250 Lebensjahre für den Fußball, verteilt auf drei freundliche Herren, saßen am Tisch im schmucken Vereinsheim des SV Brackel 06. Insgesamt bringen es Artur Hilsmann, Gerd Wild und Gerd Wroblewski auf 170 Jahre Mitgliedschaft in ihrem geliebten Verein. Das macht selbst den extrovertierten, sehr rührigen Vorsitzenden Olaf Schäfer demütig: „Hier sitzt die Seele des SV Brackel 06. Wegen dieser drei Männer ist der Verein über die Jahre so erfolgreich und harmonisch geblieben.“
SV Brackel 06: Erinnerungen an die alten Zeiten
Und da sitzen der Erwin, hier nennen alle Artur Hilsmann beim zweiten Vornamen, und die beiden Gerds und lachen wissend. „Wir duzen uns hier alle. Das Alter spielt keine Rolle. Wir sind alle Fußballer“, stellt Schäfer das noch einmal klar, was die Herren ohnehin trotz des Respekts des Besuchs vor deren Lebenswerken vorausgesetzt hatten.
Also beginnt Erwin (83). 71 Jahre, welch eine Zahl, ist er im Verein. „In Sandalen und Lederhosen stand ich da und habe auf der dunklen Asche unten an der Flughafenstraße zum ersten Mal mittrainiert. Zu Hause gab es dann eine Abreibung, weil ich natürlich total dreckig war“, erinnert er sich an seinen ersten Tag. Der junge Artur, oder Erwin, erhielt aber schnell den Segen seiner Eltern, im Verein spielen zu dürfen. Vielleicht war es das „Wunder von Bern“, die Weltmeisterschaft der Nationalmannschaft, das sich 1954 positiv auf die Entscheidung der Hilsmanns auswirkte.

Weder gab es kaum eine Position auf dem Feld noch im Verein, die Erwin nicht innehatte. „Nur Torwart war ich nicht“, stellt er klar. Er fühlt sich noch heute an derm Ort, an dem der Verein seit 1970 beheimatet ist, sehr wohl. „Klar, früher hatte der Fußball einen ganz anderen Stellenwert: Wir hatten hier einmal 3000 Zuschauer, als wir 1982 in die Bezirksliga aufstiegen.. Der Verein war Treffpunkt für Groß und Klein. Die Frauen waren mit, die Kinder auch. Der Sportplatz war für alle da.“
Heute kommt er immer noch regelmäßig auf ein Bierchen vorbei. „Ich liebe diesen Verein wegen der Gemeinschaft. Das Leben im Verein hinterlässt Spuren. Wir sind mit ihm großgeworden, haben alle Höhen und Tiefen erlebt. Einfach ein bisschen klönen, gerne auch über unseren BVB. Das gehört auch heute noch dazu. Aber Fußball bleibt immer mein Leben.“ Wenn sich der Fußball bedanken könnte, würde er anstelle von Blumen unfassbar viele Tore für seine Herzensteams zurückschicken.
SV Brackel 06: Gerd Wild seit 52 Jahren im Verein
Und dann geht der Querpass rüber die Gerd Wild (81), seit 52 Jahren mit Leib und Seele Brackeler und heute immer noch stellvertretender Vorsitzender. „Erwin und ich sind immer in Brackel geblieben“, stellt er sofort klar. „Wir kamen aus dem Oberdorf ins Unterdorf“ berichtet der immer noch stets präsente Wild.
Er erzählt besonders gerne von den Zeiten bei den Alten Herren. „Erwin, da sind wir doch immer schön ins Münsterland gefahren. Und auch mit den Junioren hat es immer Spaß gemacht. Wir hatten einen Austausch mit Niederländern. Die Eltern haben im Hotel gewohnt, die Kinder da und hier in Brackel in Gastfamilien. Das war einfach so schön, wie der Fußball verbunden hat. Wir waren die ersten Fußballer, die Kontakte in unsere Partnerstadt Netanya in Israel knüpften. Und wir waren nach der Wende auch in Zwickau.“ Der SV Brackel ist eben mehr als nur 90 Minuten Fußball. Und Gerd Wild war der Garant für viele neue Freundschaften.
Aber Gerd Wild hat auch eine Gegenwart im Verein: „Dass ich heute noch weitermache... Ja, sie haben mich wieder gefragt. Dann unterstütze ich den Verein eben noch etwas. Aber ich bin eben auch gerne hier.“ Und wenn er mal nicht vor Ort ist, geht er ins Wohnzimmer und betrachtet die Bilder. „Da stehen auch die ganzen Namen. Das waren so viele. An alle Weggefährten kann ich mich nur dank ihnen erinnern.“
Der Ball rollt rüber zum einzigen Nicht-Ur-Brackeler in dieser schönen Runde. Gerd Wroblewski (86, 47 Jahre im Verein) zog aus der Nordstadt nach Brackel. „Ich war kein so herausragender Fußballer und habe in der 2. Mannschaft vom SC Dortmund 97/08 gespielt. Meine Leidenschaft ist es aber, Schiedsrichter zu sein.“
Und was heute gilt, war früher nicht anders: Die Nullsechser nahmen den „Schiri-Gerd“, der an der Linie den späteren Bundesliga-Schiedsrichter zu Spielen begleitete. Klar, Zeit für Anekdoten, anders geht es doch gar nicht, wenn die alten Fuhrmänner ins Klönen geraten: „In Schöppingen stand ich mal an der Linie, direkt hinter mir die Schweine auf der Wiese. Ich war so froh, als Manfred endlich abpfiff. Es stank so fürchterlich.“ Bis zum 50. Lebensjahr war Gerd Wroblewski Schiedsrichter, dann war er Beobachter und Betreuer der vereinseigenen Schiedsrichter.
Sandalen, Schwarze Asche, Schweine - Fußball damals war eben doch eine andere Welt. Aber gefeiert haben sie natürlich trotzdem gerne. „Das waren schöne Feste“, erinnert sich Erwin. Olaf Schäfer lauscht gebannt und rechnet nach: „Ich kam dann vor 36 Jahren dazu. Wir waren immer ein Team, diese Drei waren so wertvoll“, sagt der Vereinsboss. „Unser Erste Mannschaft spielt seit über 40 Jahren überkreislich. Das geht natürlich nur mit den guten Fußballern, aber auch nur mit solchen selbstlosen Ehrenamtlern im Verein.“
Kritischer Blick auf Entwicklung des Fußballs
Natürlich gehört auch Wehmut dazu: „Dass Fußballer, die aus der Nachbarschaft kommen, ein Leben lang ihrem Verein verbunden bleiben, gibt es nicht mehr“, sagt Erwin Hilsmann. „Na klar vermissen wir das auch“, spricht Gerd Wild für alle. Und Erwin ergänzt: „Früher hast du am Sonntag hier am Platz alle Brackeler getroffen. Das ist aber leider nicht nur in Brackel heute anders.“
Aber Brackels treues Trio bleibt sich und dem Verein treu: „Wenn du kein Ziel mehr hast und im Sessel sitzt“, sagt Erwin mit seinem gönnerhaften Lachen, „dann gehst du ein.“ Und so treffen sie sich immer noch am Fußballplatz. Gerd Wild aber hätte dann doch gerne die Rolle des „gefühlten Trainers, der alles besser weiß“ und nur noch über Fußball redet. Er verbindet das mit der Bitte: Wenn wir einen 2. Vorsitzenden finden, höre ich auf.“ Aber im Verein bleibe er natürlich, versichert er wie seine beiden alten Mitstreiter.
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