Exklusiver Einblick in die BVB-Strukturen „Präsident Lunow kann man Tag und Nacht anrufen“

Exklusiver Einblick in die BVB-Strukturen: „Präsident Lunow kann man Tag und Nacht anrufen“
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Das Ende der Handball-Saison 2034/24 ist gerade erst wenige Wochen her. Doch der Blick der Handballerinnen des BVB geht nach vorn. Wir sprachen mit Abteilungsleiter Rupert Thiele und BVB-Mitarbeiterin Sarah Prumbaum über die anstehende Saison, die erstmals im neuen Play-Off-Modus ausgerichtet wird, über die Hallensituation und darüber, ob der BVB das Potenzial dazu hat, auch mal wieder Deutscher Meister zu werden.

Bevor wir nach vorn schauen, wollen wir noch einen Blick auf die abgelaufene Saison werfen. Sie sind zufrieden mit Platz vier?

Wir waren in der Saisonvorbereitung sehr optimistisch. Dass uns dann relativ kurz und schnell zwei Kreuzbandrisse ereilt haben (Anm. der Red. Dana Bleckmann und Lena Degenhardt), hat die Gesamtsaisonplanung über den Haufen geworfen. Und als dann noch die Fußverletzung von Alicia Stolle und die Knieverletzung von Zoë Sprengers dazu kamen, sah es nicht gut aus. Dass jetzt zum Ende der Saison – und auch in den Medien - von einer möglichen Vizemeisterschaft gesprochen wurde, das war natürlich schon sensationell. Zur Halbzeit der Saison saßen mehr Betreuer auf der Bank als Mannschaft. Es hätte sicherlich auch Platz drei werden können und sollen, aber da hat sich die Mannschaft leider noch mal selbst ein Bein gestellt in manchen Spielen. Aber das möchte ich jetzt nicht als negativ beurteilen.

Der BVB kann also damit sehr gut leben - vor allen Dingen wegen der schwierigen Umstände?

Auf jeden Fall. Wegen der Verletzungssituation und dann auch wegen der vorzeitigen Qualifikation für die internationalen Spiele. Das war das mindeste, was wir wollten.

Ein Blick zurück, was war der Tiefpunkt der Saison?

Tiefpunkt waren sicherlich die beiden Kreuzbandverletzungen und natürlich auch das frühe Ausscheiden aus dem DHB-Pokal.

… und der Saisonhöhepunkt?

Es gab keinen speziellen Höhepunkt, aber wenn man die Zuschauerresonanz über die Saison resümiert, besonders das letzte Spiel mit über 1000 Zuschauern, dann sehe ich eine Kurve, die immer weiter nach oben geht. Das bestätigt auch unsere Arbeit, die wir als Abteilung leisten. Die Zuschauer kommen, kommen auch immer wieder und haben Spaß am Handball und an der Mannschaft. Die Rahmenbedingungen in der Halle lassen sich leider nicht so schnell ändern.

BVB: Halle bleibt ein Problem

Das Stichwort Halle ist damit gefallen. Wie ist der Stand? Ende der kommenden Saison müssen ja die Auflagen der HBF mit zwei gegenüberliegenden Tribünen und einer Kapazität von mindestens 1500 Zuschauern erfüllt sein.

Final vermelden lässt sich nichts. Wir sind in intensiven Gesprächen mit der Stadt und dem Stadtsportamt mit Herrn Kruse und Herrn Knoche. Es geht nur noch um die Details, um die finanzielle Darstellung, wie man es abwickelt. Es ist ja bekannt, dass wir über eine Leichtbauhalle in Modulbauweise sprechen hinter der Körnig-Halle. Das Baufeld ist frei. Dann wäre da Platz für 2000 bis 2500 Zuschauer. Die Tribünen könnte man wieder abbauen, wenn die Halle am Dortmunder U fertig ist. Die Halle selbst soll dann wohl stehenbleiben, ob für uns oder für andere Vereine zum Training. Es gibt Planungen dazu, es gibt Kostenvoranschläge, man muss jetzt einen Konsens finden, wie die Kosten aufgeteilt werden.

Könnte die Halle pünktlich zum Saisonstart 25/26 fertig werden?

Das ist vom Zeitrahmen her möglich, der Anbieter hält sechs Monate Bauzeit für realistisch. Es muss dazu aber noch einen Ratsbeschluss geben. Wenn nicht, müsste man versuchen eine Fristverlängerung von der HBF zu bekommen.

Aber nochmals die Nachfrage. Definitiv fix ist noch nichts, besonders was die Finanzierung angeht?

Nein, es ist nichts fest. Es gibt Kostenvoranschläge, man muss jetzt einen Konsens finden, wie die Kosten aufgeteilt werden. Das gilt es noch zu klären.

Gibt es Alternativen?

Ja, in der Körnig-Halle könnte man spielen, aber nicht durchgängig, da die Halle teilweise belegt ist durch Leichtathletik-Wettbewerbe und Training. Man müsste noch nach Hamm ausweichen. Das ist ein Riesenaufwand in der Planung. Und Hamm ist nicht Dortmund. Als Dortmunder Verein kann man den Zuschauern nicht zumuten, immer nach Hamm zu fahren.

Wer neben dem BVB ist noch betroffen in Sachen Halle?

Das sind Metzingen und Bensheim, die haben auch diese Hallenprobleme. Bietigheim durch den Umzug nach Ludwigsburg ja nicht mehr. Zwickau zieht in die Stadthalle um, die Miete ist sechsstellig und wird von der Stadt übernommen.

Noch trägt der BVB seine Heimspiele in der Halle Wellinghofen aus.
Noch trägt der BVB seine Heimspiele in der Halle Wellinghofen aus. © Ludewig

Wie habt ihr es geschafft, innerhalb kürzester Zeit die Spiele in Wellinghofen so attraktiv zu gestalten, mehr Event-Charakter zu erzeugen. Benötigt ihr mehr Helfer dazu?

Das Helferteam um Maria Pfefferkuch ist ja immer gleich geblieben. Das Schlimme sind die Restriktionen in der Halle, das ist ja eine reine Turnhalle. Es gibt keine vernünftigen Verweilflächen, keine Fläche für vernünftige Gastronomie, draußen gibt es keine Unterstellmöglichkeiten bei Regen. Aktuell gibt es sogar eine Beschwerde vom Ordnungsamt, dass sich die Anwohner wegen Lautstärke beschweren.

Trotzdem habt ihr es geschafft, den Zuschauerschnitt von 500 auf über 900 zu bringen. Das sieht nicht mehr wie Handball-Bezirksliga wie vor vier oder fünf Jahren aus.

Ja, das ist aber auch wegen der Mannschaft, die authentisch und gut spielt. Ansonsten haben wir Stück für Stück nachgerüstet. Pyro beim Einlaufen, Zelte vor der Halle, alles Schwarz-Gelb.

Wie ist eigentlich der Abstieg der 2. Mannschaft in die Regionalliga zu bewerten?

Sportlich ist es nicht gut gelaufen für die Zweite, aber dieses hin und her in Sachen Relegation, wer steigt ab, wer steigt nicht ab, war auch nicht gut. Qualitativ ist das natürlich eine „Katastrophe“, der Abstand zur Ersten wird nicht nicht kleiner, sondern größer. Die Chance, jemanden hochzuziehen, wird natürlich schwieriger.

Wie ist die Bilanz nach dem ersten kompletten Jahr als Abteilungsleiter? Was hat sich auch persönlich verändert?

Wir sind immer noch dabei, mehr zu professionalisieren. Da fing an mit der Festanstellung von Yasmin Yusif-Hügle als Jugendkoordinatorin. Es ist immer noch mein Ansinnen und Wunsch, einen festangestellten Sportlichen Leiter bzw. Geschäftsführer zu installieren, der sich rund um die Uhr um die Abteilung kümmert. Wir sind ansonsten viel auf Basis des Ehrenamts unterwegs, das ist manchmal schon schwierig, das zeitlich alles unter einen Hut zu bekommen, diesen „Tanker“ Bundesliga zu manövrieren.

BVB: Professionalisierung kostet mehr Geld

Passt die Dreier-Konstellation mit Rupert Thiele als Abteilungsleiter, Andreas Kuno als Sportlichen Leiter und Henk Groener als Trainer?

Ja, ich kümmere mich um die große Organisation, um die Finanzen, um die Sponsoren. Andreas und Henk um den sportlichen Bereich. Jeder hat seine Aufgaben. Das klappt alles sehr gut.

Steigen die Kosten durch die angestrebte Professionalisierung?

Allein durch die Richtlinien der HBF mit zwei gegenüberliegenden Tribünen wird das natürlich mehr. Jetzt geht man damit zur Kommune und sagt, wir brauchen das. Das ist ja kein Prozess, da kann man kurz mit den Händen schnippen und dann ist eine solche Halle da. Je größer die Städte, desto größer sind auch die Finanzprobleme. Allein den neuen Boden für jedes Spiel zu verlegen, ist eine Herausforderung. Je mehr Professionalisierung, desto teuer wird das auch. Natürlich.

Den Hallenboden habt ihr gekauft?

Ja, aber das Verlegen durch eine Spezialfirma kostet jedes Mal 2500 Euro. Jetzt lagert er nach langem Kampf mit der Stadt in einer Garage an der Halle Wellinghofen, vorher bei uns in der Firma.

Wie bewertet ihr den Umzug des größten Konkurrenten aus Bietigheim nach Ludwigsburg und die Umbenennung in HB Ludwigsburg?

Bietigheim hatte dasselbe Problem wie wir mit der Halle, was sich ja jetzt durch den Umzug erledigt hat. Sie haben einen Großsponsor, haben einen Etat weit über dem, was wir haben. Sie haben einen wesentlich breiteren Kader als wir. Die Frage ist immer, wie lange geht das noch, wenn du dich auf einen Hauptsponsor konzentrierst und das nicht auf breite Füße stellst. Man wird sehen, wie es weitergeht, da ja auch einige Leistungsträger den Verein verlassen.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Andreas Kuno, dem Sportlichen Leiter des BVB, sowie Rupert Thiele funktioniert.
Die enge Zusammenarbeit zwischen Andreas Kuno, dem Sportlichen Leiter des BVB, sowie Rupert Thiele funktioniert. © Ludewig

Die neue Saison wird zum ersten Mal im Play-Off-Modus gespielt werden, die Liga wird auf zwölf Klubs reduziert. Wie sind da die Infos?

So genau habe ich mich damit noch nicht beschäftigt, ich bin aber auch kein Freund von Play-Offs. Ich finde das normale System gerechter. Bei Play-Offs kann alles passieren. Es kann aber auch sein, dass das durch den Fußball bei mir so gelegt ist. Da gibt es auch keine Play-Offs.

Prumbaum: „Die Gruppenphase mit allen zwölf Teams wird bis Anfang April gespielt. Danach beginnen die Play-Offs mit den ersten acht Teams und ein Play-Down mit den unteren Teams. Es sind immer zwei Spiele, gewinnen beide Mannschaften je eins, gibt es eine dritte Partie.“

Ist die Belastung höher?

Der Druck innerhalb des Terminkalenders wird definitiv größer.

Wie sieht’s im DHB-Pokal aus?

Prumbaum: „Das Final-Four wird noch früher sein als in diesem Jahr.“

BVB: Titel sollen her

Ist das auch mal ein Ziel, die Endrunde zu erreichen? Im Pokal lief es ja nicht so gut in der Vergangenheit.

Nach der 24:26-Heimniederlage im Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen war ich persönlich beleidigt. Auf jeden Fall wollen wir auch im Pokal mal weiterkommen.

Wie groß ist der Rückhalt vom Gesamtverein?

Der ist sehr gut, der Kontakt zu Geschäftsführer Carsten Cramer ist hervorragend, wir sind im regelmäßigen, wöchentlichen Austausch, wir sind Teil des Ganzen. Wir können immer auf den großen BVB zurückgreifen, egal, ob das Sponsoren- oder Marketingthemen sind. Das hat sich grundlegend mit meiner Amtsübernahme geändert.

Wie ist das Verhältnis mit dem neuen Präsidenten Dr. Reinhold Lunow?

Da arbeiten wir sehr eng und partnerschaftlich zusammen. Den Präsidenten kann man Tag und Nacht anrufen.



Wie sieht die Planung für das 100-jährige Bestehen im Herbst aus?

Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass wir wieder ein Spiel in der Westfalenhalle planen, so wie vor zwei Jahren im Rahmen der Champions League. So was geht ja auch nur mit der Unterstützung des Gesamtvereins. Das können wir als Handball-Abteilung gar nicht organisieren.

Der Anspruch, Deutscher Meister zu werden, ist ja offensichtlich immer da. Ist das langfristig oder auch kurzfristig möglich?

Ich glaube schon, dass wir mit dem neuen Kader die Chance haben, Deutscher Meister werden. Ob das aber alles funktioniert, ist immer schwierig zu sagen. Ich will jetzt nicht sagen, wir wollen nächste Saison Deutscher Meister werden. Aber warum sollen wir mit dem Kader der nächsten Saison nicht den Titel holen können?