Da sage doch noch einer, Fußball verbindet nicht. Und so ersparte ein netter Platz-Nachbar dem anderen Team einen Gewissenskonflikt. Marokko: Urlaubsland für Dortmunder, Herkunftsland von Dortmundern. Im Rampenlicht der örtlichen Berichterstattung stehen Fußballgrößen wie Rafik Halim, Mounir Bazzani oder Karim Bouzerda, zu den viele Freunde menschlich und fußballerisch aufschauen. Seit einigen Tagen aber blicken diese Trainer und Spieler noch eine Etage höher.
Und das führt dann jetzt zu einer Terminkollision. Denn der erwähnte Bouzerda spielt in einer Mannschaft, das mit dem Nationalteam fiebert. Der B-Liga-Spitzenreiter MSV Dortmund bekennt sich zu seinen marokkanischen Wurzeln, hat jetzt aber das Luxusproblem, dass seine Termine mit einer Art Nationalfeiertag zusammenfallen.
Im Vergleich zum Einzug des MSV in die erste Hauptrunde des Kreispokals ist das Viertelfinale für die „Löwen vom Atlas“ ein Wunder. Wer mal den weltbekannten Djemaa el Fna in Marrakesch besucht hat, dieses Zentrum der Gaukler und der Sinnesreize, der hätte von Marokkanern wohl kaum noch eine emotionale Steigerung erwartet. Sollte einer der Schlangenbeschwörer mal versucht haben, einen der feiernden Fans zu beruhigen, wird er chancenlos geblieben sein.
Was die Menschen sowohl in ihrer Heimat als auch in ihren derzeitigen Ländern auf den Straßen veranstalten, dürften sie aber auch selbst kaum mehr vergessen. „Spätestens nach dem Sieg über Spanien drehen wir alle durch“, sagt Nourredien El Yahyaoui, Spielertrainer des erwähnten Klubs MSV. „Selbst unser fußballverrückter König Mohammed VI. feiert mit“, sagt er. „Und hier in Dortmund waren wir auch alle dabei.“
Epizentrum: Münsterstraße
Das Epizentrum der marokkanischen Partygemeinde, die Münsterstraße, ist gar nicht weit vom Hoeschpark entfernt, da, wo der MSV seine Heimspiele austrägt. Und plötzlich stellte sich die Frage, wo die Dortmunder Fußball am Wochenende hingehören: „Für eines der Länderspiele hatte ich noch kein Alternativprogramm am Fernseher erlaubt. Jetzt aber mussten wir handeln. Am Samstag um 15.30 Uhr hätte keiner von uns ein Pokalspiel gegen Saxonia bestreiten können, wenn um 16 Uhr unsere Nationalmannschaft gegen Portugal das Viertelfinale spielt“, sah El Yahaoui Änderungsbedarf.
„Und Saxonia stimmte sofort zu, am Sonntag um 13 Uhr zu spielen. Wir sind ihnen sehr dankbar.“ Denn für El Yahyaoui und Co. ist der Pokal auch mehr als eine lästige Pflicht. Wie jetzt bald auch die Halle ist das ein Wettbewerb, um sich mit den Großen der Stadt zu messen. Daher möchten wir weit kommen.“
Auf alle Fälle wartet auf die MSV-Jungs ein straffes Fußballprogramm: „Das Café Oase, in dem wir uns alle treffen, wird am Samstag zum Länderspiel aus allen Nähten platzen. Danach möchten wir alle noch etwas feiern. „Und am Sonntag haben wir dann den Kopf frei für Saxonia.
Also ist das Halbfinale für Marokko möglich? „Ja“, sagt der MSV-Coach, „Portugal ist immer noch mit der Ronaldo-Geschichte beschäftigt. Wir haben einen starken Trainer, der lange in Marokko gearbeitet hat und die Befindlichkeiten und Qualitäten unserer Spieler kennt. Ich denke Walid Regragui ist genau der Richtige, den Zusammenhalt zu fördern. Wir haben keinen Spieler mit Sonderstatus wie Ronaldo.“
Finale nicht in Sicht
Dass er sogar bis zum Finale die Planungen mit seiner Mannschaft auf das Geschehen in Katar abstimmen muss, glaubt El Yahyaoui nicht. „Ich fürchte, gegen England oder Frankreich ist dann Endstation, weil die Mannschaften mehr Substanz haben als wir, aber das ändert nichts daran, dass Marokko ein wunderbares Turnier gespielt hat.“
Der MSV-Trainer hatte gerade noch den Zusammenhalt im Nationalteam hervorgehoben. Er hätte wohl auch sein Team meinen können. Das ist auch unsere Stärke, mit der wir im Kreispokal, in der Halle, in allererster Linie aber in der Kreisliga B erfolgreich sein wollen.
Wenn El Yahyaoui derzeit mit den Verwandten aus einem kleinen Dorf in der Nähe der Stadt Nador telefoniert, reden sie nur über die Nationalmannschaft. Wenn er sich im Sommer wieder bei ihnen meldet, werden sie auch gerne die Geschichte vom MSV hören. In der Dortmunder Fußballwelt käme ein Durchmarsch von der C-Liga in die A-Liga zwar keinem Wunder gleich. Manch ein Marokkaner wird aber über El Yahyaouis Kunststück genauso staunen wie die Fans aktuell über ihre atemberaubende Nationalelf und wie Besucher des Djemaa el Fna über die wunderbaren Vorführungen der Gaukler.
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