nie vergessen, wo er herkommt“

Dabei könnte alles so schön sein: Zum alten Einzugsgebiet, Hördes Norden, Körners Süden und der Gartenstadt, kommt die neue Stadtkrone Ost, wo Geld wohnt. Der PTSV hat einen der ganz wenigen Naturrasenplätze der Stadt. Wer sich im schmucken Vereinsheim umsieht, stößt unmittelbar auf den Namen Marco Reus. Der BVB-Kapitän kam in seiner frühen Jugend mit zwei Vereinsfarben aus: mit Schwarz und mit Gelb. „Marco hat nie vergessen, wo er herkommt“, sagen die drei versammelten Herren unisono. „Zudem kennt unseren Platz die Welt.“ Denn hier drehte der persönliche Ausrüster von BVB-Nachwuchshoffnung Giovanni Reyna einen Spot. Und dann sitzen da drei kommunikative, offene Herren vor einem Muster-Vereinsheim, das ihnen in Erbpacht gehört.

Wenn aber nur alles so gut laufen würde wie die Einheiten der PTSV-Granden… Ganz so abwegig war der Gedanke, dass der schmucke Platz keine Fußballer mehr beheimatet ja nicht. Vor mehr als zwei Jahren verließen drei Seniorenmannschaften und alle Juniorenteams den Verein: „Wir wollen keine schmutzige Wäsche waschen“, sagt Alter Herr Marc Fiedler, der zum Ortstermin einlud. „Aber der damalige Abteilungsvorstand hat sich nicht ganz so glücklich verhalten.“ Schon alleine, weil sie ihr Heiligtum weiter anbeten wollten, blieben Schauerte & Co. „Den Dienstag mögen Jung und Alt. Unsere 24 Leute sind von Anfang 30 bis etwas über 70. Wir sind eine Einheit mit Spielern aus mehreren Generationen.“

Die ganze Geschichte bleibt dennoch wackelig. Und das liegt daran, dass der Stadt der Platz gehört. Und ein Grundstück in dieser Lage weckt nun mal Begehrlichkeiten. „Die Gespräche mit der Stadt sind aber immer sehr konstruktiv. Uns gegenüber ist sie fair und offen, was wir daran schon merken, wie sorgfältig sie unser Grün pflegt.“

Jetzt lesen

Wenn aber die Argumente, sprich die Leute, ausgehen, verliert der Platz automatisch seine Bestimmung. Also versuchen die Alten Herren, die sich gerne auch als Alte Helden bezeichnen, zwar keinen Heilgenstatus, aber immerhin eine Retter-Rolle zu erhalten und positive Fakten zu schaffen. Nur ist das eben alles nicht mehr so einfach, die geliebte Fußballabteilung neu zu beleben: „Stadtkrone Ost klingt zwar nach vielen Familien, aber die Kinder hier sehen Fußball oft nicht als erste Sportart“, erläutert Depenbrock.

Keine Massenanmeldungen

Schauerte fügt hinzu: „Um den Verein wieder gesund wachsen zu lassen, wollen wir auch keine Massenanmeldungen. Dass Teams sich komplett einem neuen Verein anschließen, hat es ja immer gegeben. So haben uns auch welche in Richtung Körne verlassen. Wir wollen aber wieder der Klub der Nachbarschaft sein und fangen bei den Kleinsten an, die dann im PTSV in Ruhe groß werden können. Genauso wenig haben wir übrigens Interesse, als Alte Herren komplett zu einem anderen Verein zu gehen.“

So nutzen die drei Aufrechten den Termin auch dazu, Kinder und deren Eltern anzusprechen. „Kommt zu uns. Ihr habt eine tolle Anlage mit einem schönen Vereinsheim und keinen Stress mit den Nachbarn.“

PTSV hat den SV Berghofen im Visier

Die PTSV-Herren blicken aber dann doch auf den über die Stadtkrone hinaus gehenden Tellerrand. Und zwar haben sie die Berghofer Frauen im Visier. „Unabhängig unserer interner Bemühungen können wir einem Zweitligateam, das ja regelmäßig auf Rasenplätzen spielt, eine Trainingsheimat bieten. Das hätte für uns den Vorteil, dass Leben in der Bude ist. Zudem hätten wir der Stadt gegenüber ein Argument mehr, dass dieser schöne Platz bleiben muss und wir in Ruhe den neuen PTSV entwickeln können.“

Schöner Nebeneffekt: Die Frauen hätten keinen Anlass zu behaupten, dass es den PTSV nicht mehr gibt. Als Mitnutzerinnen des Platzes sähen sie dann mit eigenen Augen, was sich tut. Blau-weiße Berghoferinnen und schwarz-gelbe PTSV-Herren könnten einen bemerkenswerten Farbenmix bilden. Nicht nur am heiligen Dienstag haben die „Alten Helden“ nun die Möglichkeit, aus Gedankenspielen eine Heilige Dreifaltigkeit werden zu lassen: Alte Helden, PTSV-Nachwuchs und Berghofer Frauen!

Schlagworte: