Wer hat noch alte Spielerpässe? Als Johannes Jackisch den Aufruf las, klingelte es sofort bei ihm. Denn der frühere Geschäftsführer des FC Rhade hatte noch so manches alte Schätzchen im Schrank. Zwei davon konnte er sogar noch überreichen.
Der ältere ¬ vielleicht der des ältesten noch lebenden FC-Spielers ¬ gehört Bernhard Heine, geboren am 8. Juni 1936 und spielberechtigt ab dem 6. Juli 1950. Doch besonders lang währte die Karriere nicht: „Ich hab‘ nur ein Jahr gespielt“, erzählt der rüstige Senior. Dabei war Vater Bernhard senior bei der Neugründung des FC Rhade nach dem 2. Weltkrieg sogar 2. Vorsitzender des Vereins, und von den insgesamt sechs Heine-Jungs spielten alle sechs beim FC Rhade Fußball.
Des Rätsels Lösung: „Ich habe eine Bäcker-Lehre angefangen“, erklärt Bernhard Heine. Und zwar nicht in Rhade, sondern in Datteln. „Da war ich dann drei Jahre weg.“ Denn nach Hause ging es bestenfalls mal am Wochenende. „40 Kilometer mit dem Rad. Samstags hin und sonntagsabends wieder da sein ...“

„Das solltest du heute mal einem zumuten“, sagt auch Alfons Windbrake, der andere FC-Rhade-Veteran, dem Johannes Jackisch noch den Spielerpass von einst aushändigen konnte.
Windbrake ist Jahrgang 40, sein Spielerpass ab dem 12. Januar 1955 gültig und seine Karriere beim FC Rhade quasi das Gegenmodell zu der von Bernhard Heine.

Denn Jung-Alfons blieb nicht nur dem Fußball, sondern auch dem FC Rhade über viele Jahrzehnte treu. Mit 18 ging es für den Allrounder, der irgendwann jede Position gespielt hat, meist aber defensive Aufgaben hatte, in die erste Mannschaft. „Da bin ich viele Jahre geblieben.“ Bis es in die Zweite ging. „Und prompt ist die Erste ohne mich in die Bezirksliga aufgestiegen“, sagt er und kann selber drüber lachen.
Gegen den BVH Dorsten setzte ein kniepiger Fan aufs falsche Pferd
Genau wie über viele andere Erinnerungen. Etwa jenen Fan, der im ganzen Dorf für seinen Geiz bekannt war und der Mannschaft eines Tages trotzdem eine besondere Prämie versprach: „Das war 1958 im Pokal gegen den BVH“, erinnert sich Alfons Windbrake: „Das Spiel konnten wir nicht gewinnen, deshalb versprach uns der kniepige Kerl eine Runde, wenn wir es doch schafften.“ Und wie es die Fußballgötter wollten: Rhade gewann 1:0, der Geizhals musste blechen und die Mannschaft freute sich doppelt.
„Blau-Weiß Wulfen schaute auf den BVH und wir auf Wulfen“
Auch die Duelle mit den Nachbarn aus Wulfen sind Alfons Windbrake, aber auch Bernhard Heine noch sehr präsent: „Die Wulfener trugen die Nase immer ein bisschen hoch. Das waren immer hitzige Duelle.“ Die beiden Rhader hatten und haben aber auch Respekt vor der damaligen Truppe der Blau-Weißen. „Das war die Zeit der legendären Albers-Brüder. Albers eins bis vier, hießen die: Jupp, Franz, Leo und Charly. Und was der Wulfener Vorstand so machte, hatte schon Hand und Fuß. Damals schauten sich die Wulfener ab, was der BVH so machte, wir schauten auf die Wulfener, und die Lembecker guckten sich dann bei uns was ab“, beschreibt Alfons Windbrake die Hierarchien im damaligen Fußball in der Herrlichkeit Lembeck.

Einen besonderen taktischen Kniff gab es zu seinen aktiven Zeiten auch bei Auswärtsspielen in Ramsdorf. „Da lag der Platz direkt neben dem Freibad und der Aa. Wenn man da geführt hat, dann wurde der Ball immer nur in den Fluss geschossen“, verrät Windbrake.
Und wenn der Gegner dann doch mal in Ballbesitz war und gefährlich vors Rhader Tor kam, dann konnten sich Windbrake und Co. auf ihren Torwart verlassen: Heinz Heine, den jüngsten Bruder von Bernhard. „Er war ein hervorragender Torwart und der letzte gute, der aus Rhade kam. Danach“, sagt Alfons Windbrake, „mussten wir immer welche von auswärts holen.“
Alfons Windbrake war „die Stimme des FC Rhade“
Und Windbrake muss es wissen. Denn er hat das Geschehen beim FC Rhade auch nach seiner Spielerkarriere aktiv mitgeprägt, hat im Vorstand gearbeitet und war über 20 Jahre lang Stadionsprecher am Dahlenkamp.
Er hat die Glanzzeiten des FC miterlebt mit dem „Schuster“ Josef Windbrake und Theo Strotmann als Machern oder Trainern wie Klaus Täuber und Norbert Elgert. Er hat aber auch den Niedergang bis in die Kreisliga gesehen, und als es 2013 zur Fusion des FC Rhade mit den Sportfreunden kam, da konnte Alfons Windbrake ähnlich wie andere alte Weggefährten sich damit nicht mehr identifizieren: „Von den Alten ist ja auch eh keiner mehr am Platz.“ Deshalb verfolgt er die Ergebnisse der SSV-Teams nur noch in der Zeitung. Ob er in zwei Jahren zur 100-Jahr-Feier des Vereins geht? Er weiß es noch nicht. Dabei hätte er auch dort sicher jede Menge zu erzählen.

Etwa von seinen ersten Fußballschuhen. „Fünf Mark haben die damals gekostet. Ich hab sie gebraucht gekauft, und weil ich dachte, die Füße wachsen noch, hab‘ ich Größe 43 gekauft, obwohl ich nur 41 hatte. Da kommt der mit den Schnabelschuhen, hieß es immer.“ Doch Alfons Windbrake konnte es verschmerzen, denn am Ende verkaufte er sein erstes Paar Fußballschuhe sogar noch mit Gewinn: „Für sieben Mark.“
Die ersten Schuhe sind also längst weg, den ersten, abgewetzten Spielerpass hat Windbrake aber nun wieder und wird ihn genau wie die Fotos aus alten FC-Tagen in Ehren halten.
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