Am Dienstagabend (2.5.) haben sich die Vereinsvertreter von Rot-Weiß und Spvgg. Erkenschwick noch einmal im Vereinsheim von RWE am Mühlenweg getroffen. „Es war ein sehr positives Gespräch“, sagt Michael Bröhl, der als zweiter Vorsitzender der Spvgg. anwesend war. Hintergrund der aktuellen Gespräche ist der Plan, zur neuen Saison eventuell eine gemeinsame Senioren-Mannschaft an den Start zu bringen, also eine Spielgemeinschaft in der Kreisliga A oder B. Grundsätzlich, so sagt es Michael Bröhl, seien beide Seiten auch bereit dazu, etwas Gemeinsames auf die Beine zu stellen.
Spielgemeinschaften sind auch im Fußballkreis Recklinghausen längst ein probates Mittel für die Vereine, bei personellen Engpässen den Mitgliedern vorübergehend trotzdem die Möglichkeit zu bieten, am Spiel- und vor allem am Ligabetrieb teilzunehmen. Im Jugendbereich gibt es sie bereits zahlreich - von Weseke ganz im Norden bis nach Westerholt im Süden - auch bei den Alten Herren vereinzelt. In Oer-Erkenschwick machen beispielsweise der SV Titania und Grün-Weiß gemeinsame Sache bei den Ü40-Kickern. Aber im Seniorenbereich?

Hier würden Rot-Weiß und Spvgg. Erkenschwick mit der Gründung einer Spielgemeinschaft sogar absolutes Neuland betreten. „Derzeit gibt es bei den Senioren keine solche Kooperation im gesamten Fußballkreis“, sagt der Kreisvorsitzende Dominik Lasarz (Datteln).
Was zum Teil wohl auch daran liegt, dass die Durchführungsbestimmungen bisher die Bildung solcher Mannschaften nur unter sehr speziellen Bedingungen erlaubt haben. Doch diese Regeln hat der Fußballverband in Westfalen seit dem 1. Mai gelockert und gibt viele Antworten auf Fragen rund um dieses Thema.
Vor einem Jahr, also zur aktuell laufenden Saison 2022/23, wäre die Bildung einer „SG Spvgg./RWE“ schon an den Vorgaben des Verbandes gescheitert. Dort hieß es nämlich unter anderem wörtlich, „dass keiner der Vereine mit einer Mannschaft der entsprechenden Altersklasse am überkreislichen Spielbetrieb teilnehmen darf.“
Als Westfalenligist hätte die Spvgg. Erkenschwick dieses Vorgabe natürlich nicht erfüllt.
Neue Durchführungsbestimmung ist seit 1. Mai in Kraft
In der seit diesem Monat gültigen Fassung, die für die neue Saison maßgeblich ist, wurde Einschränkungen mit Hinweis auf den demografischen Wandel gelockert. „Spielgemeinschaften mit den untersten Mannschaften der beteiligten Vereine können auf der Ebene der Kreisligen gebildet werden. Erstgenannter und somit verantwortlicher Verein kann nur sein, der auch eine erste Mannschaft (eigenständig) zum Spielbetrieb gemeldet hat.“
Im Fall der beiden Oer-Erkenschwicker Vereine wäre damit auch klar, dass in einer möglichen Spielgemeinschaft die Spielvereinigung federführend sein müsste. Bei einer Beendigung der SG würde demnach auch das Startrecht in der zu dem Zeitpunkt aktuellen Spielklasse an die Spvgg. übergehen.

Aktuell sei man aber noch dabei, grundsätzlich zu klären, ob man diesen Schritt bei der Spvgg. Erkenschwick gehen möchte. Man habe die Spieler dieser neuen zweiten Mannschaft, die vor einem Jahr größtenteils von Grün-Weiß zu den Schwarz-Roten gekommen waren und mit dem Aufstieg in die Kreisliga B auch erfolgreich sind, mittlerweile voll in den Verein integriert, sagt Michael Bröhl. „Wir wollen die Jungs natürlich nicht verlieren, wenn die jetzt zukünftig am Mühlenweg spielen und trainieren. Alle haben hier bei uns schließlich ein sportliches Zuhause gefunden.“
Am Ende hätten daher auch die beiden Trainer Thomas Synowczik und Oliver Gallert in Absprache mit ihren Spielern das letzte Wort, versichert der Spvgg.-Funktionär. „Die müssen es ja umsetzen und die wissen am besten, ob es Sinn macht oder nicht“, erklärt Michael Bröhl.

Was für Vorteile könnte eine Kooperation mit Rot-Weiß für die Spvgg. denn überhaupt haben? Da wäre zum einen die Spielklasse. Schafft RWE nämlich den Klassenerhalt in der Kreisliga A, könnte die SG in der höchsten Spielklasse auf Kreisebene an den Start gehen und würde sich den durchaus beschwerlichen Weg eines erneuten Aufstieges in der erwartbar sehr starken Kreisliga B sparen.
„Ziel des Vereins ist es, dass die zweite Mannschaft wieder in der Kreisliga A spielt“, sagt Thomas Synowczik dazu. „Dazu müssten wir aber auch einen entsprechenden Kader haben“, gibt der Coach zu bedenken.

Welche Spieler der aktuellen RWE-Mannschaft über das Saisonende hinaus bleiben, ist noch völlig unklar. Viele haben bereits bei anderen Vereinen zugesagt. Fünf Spieler folgen ihrem Trainer Marvin Schulz zu den Sportfreunden Stuckenbusch. Der Bezirksliga-Absteiger hat auch Stürmer Sebastian Fricke im Visier. Aber „Fast“, wie ihn die Kollegen wegen seiner Schnelligkeit nennen, hat sich noch nicht entschieden. Das gilt wohl auch für Spieler wie Aaron Breilmann, Damian Delowetz, Kevin Krieger oder Ben Brändel, die allesamt gehobenes Kreisliga-A-Niveau mitbringen.
Welches Interesse man bei den Rot-Weißen mit der angestrebten Partnerschaft verfolgt, liegt dagegen irgendwie auf der Hand. Im Sommer, so ist zu befürchten, werden die Honermänner wahrscheinlich ohne Trainer und ohne erste Mannschaft dastehen. Ein Team II gibt es zwar. Da dürfte aber kaum jemand bereit sein, den Platz der „Ersten“ in einer Kreisliga A oder B zu übernehmen. Das sonntägliche Vereinsleben am Mühlenweg käme mit dem Ende der ersten Mannschaft quasi zum Erliegen.
Der Preis, den die Rot-Weißen mit einer Spielgemeinschaft bezahlen müssten, ist aber durchaus erheblich. Alles, was in den vergangenen Jahren sportlich erreicht wurde, wie auch der Aufstieg in die Kreisliga A in der Saison 2018/19 unter Trainer Andreas Albersmann, würde im Falle einer Trennung an die Spvgg. übergehen.
Eine Alternative zu diesem Schritt sieht man im Drei-Städte-Eck zwischen Oer-Erkenschwick, Marl und Recklinghausen derzeit aber offenbar nicht mehr.
Bis zum 1. Juni müssen die Vereine sich entschieden und einen Antrag auf eine Spielgemeinschaft gestellt haben beim Fußballkreis, der dann entscheidet, wie der freie Platz in der Kreisliga A oder B neu besetzt wird.
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