
Die Vereine müssen ihren Spielern auch mal die Rote Karte zeigen. © picture alliance/dpa
Kommentar zu Gewaltausbrüchen: Nicht jeder hat eine zweite Chance verdient
Meinung
Am Sonntag gab es den nächsten Gewaltausbruch auf einem Dortmunder Fußballplatz. VfL Kemminghausen gegen TuS Hannibal wurde abgebrochen. Unser Mitarbeiter Alexander Nähle kommentiert die Geschehnisse.
Nur ein Satz wäre der erste Schritt zur Lösung: Wir haben Mist gebaut! Wenn diese Einsicht da ist, können wir gemeinsam an die Analyse gehen, warum wir wirklich Woche für Woche Attacken auf Dortmunds Fußballplätzen erleben, die ganz klare Straftaten sind. Leute, was ist nur mit euch los? Ich meine diejenigen, die glauben, nach Corona hätte jeder einen Freibrief, ungehemmt seine aufgestauten Aggressionen auf dem Sportplatz auszuleben oder das wenigstens zu dulden oder gar in Schutz nehmen.
Ich meine sogar weniger, die für alle ersichtlich ohne irgendeine Hemmung in Gesichter schlagen. Da ich weiß, dass vernünftige Menschen selbst in Stress-Situationen einen Reflex haben, nicht durchzuziehen, fürchte ich, dass für solche Schläger nur gilt, dass sie auf einem Sportplatz nichts zu suchen haben. Die erreiche ich hier nicht. Aber ich erreiche die, die ihre Pulverfässer vorher aussortieren müssten. Ich erreiche die, die zulassen, dass Handgemenge über zehn Minuten hin- und herschwappen. Ich erreiche die, die verbal oder auch durch Schupsen provozieren. Ich erreiche die, die jede Provokation dankend annehmen. Wie wollt ihr euren Kindern Werte beibringen? Oder sagt ihr den Kleinen: „Auf dem Sportplatz ist alles erlaubt.“ Dann seid ihr die Geisterfahrer auf einer Straße, auf der Millionen faire Sportsleute fahren.
Meine Meinung bleibt nämlich: In einem Rechtsstaat gilt, dass jeder Fall und jede Person für sich zu bewerten ist. Und das bringt mich zu einem Phänomen, dass umgekehrt einige Beteiligte oder zusehende Vereinsmitglieder, die dann gegen Kollektivstrafen wettern, nachweislich die Medien in Sippenhaft nehmen. Wir haben konkrete Fälle: In dieser Saison erlebten wir einen bedauernswerten Reflex, der die Schuld zuerst bei den vermeintlich aufbauschenden Medien suchte, bevor die Ankläger überhaupt mal in sich gehen, um nachzudenken, wer Ursache und wer Wirkung ist.
Im Übrigen gibt es auch nicht nur den Herrn oder die Frau Ruhr Nachrichten, sondern zum Glück in einer freien Medienlandschaft Menschen mit unterschiedlichen Ansichten. Aber noch hat in Dortmund kein Journalist in diesen Tumulten mitgemischt. Da macht ihr es euch natürlich total leicht! Schuld sind die anderen. Wenn ihr doch vorher nur den einen Satz vorwegschiebt: „Wir haben Mist gebaut“, und dann im Idealfall eine interne Analyse ankündigt, seid ihr, die wirklich um den Ruf eures Vereins bangen, erst einmal aus der Schusslinie. Und dann diskutieren wir auch gerne über eine Überschrift.
Vereine können nicht Probleme der Gesellschaft lösen
Ich gebe euch Recht, dass ihr als Vereine nicht die Probleme unserer Gesellschaft lösen könnt, aber es sind auch nicht immer nur die anderen schuld. Wenn die Medien es nicht sind und ihr natürlich sowieso nicht, dann kann es nur der Gegner gewesen sein. Wäre nur eine Seite verantwortlich, würden wir nicht diskutieren, dann hätten wir klare Konsequenzen erlebt. Meistens gehören doch zwei dazu.
Ich bin tatsächlich der Überzeugung, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient. Wenn aber absehbar ist, dass diese Chance aktuell keine Aussicht auf Erfolg hat, müssen wir im Sinne unseres Sports uns von diesen Leuten bis auf Weiteres trennen. Die Resozialisierung können nur Fachleute im richtigen Leben leisten.
Nicht zu einfach denken
Ich bin auch der Überzeugung, dass dieses reflexartige Fordern von drakonischen Strafen wie „für immer sperren, und gut ist“ viel zu einfach gedacht ist. Denn mit solch einer Forderung beruhigen sich die Leute oft auch nur selbst. Sie haben ihren Anteil geleistet und können jetzt guten Gewissens ihr Leben weiterleben. Nein, die Gesellschaft muss den Dingen auf den Grund gehen, ohne sie zu tolerieren, und Menschen mit echten Problem Lebenshilfe anbieten, nachdem sie sanktioniert wurden.
Jeder, der eine Lösung wünscht und die nicht darin sieht, Menschen wegzusperren, sondern möglichst viele ins Boot zu holen, um gemeinsam das Schöne im Fußball zu leben, sollte eine Prämisse mitbringen: die Akzeptanz der eigenen Fehlbarkeit, da schließe ich uns Medien gerne ein. Sie öffnet ungeahnte Türen, denn so fühlen sich auch die vermeintlich immer Unverstandenen oder Benachteiligten auf eine Augenhöhe geholt, deren Berechtigung sie dann untermauern können.
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Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
