Dortmunder Profi-Fußballerin kritisiert den BVB: „Da hätten die einfach früher mit anfangen müssen“

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Dortmunder Profi-Fußballerin kritisiert den BVB: „Da hätten die einfach früher mit anfangen müssen“

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Nina Ehegötz (23) ist gestandene Bundesliga-Spielerin und hat bereits einiges erreicht. Sie hat Vorschläge, um den Stellenwert des Frauenfußballs zu verbessern und kritisiert ihren Herzensverein: den BVB.

Dortmund

, 09.01.2021, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Mit 16 Jahren in der zweiten Bundesliga debütiert, die Fritz-Walter-Medaille, Deutschland höchste Auszeichnung für den Fußball-Nachwuchs, erst in Silber gewonnen (U18), anschließend sogar in Gold (U19) sowie 19 Tore in 48 Junioren-Länderspielen für Deutschland erzielt.

Wäre Nina Ehegötz ein Mann, hätte sie jetzt wohl ausgesorgt. Wegen ihres Profi-Vertrages und Sponsoren-Verträge, die sich an ihre bisherigen Leistungen angeschlossen hätten.

Kein Vergleich mit Moukoko

Yousouffa Moukoko, seit wenigen Wochen jüngster Bundesliga-Spieler und -Torschütze aller Zeiten, schloss im Alter von 14 Jahren einen Sponsorenvertrag mit Nike ab, der ein Gesamtvolumen von zehn Millionen Euro umfasst haben soll.

Auch er gab sein Debüt im Erwachsenen-Bereich mit 16 Jahren, genau so wie Ehegötz, doch: „Ich würde mich jetzt nicht mit Yousouffa Moukoko vergleichen. Leute, die Frauen-Fußball nicht interessiert, haben das gar nicht im Blick.“

Ehegötz kann den Stellenwert des Frauen-Fußballs in der Gesellschaft einschätzen, hat auch konkrete Vorschläge, was sich da verändern soll. „Man sieht das in England ganz gut. Die großen Vereine arbeiten enger mit den Frauen-Teams zusammen, machen gemeinsam Veranstaltungen, um den Frauen-Fußball mehr Aufmerksamkeit zu geben.“

Lina Magull hatte in einem offenen Brief vor wenigen Tagen ähnliche Vorschläge gemacht und sich ebenfalls den Profi-Fußball in England als Vorbild genommen.

Auch von ihrem Heimatverein Borussia Dortmund hätte sich Ehegötz da mehr erhofft: „Am Beispiel von Borussia Dortmund sieht man es aktuell auch hier. Die machen eine Frauenabteilung auf und das meiner Meinung nach viel zu spät. Bis man ganz oben ist, dauert das ja auch noch eine Zeit. Da hätten die einfach früher mit anfangen müssen. “ Deutliche Worte der 23-Jährigen, die selbst auch BVB-Fan ist und einen klaren Wunsch hat: „Ich hoffe aber, dass die sich bemühen und das nicht nebenbei laufen zu lassen.“

Äußerlichkeiten spielen eine große Rolle

Hinzu kommt, dass Vorurteile gegenüber dem Frauen-Fußball gesellschaftlich verankert sind, die einen größeren Stellenwert deutlich schwieriger machen. „Oft kommt der Kommentar, wenn man sagt, dass man Fußball spielt: ‚Ach wirklich, du siehst ja gar nicht so aus“, und fügt an: „Generell ist es nicht nur bei mir so, sondern bei ganz vielen Fußballerinnen. Da stecken ganz viele Vorurteile in den Menschen.“

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Sie hört das von ihren Teamkolleginnen, sieht es in den sozialen Medien unter Postings zum Frauen-Fußball. „Ab in die Küche“, „Das ist ja gar kein Sport“ und weitere Kommentare, die Spielerinnen in Klischee-Rollen stecken. Das Äußere spielt immer noch eine große Rolle im Frauen-Fußball. „Das man darauf reduziert wird, das finde ich schon komisch und in einer gewissen Form diskriminierend dem Frauen-Fußball und uns Spielerinnen gegenüber“, sagt Ehegötz.

Gibt man auf der Video-Plattform Youtube ihren Namen ein, erscheint gleich ein sexistisches Video mit dem Titel „Nina Ehegötz - Most beautiful german socer player“. Ehegötz kennt das Video, in dem zahlreiche Bilder von ihr - privat als auch beim Fußball - präsentiert werden: „Irgendwie finde ich es ein bisschen komisch, weil man sich fragt, wer dahintersteckt und wer so was macht. Eigentlich geht es um den Fußball und nicht darum, wie man aussieht. “

Ehegötz selbst ging es ganz lange nur darum Spaß zu haben an ihrem Hobby. Beim PTSV Dortmund, den es mittlerweile nicht mehr gibt, wo aber auch Marco Reus seine ersten Schritte als Fußballer machte, spielte sie neun Jahre lang während ihrer Kindheit. Damals spielte sie immer gegen die Jungs. „Ich konnte ganz gut mithalten und habe nicht zurückgesteckt und noch härter gespielt als die Jungs, das hat mir Respekt eingebracht“, erzählt sie.

Ehegötz steckt sich hohe Ziele

Es folgt eine kurze Zeit bei der SG Lütgendortmund, ehe es dann zum FSV Gütersloh geht, wo sie ihr Debüt in der zweiten Bundesliga gibt. „Ich war auf jeden Fall schon nervös, aber bei uns Frauen ist die 2. Liga gar nicht so professionell, deshalb hatte ich mir da gar nicht so den Druck gemacht“, sagt sie. Über den 1. FC Köln, wo sie ihren ersten Profi-Vertrag unterschrieb und im Anschluss Bayer 04 Leverkusen, ging es zu Turbine Potsdam, wo sie aktuell unter Vertrag ist.

„Es ist im Frauen-Fußball fast gar nicht möglich damit auszusorgen, das schafft kaum jemand“, erzählt Ehegötz über die finanzielle Situation im Frauen-Fußball. „Sobald die Karriere vorbei ist, sollte man vorbereitet sein.“ Ehegötz ist auf dem Weg dahin, hat bereits während ihrer Zeit in Köln einen Sportmanagement-Bachelor abgeschlossen und absolviert momentan einen Master in Marketingmanagement.

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Dennoch hat sie noch einiges vor im Fußball-Business, möchte mit Potsdam noch hoch hinaus: „Ich habe mit Potsdam das Ziel mal Champions League zu spielen und mich weiterzuentwickeln, um auch mal ein Thema in der Nationalmannschaft zu sein.“

Auch eine Station im Ausland würde sie sich noch mal wünschen. Wo? Das weiß sie noch nicht, die Karriere würde sie aber gerne in ihrer Heimat beenden. Denn trotz aller Kritik, sagt sie: „Für mich ist auch der BVB ein Stück Heimat, da versuche ich viele Spiele zu gucken - auch von Potsdam aus.“