
Genclikspor-Trainer Tuncay Günaydin muss lange pausieren. © Ronald Brendel
Zwei lange Sperren für Genclikspor-Trainer - „das ist wie im falschen Film“
Fußball
Tuncay Günaydin, Coach von Genclikspor Recklinghausen, versteht die Welt nicht mehr. Als Trainer ist er vorerst gesperrt - und Spiele seines Sohnes darf er sogar monatelang nicht mehr sehen.
Stell dir vor, du kommst als Trainer einer Bezirksliga-Mannschaft an einem Dienstagabend zur vermeintlich ganz normalen Übungseinheit - und dann wird dir mitgeteilt, dass du in den kommenden drei Monaten erst einmal die Füße hochlegen kannst. „Ich glaube immer noch, ich bin im falschen Film“, sagt Tuncay Günaydin, Coach von Genclikspor Recklinghausen.
Es war alles vorbereitet für die Nachbetrachtung der 0:4-Heimpleite zwei Tage zuvor gegen den VfB Hüls. Doch darüber sprach niemand mehr. Vielmehr machte ein anderes Thema im Süden der Festspielstadt die Runde, das man im Amateurfußball in dieser Form höchst selten erlebt. Ein Trainer wird gesperrt - und das gleich doppelt. „Ich kann es immer noch nicht fassen, zumal ich ja nicht einmal angehört oder um eine Stellungnahme gebeten worden bin“, sagt der Betroffene. Anwaltlichen Rat wolle er sich auf jeden Fall suchen - wenngleich die gegen ihn verhängten Beschlüsse rechtskräftig sind.
Es geht um Tuncay Günaydin, Coach von Genclikspor Recklinghausen, aktueller Tabellen-Dreizehnter in der Bezirksliga 9. Ende Oktober feiert er seinen 41. Geburtstag, mangels Personal musste der Mann in den vergangenen Wochen auch mal selbst auf dem Feld aushelfen. Das kann er nun bis zum 10. Januar 2023 vergessen. Ebenso wie die Tatsache, bis zu diesem Tag auch nur eine einzige Trainingseinheit leiten zu dürfen. Günaydin ist auf DFB-Verbands- und Kreisebene gesperrt für alle Tätigkeiten. Als Spieler - und auch als Trainer.
Ärger um D-Jugendspiel seines Sohnes in Rheinhausen
Die Strafe hat nichts mit seiner Arbeit bei Genclikspor zu tun. Sie spielt in den Niederrhein hinein, genauer gesagt nach Duisburg. Dort, beim OSC 04 Rheinhausen, kickt Günaydins Sohn im Team der D-Junioren-Leistungsklasse. Es ist Samstag, der 24. September, Rheinhausen empfängt den VfL 08 Repelen aus Moers auf seiner Platzanlage „In den Peschen“. Das Spiel gewinnen die Gäste am Ende mit 4:1, zur Pause steht es 0:3.
Und um genau diese Pause geht es: Der Schiedsrichter wird später in seinem Sonderbericht schildern, ein Vater eines Spielers aus Rheinhausen sei mit einem Ball in der Hand auf ihn zugelaufen und habe seinen Unmut über eine Strafstoß-Entscheidung in der 14. Minute geäußert. Dann habe der Vater den Ball „leicht“ gegen den Bauch des Unparteiischen geworfen und aufgebracht geäußert, man werde sich auf dem Parkplatz wiedersehen.
Bei dem Vater handelt es sich um Tuncay Günaydin, der sich gegenüber unserer Redaktion vor allem gegen den Vorwurf wehrt, er habe angedroht, sich auf dem Parkplatz wiederzusehen. „Das habe ich nie so gesagt.“ Dass er den Schiedsrichter auf den betreffenden Strafstoß angesprochen habe, sei zwar Fakt. „Aber ich habe nichts angedroht.“
Als tätlicher Angriff gewertet
Gleichwohl wurde der Vorfall vor dem Kreisjugendsportgericht Moers verhandelt - mit einem happigen Urteil gegen den Genclikspor-Coach. Zwar sei im Falle des Ballwurfes die Grenze zwischen einem tätlichen Angriff in einem minderschweren Fall und einem grob unsportlichen Verhalten schwer zu definieren. Da es sich aber um ein Wurfvergehen handele - auch wenn es der Schiedsrichter als „nicht ganz so schlimm“ bezeichnet habe - sei das als tätlicher Angriff zu werten.
Genau das spielt in den zweiten Teil des Urteilsspruches hinein. Denn die dreimonatige Sperre für den Trainings- und Spielbetrieb ist nur die eine Seite. Hinzu kommt, dass Günaydin ab sofort bis einschließlich 31. Juli 2023 sämtliche Sportanlagen auf Gebiet des Fußballkreises Moers nicht mehr betreten darf. Und auch bei Spielen außerhalb dieses Gebietes, an denen sein Sohn teilnimmt, ist er in den kommenden zehn Monaten Persona non grata. In der Begründung des Urteils heißt es, Günaydin hätte sich seiner Vorbildfunktion als Vater wie auch als Trainer bewusst sein müssen.
Genclikspor Recklinghausen will in einer Vorstandssitzung am Donnerstag (13. Oktober) beraten, wie es weitergeht. Beim Auswärtsspiel am Sonntag beim SV Hessler wird der Coach jedenfalls schon nicht mehr dabei sein und hat Pause bis zum Beginn des kommenden Jahres. Dass Assistent Yasin Türkoglu zunächst verantwortlich zeichnet, gilt als Option.
Fußball-Fan, “auf Kohle” geboren, mit Herz für Bergbau-Geschichte und kleine Sportvereine, in denen vielfach Großes entsteht. Wenn nicht auf dem Platz zu finden, dann mit dem E-Bike zwischen Münsterland und Sauerland.