Wickeder Zweikämpfer (41) und die Karnevalsprinzessin (11) Eine Familiengeschichte, die bewegt

Wickeder Zweikämpfer (41) und die Karnevalsprinzessin (11): Eine Familiengeschichte, die bewegt
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Du sollst das Leben tanzen! 14. Januar 2012, die große Westfalenhalle! Christian Fröse schaffte das Kunststück, als Feldspieler bester Torwart der Hallenfußball-Stadtmeisterschaft zu werden. Das war so besonders, dass es nicht mal unterging in dem nie enden wollenden Jubel seiner Westfalia Wickede über den Titelgewinn. Immer wieder ließen sie Fröse hochleben, der für den verletzten Daniel Limberg eingesprungen war. Fröse hatte prächtig gehalten, und zwar auf einem Boden, der sich Tanzparkett nannte.

Zwölf Tage später definierte sich der Begriff Glück im Leben von Christian Fröse noch einmal in anderen Dimensionen neu. Seine Tochter kam zur Welt. Als wäre es vorbestimmt, wurde aus Mailin eine der begeistertsten Tänzerinnen Wickedes. Die karnevalsbegeisterte Mama Nadine hatte die Kleine bei ihrer Geburt in Wickedes guter Adresse KG Rot-Gold angemeldet. Mailin tanzte sich über Showtanz und Garde in die Herzen der Karnevalisten. Und seit November ist die heute elfjährige Tochter eines der leidenschaftlichsten Fußballer der Stadt eine echte Hoheit: Mailin I. ist Dortmunds Kinderkarnevalsprinzessin! Und das privat sanfte Raubein mit den tollen Reflexen und die junge Tänzerin sind ein Herz und eine Seele.

Tochter bekommt den Vortritt

Im Maximilian in der Stadt, wo Vater und Tochter gerne mal auf einen Snack einkehren, sitzen sie nebeneinander und lachen viel. „Wenn es um die Geschichten, Hallenmeistertitel und Karnevalstitel gehen soll, können wir beide viel erzählen. Ansonsten habe ich im Fußball eher weniger zu lachen“, sagt der leidgeprüfte spielende Co-Trainer des abgeschlagenen Landesliga-Schlusslichts Westfalia Wickede. „Daher darf es heute gerne um sie gehen.“

Sie ist die typische Elfjährige, die mit der Switch spielt, am Handy sitzt und gerne lässig in ihren Air Jordans rumläuft. Aber wenn sie spricht, scheint es so, als wäre sie reifer als mancher Amateurfußballer in den Dreißigern. Ruhig, sehr bedacht drückt Mailin sich aus, aber keinesfalls gestellt. „Ich tanze so gerne, weil ich dabei ich selbst sein kann.“

Das klingt schon sehr erwachsen, gerät spätestens nach gemeinsamer weiterer Erläuterung von Vater und Tochter aber ins Witzige: „Mailin hat schon im Kindergartenalter Musik geliebt und dazu getanzt. Wenn sie nach Hause kam, machte sie die Tür zu und tanzte erst einmal“, erklärt der Papa. „Ich tanze einfach drauflos“, sagt sie, „daher meine ich das mit dem Ich-Sein, da mache ich mir keine Regeln. Ich liebe Musik“, ergänzt sie. Dann ein gelöstes verschmitztes Lächeln: „Aber nicht in der Schule.“ Heißt: Blockflöte nein, Lea und Mark Forster unbedingt.

Der Papa hat seinen Spaß: „Ich weiß, wir wollen über Sachen sprechen, die Fußballer und Tänzerin verbinden, da schicke ich ehrlicherweise vorweg, dass ich sowas von gar nicht tanzen kann. Das hat Mailin nur von meiner Frau. Auch die Begeisterung für den Karneval. Meine Schwiegereltern und Nadine haben sie gleich zur Geburt in der Karnevalsgesellschaft angemeldet. Irgendwann hat Mailin in der Garde getanzt. So bin ich auch erst zum Karneval gekommen.“

Kein Lampenfieber

Mittlerweile ist der Papa nur noch „Gefolgschaft ihrer Hoheit“. „Das aber“, erläutert Christian, „ist auch logisch. Mailin liebt die Bühne. Ich stehe nicht so gerne im Mittelpunkt.“ Der Papa, der seiner Tochter nie etwas zumuten würde, was sie nicht möchte, blickt doch immer wieder erstaunt in ihren straffen Terminkalender: „Heute war sie spontan noch bei einer Seniorenveranstaltung.“

Kein Problem für Mailin I. „Das war anders, aber nett mit den älteren Menschen. Mir macht das einfach Spaß. Ich sage meinen Spruch auf und freue mich, wenn die Leute im Saal glücklich sind. Und ich bin gerne da, wo was los ist.“

Mit Prinz Nicklas I., Adjutant Tom, Standartenträger Leon und den Paginnen Isabella und Lia ist sie derzeit schon im Dauereinsatz. Aber wenn es dann richtig in die heiße Phase geht, sind wirklich ausdauernde Kinder gefragt: Mailin lächelt wieder ihr kesses Lächeln, wohl wissend, dass mancher Erwachsene denkt: Wie schafft sie das? „Ganz einfach mit Spaß. Und ich bin ja immer gut vorbereitet, weil ich vorher meine Texte lerne. Auf der Bühne ist es immer lustig. Karnevalssonntag haben wir neun Veranstaltungen, die schaffen wir auch.“ Und Lampenfieber? „Nein, habe ich nicht. Ich trete gerne vor vollen Sälen auf. Ich bleibe da ruhig.“ Wenn das der impulsive Papa mal nach zweifelhaften Schiedsrichter-Entscheidungen von sich behaupten könnte.

Das Wembley der Karnevalisten

Highlight ist der Kinderkarnevalszug. „Da werfen wir die Bonbons in die Menge. Das wird lustig. Früher musste ich immer laufen, heute sitze ich im Wagen.“ Und Frau von Welt hat die Welt schon gesehen. „Wir waren in Köln, ich durfte das Dreigestirn kennenlernen und an einer Sitzung teilnehmen, neben dem Kinderkarnevalszug das absolute Highlight für mich.“ Christian Fröse, einer, der sich selbst nie für einen Meter auf dem Platz zu schade war, gönnt seiner Tochter das alles: „Köln ist für die Karnevalisten, was für uns Fußballer Wembley ist.“

Papa Christian und Tochter Mailin sind unzertrennlich.
Papa Christian und Tochter Mailin sind unzertrennlich. © Alexander Nähle

Kind glücklich, Vater glücklich! Gönnen ist in dieser Vater/Tochter-Beziehung keine Einbahnstraße. „Ich war schon immer gerne bei Papa mit am Platz und habe selbst gerne gespielt“, sagt die Tochter. Und die kleine Mailin verstand schnell, dass nicht nur Karnevalisten, sondern auch Fußballer Spaß verstehen. Gerade Christian war um gute Sprüche nie verlegen.

Selbst wenn der Papa kein Tänzer ist, auch die Begeisterung für Sport und Bewegung verbindet sie. Und doch war es Christian, dessen Markenzeichen in seiner Karriere der Ehrgeiz war, der seine Mailin etwas bremste: „Weil sie es gut kann, wollten sie Mailin für die Schulmannschaft verpflichten. Natürlich hatte sie dann auch überlegt, im Verein zu kicken. Aber das wäre einfach zu viel. Und die Schule ist wichtig. Aber.“

Mailin grätscht ihrem Papa, der selbst im hohen Fußballeralter in die Zweikämpfe einsteigt, kurz in die Parade: „Aber ich bin doch auch ganz gut in der Schule.“ Der Papa nickt und lacht, weil er ahnt, was jetzt kommt: „Spaß haben wir immer zusammen“, erzählt Mailin. „Wir lachen über uns, erzählen uns Witze. Und wir spielen auch gerne was. Am liebsten Mensch ärgere dich nicht.“

Das mit dem Nicht-Ärgern funktioniert bei den Menschen Fröse nur bedingt: „Was sie von mir hat, ist dieser Ehrgeiz.“ Da fliegen die Puppen schon mal durchs Wohnzimmer. Emotionen aber können auch positiv ausfallen, ob im Karneval oder Fußball gleichermaßen. „Wer uns beobachtet, würde denken, da läuft eine Slapstick-Comedy“, erklärt sie. Papa lacht wieder. „Wo sie recht hat, hat sie recht.“

Und doch verblüfft Mailin I. ihren Papa, als es um den Berufswunsch geht. Klar, Ärztin passt. Sie wolle Menschen helfen. Und sonst? „Ich möchte zur Sparkasse!“ Allgemeines Schweigen! Das passt nun wirklich gar nicht zu dem Quirl, der die Bühne liebt. Aber Mailin meint das völlig ernst. „Ich mag Englisch und Mathe!“ Mathe war auch des Papas Lieblingsfach, obwohl ihm an diesem so harmonischen Abend im Maximilian gar nicht nach Rechnen war. Denn jedes Modell, seine Westfalia aus dem Tabellenkeller zu rechnen, gehört schon nicht mehr in den Bereich Wahrscheinlichkeitsrechnung. Da müsste schon ein Wunder her.

Aber Wunder können sie natürlich, die Fröses, die Tage nach dem Triumph auf dem Tanzparkett einer Tänzerin das Leben schenkten. Ein Geschenk ist Mailin I. für den erfolgreichen Fußballer in jedem Fall, ob einfach als Tochter, als Tänzerin, als Prinzessin, als gute Schülerin – oder auch als Sparkassen-Mitarbeiterin. Fußball und Karneval haben komische Seiten. Bei dem Gedanken, dass Mailin I., die lockere, natürliche Entertainerin, nicht im Karnevalskostüm, sondern im seriösen schwarzen mal Kundengespräche führt, müssen dann alle gemeinsam lachen.

Der Philosoph Friedrich Nietzsche hatte den Satz, „Du sollst das Leben tanzen“, gesprochen. Wäre er heute noch unter den Lebenden und hätte Christian I, den ersten Spieler als Hallentorwart, und seine Tochter Mailin I. getroffen, hätte er bestimmt gesagt: „Du sollst das Leben lachen!“

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