Dortmund hat seinen eigenen Marathon-Star „Dieser Sport macht süchtig“

„Dieser Sport macht süchtig“
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Nach seinem ersten Marathon dachte er „Nie wieder!“. Das war 2012. Doch mit dem Laufen aufgehört hat Sascha van Staa seitdem nicht - ganz im Gegenteil. Der 32-jährige Langstreckenspezialist vom Laufclub Rapid Dortmund feierte erst letztes Jahr seinen größten bisherigen Erfolg: den vierten Platz bei den Deutschen Meisterschaften über die Marathondistanz. Längst gewinnt der junge Familienvater und hauptberufliche Lehrer regelmäßig die Straßenläufe in Dortmund und Westfalen.

Den Weg zu den „Rapidos“ fand er 2013 mit 21 Jahren, nachdem er in seiner Kindheit und Jugend Fußball gespielt hatte. Seitdem ging es unter seinem Trainer Günter Schrogl steil bergauf. Die Wettkampfstrecken wurden immer länger und das Training intensiver. Doch der hohe Trainingsaufwand zahlt sich aus – das bewies er zuletzt beim diesjährigen Berlin-Marathon, als er als achtbester Deutscher über die Ziellinie lief. Seine Zeit: 2:18,45 Stunden. Anders als bei der DM starten beim Berlin-Marathon regelmäßig die deutschen Profis, die Deutschland international vertreten.

Beruf und Leistungssport

Um sich immer weiter zu verbessern, trainiert Sascha van Staa täglich, in sehr intensiven Trainingsphasen vor einem Marathon bis zu zwölfmal in der Woche. Und das, ohne Profi zu sein. Der gebürtige Dortmunder unterrichtet die Fächer Mathematik, Latein und Wirtschaftspolitik am Phoenix-Gymnasium Dortmund und ist zudem junger Familienvater. Sein Sohn Benicio ist zwei Jahre alt. Um die Familie, den Beruf und den Sport vereinbaren zu können, muss er auch Abstriche machen.

„Abends auszugehen und was zu unternehmen ist schwierig, weil schlichtweg die Zeit fehlt oder ich für die Trainingseinheit am nächsten Tag sonst nicht fit bin. Ich kann ein Stück weit nicht allen Freunden und allen in der Familie gerecht werden. Es ist aber nicht so, dass ich mich komplett isoliere. Beispielsweise sind wir im engen Familienkreis dennoch viel zusammen und fahren auch gemeinsam in die Trainingslager.“

In der Schulzeit stehen für Sascha van Staa zwischen 60 und 120 Wochenkilometer an, in der Marathonvorbereitung 110 bis 170. Das Training absolviert er meist nach der Schule, bei zwei Einheiten am Tag, am späten Mittag und nachmittags. Die Unterrichtsvorbereitung erledigt er größtenteils am Wochenende und in den Ferien arbeitet er vor.

Sieg beim Halbmarathon in Dortmund

Diese Doppelbelastung aus Beruf und Training ist kräftezehrend. „Im Referendariat war ich schon an meiner Belastungsgrenze. Auch jetzt gibt es noch Momente, in denen ich beispielsweise viele Korrekturen zu erledigen habe und ich mich dann frage, warum ich zusätzlich für den Sport noch so viele Anstrengungen auf mich nehme. Das sind Momente, in denen man dann ausgelaugt ist.“

Ernsthaft überlegt aufzuhören hat er aber nie. „Es sind die Ziele, die einen immer wieder motivieren. Dieser Sport macht einen süchtig.“ Auf die Unterstützung von Freunden und der Familie kann er sich verlassen. „Klar, wenn man selbst nie Leistungssport betrieben hat, fehlt manchmal vielleicht ein Stück weit das Verständnis, aber ich habe aus meinem persönlichen Umfeld nie böse Kommentare bekommen. Meine Frau ist diejenige, die mich am meisten unterstützt und auch noch nie gesagt, hat, dass ich mit dem Laufsport aufhören soll, sondern mich bestärkt und sagt, dass es mir guttut.“

Sascha van Staa verbesserte sich bisher bei jedem Marathon, den er lief. Nachdem er sich 2013 dem LC Rapid angeschlossen hatte, absolvierte er zunächst Bahnwettkämpfe. Seine Paradedisziplin: 3000 Meter Hindernis. In den Jahren 2016 (Kassel), 2017 (Erfurt) und 2019 (Berlin) qualifizierte er sich auf dieser Strecke für die Deutschen Meisterschaften – mit 24 Jahren wurde er 2016 im Finale Neunter. Mit der Zeit trainierte er auf längeren Distanzen. Besonders in Erinnerung bleibt ihm der Sieg beim achten Sparkassen-Phoenix-Halbmarathon in Dortmund 2018.

Lange Zeit Fußball gespielt

Bevor Sascha van Staa zum Laufsport kam, spielte er von Kindesbeinen Fußball und lief nur nebenbei. Sein langjähriger Heimatverein: Mengede 08/20. „Ich bin immer an den freien Tagen gelaufen und habe zudem an einigen Volksläufen teilgenommen.“ Im Laufe der Zeit steigerte sich das Laufpensum.

Noch als Fußballer lief er mit zwanzig Jahren seinen ersten Marathon in Köln und blieb immerhin unter vier Stunden. „Ich bin damals voller Euphorie gestartet und konnte auf den ersten zehn Kilometern viele Teilnehmer überholen. Doch die längste Strecke, die ich zur Vorbereitung gelaufen bin, war der Phoenix-Halbmarathon, weshalb ich dann eingebrochen bin. Im Ziel dachte, ich laufe nie wieder einen Marathon, weil ich so fertig war.“

Doch es kam anders. Noch im selben Jahr hörte er mit dem Vereinsfußball auf, um sich vollkommen auf den Laufsport zu fokussieren. „Ich war immer schon ehrgeizig. Nur spielten wir mit der zweiten Mannschaft in der Kreisliga A und in der ersten Mannschaft, die in der Westfalenliga spielte, saß ich nur auf der Bank. Deshalb habe ich dann in der zweiten Mannschaft gespielt. Da ging es vor allem um Spaß und mir fehlte der Erfolgshunger.“ Nach seinem Wechsel zum Laufsport blieb er dem Fußball und seinem Heimatverein dennoch weitere sieben Jahre als Jugendtrainer treu.

Bekannter Lokalmatador

Wenn Sascha van Staa in Dortmund und Umgebung bei Straßenläufen antritt, ist er stets als hoch gehandelter Favorit bekannt. „In den ersten Jahren kannte man mich ja noch nicht, aber jetzt werde ich bei den Läufen schon öfters angesprochen. So nach dem Motto: Wenn du auch am Start bist, haben wir ja keine Chance. Natürlich freut es mich, wenn die Leute mich kennen, aber die Erwartungshaltung macht auch Druck. Große Läufe, wie der Berlin-Marathon, sind ganz besonders, aber es ist auch immer wieder schön als Lokalmatador in der Heimat zu starten.“