Was sich am 23. Oktober 2022 auf dem Kunstrasenplatz der Sportanlage Gemeindestraße in Bochum zutrug, hatte mit „gemeinsam“ nichts mehr zu tun. War die Bezirksliga-Begegnung zwischen SV Phönix und CF Kurdistan Bochum noch schiedlich 1:1 ausgegangen, eskalierte die Situation mit Schlusspfiff. So schildert es Ulrich Sprick. Der Waltroper ist Mitglied der Bezirksspruchkammer V beim Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen. 17 Jahre ist Sprick in der Rechtsprechung tätig - das Verfahren stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten, sagt er.
Dreieinhalb Stunden tagte die Rechtsinstanz, zu verhandeln waren Tumulte in einem Ausmaß und von einer Schwere, wie sie das Sportgericht noch nicht zu verhandeln hatte. Die Partie vor 300 Zuschauern (diese sind im offiziellen Ergebnisportal dfb.net vermerkt) war offenbar umkämpft, Außenseiter Phönix kam dabei zu einem 1:1. Dann pfiff der Unparteiische ab. Was danach passierte, ist kaum zu beschreiben.
Hubschrauber war in der Luft - Verdächtiger flieht
Erst muss es übelste Beleidigungen gegen den marokkanisch-stämmigen Schiedsrichter gegeben haben, bei denen sogar das Wort „Nazi“ gefallen sein soll. Dann soll es mehrere bösartige Attacken auf den Referee gegeben haben. Auch Zuschauer sollen auf dem Spielfeld gewesen sein. Die Krankenakte des Schiedsrichters umfasste nach den Attacken gegen ihn übelste Verletzungen wie einen Augenhöhlenbruch und Kieferbrüche. Spieler des Heimvereins Phönix sollen versucht haben, Schlimmeres zu verhindern. Die Polizei war nach Medienberichten mit zehn Einsatzwagen vor Ort, auch ein Hubschrauber war in der Luft. Der Haupttäter war offenbar über alle Berge, auch das Sportgericht konnte diesen nicht ausfindig machen.
Trotzdem kam die Rechtsinstanz zu Urteilen: Mit einer Sperre von 8 Spielen am glimpflichsten davon kam der Torhüter, der den Nazi-Vergleich geäußert haben soll. Ein Trainer wurde für neun Monate für alle Ämter gesperrt, ein Betreuer für gar sechs Jahre aus dem Verkehr gezogen. Die Geldstrafen in dem Verfahren belaufen sich auf insgesamt fast 5.000 Euro. Alleine 3.000 Euro wurden gegen den Verein CF Kurdistan verhängt wegen „unsportlichen Verhaltens der Zuschauer“, wie es heißt. Die Hälfte der Geldstrafe ist zur Bewährung ausgesetzt.
Nichts hatte auf diese Eskalation hingedeutet
Für das Sportgericht war dieser Fall ein besonders unrühmlicher. Auch, weil er - wie so oft - sich nicht abgezeichnet hatte. „Der Verein Kurdistan war in den vergangenen Jahren nicht auffällig, im Gegenteil: Mannschaften berichten, dass man dort eigentlich immer sehr höflich behandelt worden sei“, berichtet Uli Sprick, der im fünfköpfigen Gremium als Beisitzer vertreten war. Der Waltroper ist erst seit dem Sommer 2022, nach der Neubesetzung der Sportgerichte durch den Verband, zuständig auch für den Seniorenbereich. Seitdem hatte Sprick schon drei Spielabbrüche zu verhandeln, wie er sagt.

Die Partie SV Phönix Bochum - CF Kurdistan gehört noch nicht einmal in diese Kategorie, sie geht mit 1:1 ganz regulär in die Wertung ein. Im offiziellen Ergebnisportal dfb.net ist zu dem Spiel im Übrigen die makabre Schlagzeile zu lesen: „FC Phönix verdirbt Kurdistan die Laune“. Ob der Schiedsrichter darüber lachen kann, ist zu bezweifeln...
Die Strafprozesse in der Sache stehen noch aus.
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