Neben Türkspor Dortmund: Nordstadt-Klubs haben Ambitionen nach oben

© Nils Foltynowicz

Neben Türkspor Dortmund: Nordstadt-Klubs haben Ambitionen nach oben

rnFußball in Dortmund

Der Hoeschpark und der Fredenbaumpark sind die Heimat von vielen teils exotischen Fußballklubs aus der Nordstadt. Einige Vereine sind noch jung - schauen aber schon in Richtung Landesliga.

Dortmund

, 20.11.2020, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Jeder nur mit einem Hauch Talent gesegnete ehemalige Fußballer kennt den Fredenbaumpark aus seiner frühesten Kindheit. Hier spielte er auf dem Mendeplatz auch mit Nicht-Vereinsspielern in Schulmannschaften. Und wer sich dann für den Klub-Fußball entschied, kam früher oder später auch in den vermeintlichen Genuss, im Hoeschpark zu kicken. Da gab es in der Regel für viele Teams eher unangenehme Ergebnisse, denn in der Nähe seiner Wiege hatte der BVB für seine Jüngsten das Bett gemacht. Zweistellige Niederlagen kassierte so mancher Gast.

Der Zahn der Zeit nagte an beiden im satten Grün gelegenen Anlagen. Schon früher gab es schönere Erlebnisse, als sich in den alten Kabinen umziehen zu müssen. Wer heute in die grünen Lungen des Nordens kommt, spürt ihren frischen Atem. Zugpferde wie Türkspor Dortmund und TuS Hannibal haben auf neuen Kunstrasenplätzen hier wieder eine echte sportliche Heimat gefunden. Sowohl die Mendesportanlage als auch der Hoeschpark bieten auch zahlreichen Exoten einen Ort der bunten Begegnung. Es sind Geschichten von Lebensfreude - aber auch Trauer.

Noureddien El Yahyahoi kennt beide Zeiten: „Ja klar, ich war als Kind oft im Fredenbaum, aber auch im Hoeschpark. Das war für uns Kinder so normal, dass ich das Besondere jetzt gar nicht mehr auf dem Schirm hatte“, erklärt der Scharnhorster Junge, der im neu gegründeten MSV Dortmund eine tragende Rolle spielt. Der in erster Linie von Spielern mit marokkanischem Hintergrund geprägte Klub erhielt den Hoeschpark als Heimspielstätte zugewiesen.

Die DJK Saxonia ist der Dino unter den Exoten

El Yahyaoui sieht allerdings trotz des so frischen Kunstrasen-Grüns und „der enormen Wichtigkeit beider Parks für die Freizeit der Dortmunder früher und heute“ auch Nachteile: „Wir sind ja eher Gast zu Hause. Wir können keine Eintrittsgelder nehmen und haben auch keine Möglichkeit, ein vernünftiges Catering zu bieten. Eine einzige Garage nutzen Hannibal, Saxonia und wir. Nicht schön ist auch, dass wir wegen der Vielbelegung sonntagsmorgens um 10 Uhr spielen müssen.“

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Auf der anderen Seite habe seine torlaunige Mannschaft nicht nur an den Strafräumen im Hoeschpark Freude gefunden. „Viele Jungs kommen aus der unmittelbaren Umgebung des Parks. Für andere wie mich ist das Gelände verkehrstechnisch hervorragend zu erreichen.“ Immerhin müssen sie dann wegen des Anfahrtsweges nicht noch früher aufstehen. Heißt insgesamt, der MSV wünscht sich alleine ein Stück weit eigenen Charakter im charaktervollen Park.

Die von El Yahyaoui erwähnte DJK Saxonia hat Höhen und Tiefen des Hoeschparks miterlebt. Während viele Teile des Vereins südlich der Bahngleise Sport treiben, war die Fußball-Abteilung lange schon Teil der Nordstadt. Aber der Traditionsverein unter den vielen speziellen Vereinen der Umgebung hat gerade auch viel Neues zu bieten. Mustafa Güner, der Fußballchef, übernahm mit dem erst 16 Jahre alten Idriz Osmanaj das Zepter für den Wiederaufbau. Neben D-Junioren hat der Verein jetzt A-Junioren und nach einem Jahr Unterbrechung in der untersten Liga auch eine erste Mannschaft. Die DJK ist also der Dino unter den Exoten.

Türkspor hat dem Mendesportplatz seinen Stempel aufgedrückt

Noch bunter geht es am Mendeplatz zu. Unschwer zu erkennen ist der Stempel, den Emporkömmling Türkspor Dortmund dem Gelände aufdrückt. Am Gebäude, das nicht nur El Yahyaoui aus Kindertagen kennt und in einem ähnlichen Zustand wiedererkennt, hat sich Türkspor mit einer neuen Kabine, neuem Vereinsheim und Geräteraum eingerichtet. Was der MSV ein paar Hundert Meter weiter gerne hätte, geht im Fredenbaumpark.

TSD belegt einen Kunstrasenplatz, auf den anderen neuen Geläufen trifft sich eine bunte Mischung. Ein Gelände so bunt wie die Nordstadt. Wäre das nicht schon Klischee genug, liefern Klubs wie der FC 3. August, der FC Ezidxan oder FC Westfalen Dortmund sowie die SF Hafenwiese, die als Zweiter der B-Liga der Türkspor-Reserve das Leben schwer machen.

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Der FC 3. August hat es den Namensforschern nicht leicht gemacht. Er verrät nicht das Gründungsdatum, sondern erinnert an den 3. August 2014. Und das regt zum Nachdenken und nicht zu Gedanken über eine Vereinsgründung aus einer Feierlaune an einem Sommerabend an. Shawkat Naamo Najman, der Gründer des Vereins, erklärt: „Der Hintergrund ist schockierend traurig. An diesem Tag verübten ISIS-Truppe einen Völkermord an den Jesiden“, begründet er den ungewöhnlichen Namen.

„Irgendwann wollen wir in die Landesliga“

„I will be everywhere where humanity exists“. Sein WhatsApp-Status gibt seine Philosophie wieder. Er wird überall sein, wo Menschlichkeit existiert. Dieses Motto soll der Verein leben. Trotz der nachdenklichen Umstände will der Klub mit Freude am Fußball den Nordstadt-Fußball bereichern. Und Najman vergisst auch die Ambitionen nicht: „Das wird ein langer Weg, aber irgendwann wollen wir in die Landesliga.“

Shawkat Naamo Najman ist der Gründer des FC 3. August.

Shawkat Naamo Najman ist der Gründer des FC 3. August. © privat

Verbindendes statt Trennendes hat sich auch der FC Ezidxan auf die Fahnen geschrieben. Der Start des im Sommer vornehmlich aus Irakern, Kurden und Arabern bestehende Verein auf Rang zehn in der Kreisliga C6 war für Ali Khidel Kasim ganz okay. „Wir haben aber nicht genügend Trainingszeit“, sagt er. „Und Corona macht es uns schwer, beisammen zu bleiben.“ Wie viele andere Klubs hofft auch der Neuling, dass er die Krise übersteht und eine Zukunft hat, ehe diese überhaupt begonnen hat.

Die Nordstadt ist schon lange auch ein Stadtteil des Ankommens. Die Menschen und viele Initiativen machen diesen so klischeebehafteten Fleck vielfältig, bunt und dauerhaft lebenswert. Und viel bleiben dann doch länger. Die Nordstadt so zukunftsorientiert, wie es ihre Vereine gerne wären. Es werden mit Sicherheit bald neue entstehen, die wegen der Anzahl der Sportplätze hier ihre Heimat finden. Es werden andere verschwinden. Aber dieses Kommen und Gehen sowie hoffentlich das Wachsen gehören einfach auch zu diesem Fleck Erde rund um die grünen Parks.

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