BVB-Handballerinnen verpassen zweites Saisonziel Weltmeisterin lässt Ausrede nicht gelten

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Was für ein Gegensatz. Vor exakt sechs Monaten hatten die Handballerinnen mit ihrem dritten Platz beim Final4 der European League in Graz nicht nur für den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte gesorgt, sondern auch auf dem Heimflug für ausgelassene Partystimmung.

Das Bier floss, selbst der Flugkapitän war fasziniert. Und am Sonntag? Auf der zweieinhalbstündigen Busfahrt durch das ebenso kalte wie dunkle Süd-Ostrumänien von Braila nach Konstanza nahe der bulgarischen Grenze war es mucksmäuschenstill.

Es war aber nicht der eisige Wind und die Temperaturen unter Null, die Stimmung unter den Gefrierpunkt drückten. Die 22:27-Niederlage im Rückspiel bei HC Dunărea Brăila hatte für eine gewisse Nachdenklichkeit gesorgt beim Vorstand um Rupert Thiele und Andreas Kuno sowie Chefcoach Henk Groener.

Verständlich, ist doch der Druck enorm, die Saison zumindest in der Bundesliga erfolgreich abzuschließen.

Gut, auszuschließen war eine Niederlage im Rückspiel absolut nicht. Aber man hatte natürlich mehr erwartet. Warum auch nicht. Schon einmal hatten die Borussinnen eine kleines Wunder geschafft und im letztjährigen Viertelfinale Neptunes Nantes nach hohem Rückstand noch aus dem Rennen geworfen.

BVB „Wir haben das zweite Saisonziel verpasst“

Abteilungschef Rupert Thiele sagte es ohne Umschweife: „Wir haben jetzt bereits das zweite Saisonziel verpasst nach dem Ausscheiden aus dem DHB-Pokal und der European League. Jetzt müssen wir unbedingt in der Liga Platz drei belegen, um auch im kommenden Jahr international zu spielen.“

Andreas Kuno, der Sportliche Leiter, hielt seinen Frust erst gar nicht zurück: „Wir müssen wieder anfangen, mit Überzeugung Handball zu spielen. Und zwar auf allen Positionen, im Auftreten, in der Körpersprache. Das muss man nicht vor dem Spiel machen, das muss man auf der Platte zeigen. Das ist das, was ich im Moment vermisse. Wir haben viele, auch erfahrene Spielerinnen, gute Spielerinnen, die müssen es auch wieder zeigen.“

Henk Groeners BVB-Handballerinnen zeigten eine schwache Angriffsleistung.
Henk Groeners BVB-Handballerinnen zeigten eine schwache Angriffsleistung. © Ludewig

Das waren klare und direkte Worte. Borussen-Cheftrainer Henk Groener suchte nach Erklärungen für die Pleite. Dabei wollte er es nicht an mangelnder Einstellung festmachen. Denn die kämpferische Leistung stimmte. Was aber nicht stimmte, war die wieder schwache Offensivleistung.

Beim mageren 26:23-Sieg vergangene Woche reichte das noch, um Schlusslicht Neckarsulm zu schlagen. In Braila war das nicht genug.

BVB zeigt schwache Angriffsleistung

Immer wieder wurden Bälle verspielt, fehlerhaft abgespielt. Oder landeten bei Torfrau Kira Trusova. Die Fehlerquote war enorm, in der ersten Hälfte reichte das gerade mal für neun Tore. „Das ist einfach zu wenig“, haderte Henk Groener.

Im zweiten Durchgang wurde es zwar besser, doch führten zwei Leichtsinnfehler im Angriff in der 50. Minute dazu, dass Braila bei Dortmunder 7:6-Überzahlspiel das Leder im leeren Tor versenkte und von zwei auf vier Tore Vorsprung davonzog. Das war die entscheidende Phase in Braila.

Abteilungsleiter Rupert Thiele musste ansehen, wie die BVB-Handballerinnen auch das zweite Saisonziel verpassten.
Abteilungsleiter Rupert Thiele musste ansehen, wie die BVB-Handballerinnen auch das zweite Saisonziel verpassten. © Ludewig

Die Borussinnen hätten sich nach dem Schlusspfiff am liebsten vergraben, ihre Köpfe unter den Kapuzen der Trainingsjacken versteckt. Als ob sie sich nach diesem bitteren Ausscheiden unsichtbar machen wollten. Unmittelbar vor ihnen feierten und hüpften die Siegerinnen aus Braila ausgelassen wie kleine Kinder.

Irgendwie wirkten sie selbst noch ein wenig überrascht von ihrem Coup.

Dass der BVB seit Wochen und Monaten unter einer argen Verletzungsmisere leidet, ist bekannt. Doch Tess Lieder, aufgrund ihrer Erfahrung und Erfolge sicherlich eine der Meinungsführerinnen in der Mannschaft, ließ das nicht gelten.

BVB: Tess Lieder lässt Entschuldigungen nicht gelten

„Das wissen wir jetzt seit langer Zeit. Und die Situation wird sich auch nicht ändern. Damit müssen wir leben und können es nicht immer als Entschuldigung anführen“, so die niederländische Weltmeisterin.

Nach zwei starken Jahren in der Champions League und einer sensationellen Spielzeit in der European League fehlt die Borussia erstmals in der entscheidenden Phase eines europäischen Wettbewerbs.

Es ist offensichtlich, dass ein hochkarätiger Neuzugang her muss, um in der Bundesliga zumindest nicht auch noch das letzte Saisonziel nicht aus den Augen zu verlieren.