Seit im September 2024 ein Insolvenzeröffnungsverfahren gegen den TuS Bövinghausen läuft, kämpft der Verein von der Provinzialstraße gegen die Einstellung des Spielbetriebs. Klub-Boss Ajhan Dzaferoski will die endgültige Löschung nach wie vor unbedingt verhindern.
Im Zentrum des Geschehens stand hierbei in den letzten Wochen und Monaten vor allem die Oberliga-Mannschaft. Nun umgibt allerdings auch die Kreisliga-Reserve ein empfindliches Wechsel-Theater: Bövinghausen möchte die Spieler nicht ablösefrei zu einem Dortmunder Konkurrenten ziehen lassen.
Spieler flüchteten vor dem Krieg in der Ukraine
Die zweite Mannschaft des TuS Bövinghausen spielt in der Saison 2024/25 in der Kreisliga C4. Nach der Hinrunde belegte das Team den fünften Tabellenplatz. Ähnlich wie bei der Ersten stellt sich aber auch hier die Frage: Wird Bövinghausens Reserve den Spielbetrieb überhaupt aufrechterhalten können? „Aktuell müssen wir noch schauen, ob wir genügend Spieler zusammen bekommen“, sagt Dzaferoski.
Das Problem: Im Dezember 2024 meldete sich ein Großteil der Kicker vom Verein ab, um sich einem anderen Dortmunder Team anzuschließen. Ziel der TuS-Spieler war einer der ältesten Vereine der Stadt, der Traditionsklub TuS Neuasseln. „Bei uns sind im Winter einige Spieler der zweiten Mannschaft altersbedingt zu den Alt-Herren gewechselt. Wir haben dann eine Ausschreibung gestartet, auf die sich zehn ehemalige Spieler von Bövinghausen II gemeldet haben“, erklärt der Vorsitzende des TuS Neuasseln, Ralf Schemann.
Die Zweite aus Neuasseln spielt ebenfalls in der Staffel C4.

Zwei potenzielle Neuzugänge wären noch für die A-Jugend spielberechtigt gewesen. Da es eine solche in Bövinghausen aber nicht gibt, gehörten sie zum Reserve-Kader. Bei den anderen acht Kickern handele es sich um Spieler aus der Ukraine, die vor dem Krieg gegen ihr Land geflüchtet waren.
„Der Großteil von denen spricht noch kein Deutsch. Wir sehen das Ganze deswegen auch als eine Art Projekt für Integration“, sagt Schemann. In Neuasselns Heimstätte, dem Schleswig Stadion, gibt es ein Vereinsheim für alle drei Mannschaften. „Nach dem Training sitzen wir oft zusammen, holen noch eine Kiste Getränke dazu und haben gemeinsam Spaß. So kommt jeder mit jedem ins Gespräch“, sagt der 54-Jährige.
Für die Spieler aus der Ukraine, die seit etwa einem Monat mit der zweiten Mannschaft an der Holzwickederstraße trainieren würden, sei dies eine gute Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.
Viel mehr als Trainieren werden sie in der nächsten Zeit tatsächlich auch nicht können, da sich beide Seiten nicht auf einen Wechsel einigen konnten. Sehr zum Ärger des TuS Neuasseln.
Ajhan Dzaferoski: „Das ist ohnehin eine absolut disziplinlose Truppe“
„Wir haben die Spieler angemeldet und Trainingsanzüge für sie bestellt. In guter Manier haben wir natürlich auch den TuS Bövinghausen angeschrieben. Womit wir nicht gerechnet haben, war die Antwort“, sagt Ralf Schemann.
Denn anders als von Neuasseln erhofft, wollte Klub-Boss Ajhan Dzaferoski die Spieler nicht ablösefrei ziehen lassen. Zum Hintergrund: Im Winter sind Ablösesummen im Amateurfußball frei verhandelbar. Abmelden und bei einem neuen Verein anmelden, reicht nicht aus. Die Kicker sind deswegen nun für ein halbes Jahr gesperrt.
Denn: Dzaferoski forderte zunächst 500 Euro pro Spieler. Insgesamt wären also 5000 Euro fällig geworden. „Unser Verein kann und möchte solch horrenden Summen nicht bezahlen. Für mich war das Gespräch deswegen an dieser Stelle beendet“, sagt Schemann.
Auf die Verhandlungen angesprochen erklärte Ajhan Dzaferoski gegenüber dieser Redaktion. „Eine Mannschaft zurückzuziehen, kostet Geld. Außerdem sind bei den Spielern noch einige Mitgliedsbeiträge offen. Wir hätten die Spieler auch für 250 Euro gehen lassen. Das ist ohnehin eine absolut disziplinlose Truppe, allerdings möchten wir auf keinen Kosten sitzen bleiben“, betont Bövinghausens Vorsitzender.
Mit der Aussage „disziplinlosen Truppe“ spielt Dzaferoski unter anderem auf das abgebrochene Ligaspiel in der Hinrunde gegen den BV Lünen II an. Darüber hinaus blieb das Team sportlich aber in Schlagdistanz zur Aufstiegs-Relegation: Sechs Zähler trennt die Bövinghausen-Reserve nach der Hinrunde von Platz zwei.
Wechsel auch im Fall einer Insolvenz nicht ohne Ablöse
Dass die Spieler der Zweiten nun für ein halbes Jahr aufs Fußballspielen verzichten müssen, daran sei Bövinghausen nicht schuld. „Die haben darauf spekuliert, dass der Verein gelöscht wird und die Spieler deswegen ablösefrei wechseln können. Beim Pokern haben sie sich aber verzettelt“, sagt Dzaferoski.
Der TuS Neuasseln erklärte, nach den aus ihrer Sicht „unverhältnismäßigen Ablöseforderungen für Amateure in der Kreisliga C“ tatsächlich auf eine Insolvenz gesetzt zu haben.

Allerdings hätten die Kicker auch dann nicht zum TuS Neuasseln wechseln dürfen, wenn Bövinghausen bereits insolvent gegangen wäre. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) bestätigte dies gegenüber unserer Redaktion: Erst nach vollständiger Auflösung des Vereins wird die Mitgliedschaft beim Verband beendet und Spieler dürften frei wechseln. Damit ist aber erst etwa ein Jahr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu rechnen. Also im September 2025.
Aus Sicht des TuS Neuasseln aber nicht das eigentliche Problem. „Wir reden hier von Amateurfußballern in der Kreisliga C, die aus Städten wie Charkiw oder Donezk flüchten mussten, weil ihr Leben bedroht wurde. Denen wollten wir ein wenig Normalität ermöglichen. Dass diese Menschen jetzt frühstens im August wieder kicken dürfen, ist aus meiner Sicht komplett befremdlich und eine absolut traurige Geschichte“, so Ralf Schemann.
Dem TuS Bövinghausen bleiben derweil noch knapp zwei Wochen, um beim Rückrundenstart genügend Spieler für die Reserve zur Verfügung zu haben. Aktuell seien es noch etwa „sieben oder acht“, wie Ajhan Dzaferoski erklärte.