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Dortmunds unbekannter Torjäger: „Wäre ich beim BVB, säße Haaland nur auf der Bank“
Fußball
Wahrscheinlich kennen ihn in Dortmund nur wenige Fußballer. Dabei hat er eine Torquote wie Lewandowski. Und auch Haaland würde er wohl gefährlich werden, sagt der Stürmer, der lange in der Abwehr spielte.
Er hat eine Quote wie Robert Lewandowski in der Bundesliga. Pro Spiel trifft der Stürmer eines Dortmunder Klubs im Schnitt zweimal. Nach acht Spielen hat er also schon 16 Tore auf dem Konto. Das ist ihm aber noch lange nicht genug.
„Die Corona-Pause kommt für mich gerade ziemlich ungünstig“, sagt Florian Kaiser, Stürmer des A-Ligisten TuS Holzen-Sommerberg. „Im Moment läuft es ziemlich gut vorm Tor.“ Fragt man ihn, warum es so gut läuft, antwortet der 26-Jährige: „Ein bisschen Glück, ein bisschen Können und wegen meiner Mitspieler.“
Konkret heißt das: „Ich habe eine gute Mischung drin, mal muss ich nach guter Vorarbeit nur den Fuß reinhalten, dann habe ich aber selbst auch gute eigene Aktionen.“ Eine solche hatte er beispielsweise am 3. Spieltag, als er sah, dass der Torwart von Hellweg Lütgendortmund zu weit vorm Tor stand und er den Ball aus 40 Metern ins Netz hämmerte. Auch in diesem Spiel erzielte der Kapitän einen Doppelpack.
„Kaiser erster Alles“
Am vorerst letzten Spieltag vor der Corona-Pause traf er beim 7:0 gegen Kirchhördes Zweite dreimal. Beim 9:3-Sieg gegen Schürens Zweitvertretung sogar viermal. Es hätten sogar fünf sein können. „Aber dann hat sich ein Spieler, der jetzt erst aus der A-Jugend zu uns gekommen ist, beim Elfmeter den Ball geschnappt“, erzählt Kaiser. „Auf dem Platz habe ich natürlich nichts gesagt, aber in der Kabine gab es noch eine kurze Ansage.“
Denn – und das wusste der junge Spieler wahrscheinlich noch nicht – beim TuS Holzen-Sommerberg gilt die eher humorvoll gemeinte, aber durchaus so praktizierte Regel „Kaiser erster Alles“. Das gelte für Anstöße, Elfmeter und Freistöße.

Florian Kaiser (l.) traf in acht Spielen 16 Mal. © Bernd Paulitschke
Und dann so einen Elfmeter vom Fuß genommen zu bekommen, tut durchaus weh, denn Florian Kaiser jagt einem Ziel hinterher. Vor der Saison hat er um zwei Kisten Bier gewettet, dass er 25 Tore schießen wird. „Ich habe das mal hochgerechnet. Vor zwei Jahren stand ich bei 23 Toren, in der abgebrochenen Saison bei 16.“ Das müsste also klappen, dachte er sich.
Jetzt dann also die Corona-Pause. Kaiser bleibt optimistisch: „Ich brauche ja nur noch fünf Spiele, dann bin ich durch“, sagt er und lacht. Bisher traf er in allen Saisonspielen. Mittlerweile wurde das Ziel aber auch noch mal aufgestockt. Bei 30 Treffern gibt es vier Kisten Bier.
„Wir sind alle Freunde und verstehen uns echt gut“
„Die trinke ich dann natürlich nicht alleine. Da haben die Jungs ja auch was von“, sagt Kaiser. Beim TuS stimmt es auch neben dem Platz. „Wir sind alle Freunde und verstehen uns echt gut. Wir wollen natürlich immer gewinnen, aber Fußball ist auch nicht immer ganz so wichtig.“ Seit vier Jahren spielt er bei Holzen. Als Torjäger hat man ihn in Dortmund vielleicht auch deshalb noch gar nicht so wirklich auf dem Schirm.
Die Holzener, ein Dortmunder Klub, sind erst vor vier Jahren in die Dortmunder Kreisliga gewechselt, vorher waren sie in der Iserlohner Gruppe. Die Hallenstadtmeisterschaften spielten sie in Schwerte. Deshalb war Holzen in der Wahrnehmung immer eher ein Schwerter Klub. Wegen der Nähe sah sich der Klub auch eher dort verbunden. Viele Spieler gingen in Schwerte zur Schule.
Florian Kaiser ist dabei eigentlich kein Unbekannter. In der Jugend spielte er beim Hombrucher SV und TSC Eintracht. In der B-Jugend lief er für Wattenscheid in der Bundesliga auf. Den Aufstieg mit Eintracht in die A-Jugend-Bundesliga verpasste er nur knapp. Im Senioren-Bereich wechselte er dann zum Kirchhörder SC und spielte dort unter Co-Trainer Georgios Tatsis, der ihn später auch zu Holzen lotste. Dabei hatte er da eigentlich schon die Fußballschuhe beiseite gestellt.
„Nach einem Auslandsaufenthalt während des Studiums wollte er kürzertreten. Dann hat es aber noch mal in den Füßen gejuckt,“ sagt Kaiser. Auch wenn er wahrscheinlich höher spielen könnte, will er nicht wechseln. Eine Anfrage vom Hombrucher SV vor eineinhalb Jahren hat er abgelehnt.
Holzen spielt im System 4-2-3-Kaiser
Wenn der BVB anklopfen würde, würde er natürlich noch mal schwach werden, sagt Kaiser. „Ich vorne drin mit dem Haaland, das hätte schon was. Ach was, auf meine Quote muss der erst mal kommen. Der sitzt dann wahrscheinlich nur auf der Bank“, sagt er mit einem Augenzwinkern und lacht.
Der 26-Jährige war dabei gar nicht immer Stürmer. Eigentlich hat er immer im defensiven Mittelfeld oder in der Abwehr gespielt. Erst bei Holzen ist er Angreifer geworden und vorne mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Ob er spielt, wird in Holzen nicht groß diskutiert, auch wenn er aus beruflichen Gründen meist nur donnerstags und freitags zum Training kann.

Beim TuS Holzen-Sommerberg stimmt es in der Mannschaft. Florian Kaiser sieht keinen Grund zu wechseln. © Bernd Paulitschke
Sie spielen im System 4-2-3-Kaiser, sagen sie in Holzen scherzhaft. Das habe sich so eingebürgert, weil er nicht viel mit zurück arbeite, sagt ein Mitspieler. „Das ist aber für alle okay. Solange er vorne die Tore macht, kann er sich vorher auch schonen.“
Er teile sich seine Kraft ganz gut ein, sagt Kaiser und lacht. „Wahrscheinlich bin ich dadurch auch konzentrierter vorm Tor.“ Außerdem sei er sehr ballsicher, weil er eigentlich immer als Sechser gespielt habe. „Ich bin dadurch ziemlich kaltschnäuzig. Ich würde mich immer drauf lassen, weil ich immer für ein Tor gut bin. Aber natürlich habe ich auch gute Mitspieler“, hat er zum Abschluss auch nette Worte für seine Mannschaftskollegen übrig. Es sind schließlich seine Freunde.
Als gebürtiger Dortmunder bin ich großer Fan der ehrlich-direkten Ruhrpott-Mentalität. Nach journalistischen Ausflügen nach München und Berlin seit 2021 Redakteur in der Dortmunder Stadtredaktion.
