BVB-Frauen entscheiden Revier-Derby kurz vor Schluss Rekord-Kulisse „hat Anteil am Sieg“

Annika Enderle entscheidet Revier-Derby kurz vor Schluss:
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Ein elektrisierendes und hochemotionales Revier-Derby fand am Ende einen Sieger. Lange sah es nach einer Punkteteilung zwischen den Frauen von Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 aus. Am Ende war es Annika Enderle, die den BVB erlöste und die Meisterschaftshoffnungen ein großes Stück näher rücken lässt.

Denn: Die Begegnung stand auch unter der Erwartung, für die Vorentscheidung im Rennen um die Frauen-Fußball-Westfalenliga-Meisterschaft zu sorgen. Dieser wurde das umkämpfte Derby gerecht. Borussia Dortmund beherbergt die Tabellenspitze drei Spieltage vor Schluss mit vier Punkten Vorsprung.

Dana Celine Marquardt bringt Borussia Dortmund früh zurück

Gleich zu Beginn wurde klar, dass es mehr als nur ein gewöhnliches Spiel sein wird. Beide Mannschaften nahmen den Derby-Charakter an und warfen sich in die Zweikämpfe. Körperbetonte Duelle und resolute Grätschen zierten das Derby und heizten die 10.000 Zuschauer im Stadion Rote Erde an.

Obwohl der BVB besser im Spiel war, durfte Blau-Weiß in der 38. Minute als erstes jubeln. Ein verunglückter Abwurf von BVB-Torhüterin Sandra Schröer landete direkt bei Schalkes Edina Habibovic, die den Fehler per Lupfer bestrafte. Nur drei Minuten später antworteten die überlegenen BVB-Frauen sofort.

Nach punktgenauer Flanke von Kapitänin Marie Grothe stand Dana Celine Marquardt goldrichtig und köpfte zum 1:1-Ausgleich ein. „Ein unbeschreibliches Gefühl, als der Ball ins Netz ging“, berichtet die Torschützin.

„Wenn man hinten liegt und dann das 1:1 macht und sich denkt, von jetzt an geht’s nur noch Berg auf, dann ist das schon ein richtig gutes Gefühl.“

Dana Celine Marqaurdt springt über die Torhüterin, eine Spielerin von Schalke versucht den Ball zu kontrollieren.
Borussia Dortmunds Dana Celine Marquardt (l.) konnte kurz vor der Halbzeitpause per Kopf zum 1:1 ausgleichen. © Stephan Schuetze

Das Stadion und die Atmosphäre haben mit zum schnellen Gegenschlag geführt, erklärt Marquardt und fügt an: „Ein Dämpfer war es im ersten Moment schon, weil wir uns das natürlich auch ganz anders vorgestellt haben. Uns war aber klar, dass wir grundsätzlich nur ein Tor brauchen, um die Tabelle so zu lassen, wie sie vor dem Spiel war. Man muss wirklich sagen, die Atmosphäre hat Anteil an Sieg.“

So ein Revier-Derby bringt dabei auch immer seine ganze eigene Brisanz mit. Wenngleich es auf den Tribünen und vor dem Stadion sehr friedlich, fast schon familiär einherging, so war das auf dem Platz nicht der Fall.

„Wir wurden die ganze Woche darauf eingeschworen, dass es ein sehr ekliges Spiel werden kann. Das ist es dann auch geworden. Natürlich rechnet man aber nicht damit, dass man so oft gefoult wird, aber das es ein unangenehmes Spiel werden wird, war uns bewusst“, erklärt die Angreiferin.

Annika Enderle erlöst den BVB

Die Bezeichnung des Matchwinners hat sich aber die 24-jährige Annika Enderle verdient. In der 88. Minute wird die Offensivspieler in der linken Strafraumhälfte völlig alleine gelassen und kann nach Vorarbeit von Marquardt seelenruhig zum 2:1-Endstand einschieben.

„Ich hatte sehr, sehr viel Zeit. Als der Ball dann drin war, kamen auch schon von allen Seiten die ganzen Mädels und das Trainerteam zu mir gerannt und ich war einfach super glücklich in dem Moment. Es war schon ein sehr wichtiges Tor. Bei einem Derby-Sieg meinen Teil beizutragen, macht mich extrem glücklich“, beschreibt die Siegtorschützin. „So richtig realisiert, habe ich das aber auch noch nicht.“

Zwei Spielerinnen sind im Zweikampf um den Ball.
Annika Enderle (r.) sorgte kurz vor Schluss für den 2:1-Endstand. © Stephan Schuetze

Aber auch schon vorher spricht die Offensivspielerin von Gänsehautmomenten. „Unsere Co-Trainer haben uns in der Kabine schon ordentlich eingeheizt und dann hier herauszulaufen und die ganzen Fans zu hören, war unbeschreiblich“, sagt Enderle.

Weiter ergänzt die Offensiv-Akteurin, dass ihre Erwartungen bei weitem übertroffen wurden und es eine absolute Ausnahme-Erfahrung sei, vor so einer Kulisse spielen zu dürfen.

Die Atmosphäre und die Zuschauer hätten die Mannschaft mit durch das Derby getragen und die Motivation, auf dem Platz alles hineinzuwerfen, nur noch mehr erhöht.

Marie Grothe: „Absolute Ekstase nach dem 2:1“

Das sieht auch Spielführerin und Top-Torschützin Marie Grothe so. „Es war sehr aufregend, weil vorher viel darüber geredet und geschrieben wurde. Die ganze Aufmerksamkeit und das drumherum waren spürbar und ich bin wahnsinnig froh, dass wir es gepackt haben“, resümiert die 28-Jährige.

Insbesondere nach dem Siegtreffer seien alle Dämme gebrochen. Grothe beschreibt: „Absolute Ekstase nach dem 2:1. Ich glaube, so laut wie heute war es hier noch nicht. Und so laut habe ich es selbst noch nicht erlebt, wenn wir ein Tor gemacht haben.“

Marie Grothe versucht sich einen Ball zu erlaufen.
Marie Grothe führte die BVB-Frauen beim Revier-Derby gegen den FC Schalke 04 auf dem Feld an. © Stephan Schuetze

Auch für die Kapitänin des Westfalenliga-Spitzenreiters war es ein unbeschreibliches Gefühl, vor so einer Zuschauerschaft auflaufen zu dürfen. „Das Dorf, aus dem ich komme, passt zweimal in das Stadion rein und dann sind immer noch Plätze frei“, scherzt Grothe. „Dass ich als Kapitänin als Erstes rausgehe, der Moment wird auf jeden Fall für immer bleiben.“

Emotionaler Ausbruch bei BVB-Coach Thomas Sulewski

Auch Erfolgstrainer Thomas Sulewski, der die Mannschaft zum Saisonende abgibt, hat der Last-Minute-Siegtreffer nicht kaltgelassen. An der Seitenlinie konnte der BVB-Coach seine Emotionen nicht unter Kontrolle halten und lies nochmal alles raus. „Ich glaube, wenn man sich die Bilder anguckt, kann man erahnen, was in mir vorgegangen ist“, lacht Sulewski.

Er selbst weiß, wie besonders solche Momente im Fußball sind. „Ich glaube, in diesem Spiel war es durchaus angebracht, dass man wie so ein Rumpelstilzchen da an der Seite herumrennt. Die Atmosphäre muss die Spielerinnen erreichen und das ist bei 10.000 Zuschauern enorm schwierig. Wir haben versucht, das an der Seite vorzuleben“, erklärt der Trainer.

Thomas Sulewski gibt Anweisungen.
BVB-Trainer Thomas Sulewski wird die Mannschaft zum Saison-Ende abgeben. © Stephan Schuetze

Auch wenn Sulewski seine Mannschaft zum Saisonende abgeben muss, fiebert er bis zum Schluss mit voller Überzeugung mit und sagt: „Ich gebe die Mannschaft voller Stolz ab. Es ist unglaublich cool gewesen, das hier miterleben und mitmachen zu dürfen und das auch zu genießen. Dortmund gegen Schalke ist deutschlandweit eins der intensivsten Spiele.“

Sein letztes Highlight-Spiel war das aber noch nicht. Noch ein weiteres Mal wird es zum Revier-Derby zwischen BVB und S04 kommen. Diesmal aber im Finale des Verbandspokals. Bis dahin will der Coach aber das schaffen, worauf die ganze Saison hingearbeitet wurde.

„Es ist schon eine enorme Last abgefallen. Wir wollten vier Punkte vor sein und wir sind jetzt vier Punkte vor. Wir haben noch drei Spiele zu gehen und das lassen wir uns nicht mehr nehmen“, betont Sulewski. Am Donnerstag wartet aber zunächst das Kreispokalfinale gegen den TV Brechten (live auf rn.de/sporttv).