Christian Bodach hat die Straße von Gibraltar schwimmend durchquert. Es war eine körperliche und geistige Tortur. Doch der 38-jährige Dortmunder denkt schon an die nächste Herausforderung.
Ein Zug. Noch ein Zug. Und dann noch einer. Eine letzte kraftvolle Kraulbewegung. Dann ist es geschafft. Christian Bodach streckt die Hand aus und berührt die Felsen Marokkos. Vor fast fünfeinhalb Stunden ist Bodach im spanischen Tarifa ins Wasser gestiegen, um von dort die Straße von Gibraltar zu durchschwimmen. Jetzt, nachdem er an der Küste der marokkanischen Provinz Fahs-Anjra angekommen ist, ist Bodach geschafft, aber glücklich. „Das war ein einmaliges, faszinierendes Schwimmerlebnis“, sagt der Athlet des Dortmunder Triathlon-Vereins „Tri-Geckos“.
Erst zehn Menschen haben die Herausforderung bewältigt
Die Durchquerung der Straße von Gibraltar ist Teil der sogenannten Ocean’s Seven. Die Herausforderung besteht aus der Absolvierung von sieben Langstreckenschwimmen, verteilt über verschiede Teile des Globus. Entstanden ist die Herausforderung in Anlehnung an die Seven Summits, bei der Bergsteiger die höchsten Berge aller sieben Kontinente besteigen. Ob Schwimmen zwischen den Inseln Hawaiis, quer durch den Ärmelkanal oder eben durch die Straße von Gibraltar, die Aufgabe ist riesig: Erst zehn Menschen ist es überhaupt gelungen, alle sieben Herausforderungen zu meistern. Als erstem gelang das dem Iren Stephen Redmond im Jahr 2012.
Beinahe wäre es jedoch zu diesem Langstreckenschwimmen gar nicht gekommen. Der Zufall bringt Christian Bodach zum Ausdauerschwimmen. Denn eigentlich ist der Dortmunder Iron-Man-Triathlet bei den Tri-Geckos, und nicht ausschließlich Schwimmer. Als ihn aber eine hartnäckige Knieverletzung dazu zwingt, das Laufen vorübergehend aufzugeben, wechselt Bodach kurzerhand zum Freiwasserschwimmen - und findet mit der Durchquerung der Straße von Gibraltar seine erste große Herausforderung.
Bodach bekommt die Strömung zu spüren
Mit einer Breite von 14 Kilometern ist die Meerenge die auf dem Papier kürzeste Strecke der Ocean’s Seven - aber deswegen keineswegs die leichteste. Die Strömung ist kaum ausrechenbar. Das bekommt auch Christian Bodach - trotz zum Start bester äußerlicher Wetterbedingungen in Tarifa - zu spüren. Die Wogen treiben den 38-Jährigen immer wieder vom direkten Weg Richtung Marokko ab. „Tolles Wetter, schlechte Strömung“, merkt auch der Kapitän des Begleitbootes lakonisch an. Am Ende sind es statt der 16 eingeplanten ganze 23 Kilometer, die er zurücklegt.

Statt der geplanten 16 Kilometer schwamm Christian Bodach strömungsbedingt 23. © Grafik: Klose
Auf die Strömung der Meerenge zwischen Atlantik und Mittelmeer kann sich kein Schwimmer vorbereiten. Auch nicht mit den mehr als 700 Kilometern, die Christian Bodach in Dortmunder Bädern im Vorfeld als Training geschwommen ist. Dazu kommen Urlaube am Mittelmeer, in denen sich der Berufsschullehrer mit der Strömung vertraut machen will, die aber letztlich nicht annähernd so ist, wie die zwischen Tarifa und Marokko. Der Alltag zwischen Job und Familie dreht sich oftmals um die Vorbereitung auf die Querung der Straße von Gibraltar. Dafür ist er seinem Umfeld, allen voran seiner Familie, dankbar: „Ohne ihre Unterstützung und Toleranz wäre das nicht möglich gewesen. Die Familie hat mich durch den Wettkampf getragen“, sagt Bodach.
Strömung erschwert das Schwimmen
Nicht nur die unberechenbare Strömung macht das Schwimmen schwer. Auch die Nutzung der Straße von Gibraltar als Handelsweg verkompliziert die Strecke. Etliche Schiffe durchqueren die Meerenge jeden Tag. Die oft riesigen Frachter erzeugen starke Wellen, die Christian Bodach mit voller Wucht ins Gesicht peitschen. Die Folge: Bodach schluckt viel Salzwasser, was Übelkeit auslöst. Zu seinem Glück geht diese aber relativ schnell vorbei.

Die Nutzung der Straße von Gibraltar durch Frachtschiffe erschwerte die Durchquerung der Meerenge zusätzlich. © ACNEG
Bereut hat Christian Bodach den Wechsel zum Schwimmen nicht. Insbesondere nicht nach der Querung der Straße von Gibraltar. Denn er hat, trotz der körperlichen und geistigen Tortur, auch Schönes mitgenommen. Während der Querung waren Grindwal-Familien und Delfine vorübergehende Begleiter.
Bodach hält durch
Als das Ziel schon nahe scheint, ist es doch gleichzeitig weit weg. Die Strömung verhindert das Vorankommen. Christian Bodach kämpft um jeden Zentimeter. „Afrika war quasi greifbar, aber doch gefühlt unendlich weit weg“, sagt der 38-Jährige. Trotzdem hält er durch - und berührt am Ende beseelt die Felsen an der marokkanischen Küste.

„Afrika war quasi greifbar, aber doch gefühlt unendlich weit weg“, sagt Christian Bodach über das letzte Teilstück. © ACNEG
Die Zeit von fünf Stunden und 21 Minuten, die Christian Bodach für die 23 Kilometer benötigt hat, ist für ihn sekundär. „Der Stolz, es geschafft zu haben, überwiegt“, sagt er, während er den Blick gleich nach vorne richtet: „Ich suche immer eine neue sportliche Herausforderung.“ Die nächste hat er schon vor Augen: Diesmal will Christian Bodach den Ärmelkanal durchqueren. Dann liegen mindestens 34 Kilometer vor ihm - vorausgesetzt, die Strömung spielt mit.
Ist zum Studium ins Ruhrgebiet immigriert - und geblieben. Vielseitig interessiert mit einer Schwäche für Geschichten aus dem Sport, von vor Ort und mit historischem Bezug.
