Ein Lembecker, die Roten Khmer und eine Cola Extremläufer Rohkämper in Kambodscha

Ein Lembecker, die Roten Khmer und eine Cola: Extremläufer Rohkämper in Kambodscha
Lesezeit

Hans-Jürgen Rohkämper war volles Risiko gegangen. Auf der dritten Etappe seines jüngsten Wettkampfs wollte er den Dritten der Gesamtwertung unbedingt überholen. Es gelang. Doch er zahlte einen hohen Preis dafür.

43 Kilometer hatte Rohkämper an diesem Tag hinter sich. 43 Kilometer Schlamm und Wurzeln, knietiefes Wasser und steile Felsanstiege. 43 Kilometer bei 40 Grad und über 90 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Denn Hans-Jürgen Rohkämper lief den „Ancient Khmer Path“, ein Extremrennen auf uralten Pfaden, die schon vor über 1000 Jahren von Laos über Thailand und Kambodscha bis nach Vietnam führten. Was früher als Handelsroute diente, auf der Händler und Arbeiter, Bauern, Pilger und Mönche den beschwerlichen Weg durch den Dschungel meisterten, das liefert Veranstalter Global Limits heute die Strecke für ein 220 Kilometer und sechs Etappen langes Rennen, das seine Teilnehmer an ihre Grenzen bringt.

Hans-Jürgen Rohkämper bereitete sich sechs Wochen lang auf den Ancient Khmer Path vor

Zwölf Wochen lang hatte sich Hans-Jürgen Rohkämper auf die zehnte Ausgabe dieser Tortur vorbereitet. Hatte fünf- bis sechsmal die Woche trainiert. Und jetzt saß er da; der Kreislauf wollte nicht mehr; Rohkämper war kurz davor aufzugeben. Doch seine eiserne Disziplin half ihm, den toten Punkt zu überwinden.

„Nur der Kopf sagt, es geht nicht mehr.“ Dieser Leitspruch hatte ihm schon bei früheren Rennen geholfen, und Rohkämpers Körper besiegte seinen Kopf erneut. Mit viel Flüssigkeit und Energy-Gels bekam er seinen Kreislauf wieder in Gang und schickte sich an, die letzten 20 Kilometer der Etappe zumindest schnell gehend hinter sich zu bringen. Ein Verkaufsstand am Straßenrand brachte schließlich die endgültige Rettung: „Das war die beste Cola meines Lebens“, erinnert sich Rohkämper. Nach 8:45 Stunden kam er als Fünfter ins Ziel.

Start zum 10. Ancient Khmer Path
Zum Start des „Ancient Khmer Path“ erhielten die Teilnehmer den Segen buddhistischer Mönche. Gegen Blasen an den Füßen half der allerdings nicht. © Global Limits

Doch nicht nur die dritte Etappe des „Ancient Khmer Path“ hatte es in sich. Die 39 Teilnehmer wussten in der Theorie natürlich vorher, worauf sie sich eingelassen hatten. Doch die Praxis war trotz des allmorgendlichen Briefings für die nächste Etappe, trotz aller Tipps, die die Streckenposten unterwegs gaben, schlichtweg mörderisch.

Vom Start am 1. Dezember an führte der Kurs überwiegend über Offroad-Strecken mit oftmals sandigem Untergrund, über Schotter- und Waldboden, der die Läuferinnen und Läufer extrem forderte.

Morgendliches Briefing der Teilnehmer des 10. Ancient Khmer Path
Vor jeder Etappe gab es frühmorgens ein Briefing für alle Teilnehmer. © Global Limits

Maximal drei Kilo Gepäck durfte jeder Teilnehmer auf die jeweiligen Etappen mitnehmen. Trotzdem geriet die Fortbewegung zur Strapaze. „Bei Anstiegen konnten wir uns nur auf allen Vieren vorwärts kämpfen“, erzählt Hans-Jürgen Rohkämper.

Wenn es nachts regnete, und das tat es oft, dann standen große Teile der Strecke knietief unter Wasser. Doch die Route verlassen durften die Teilnehmer auf keinen Fall: Minengefahr! Vietnamkrieg und die Bürgerkriege der Roten Khmer haben unzählige Sprengkörper hinterlassen. Jeder Schritt abseits der Strecke konnte der letzte sein.

Ärzte stachen Blasen rustikal auf

Die ewig nassen Schuhe und Füße forderten natürlich ihren Tribut. Blasen wurden zu ständigen Begleitern der Läufer, von den Ärzten jeden Morgen rustikal mit Aufstechen, Desinfizieren und Tapen versorgt. „Wer den Fuß zurückzog, wurde nicht weiterbehandelt“, berichtet Hans-Jürgen Rohkämper. Und das bedeutete Disqualifikation.

Nachtlager der Teilnehmer des 10. Ancient Khmer Path
Die Teilnehmer übernachteten gemeinsam in buddhistischen Klöstern. © Global Limits

Doch die Strapazen schweißten die Läufer auch zusammen. „Die gegenseitige Kameradschaft unter den Läufern und Läuferinnen aus der ganzen Welt zu erleben, war ein wirklich einmaliges, ultimatives Laufhighlight“, sagt Hans-Jürgen Rohkämper. Hinzu kamen unvergessliche Eindrücke von der exotischen Flora und Fauna sowie von den Tempelanlagen entlang der Strecke, allen voran die Zielankunft im Weltkulturerbe von Angkor Wat.

Hans-Jürgen Rohkämper war völlig fokussiert

Für Hans-Jürgen Rohkämper eine Grenzerfahrung, wie er sie schon öfter erlebt hat. Sein Rezept, um die Herausforderung zu meistern: „Ich habe es geschafft, alles andere auszublenden und mich nur auf die Veranstaltung zu fokussieren.“

Worauf er sich 2024 fokussiert? Vielleicht ja auf die elfte Ausgabe des „Ancient Khmer Path“. Die Anmeldung dafür ist bereits freigeschaltet ...

200 Kilometer durch den Dschungel - Schermbecker ging über den Äquator und an seine Grenzen

Hans-Jürgen Rohkämpers Suche nach Herausforderungen an der Grenze des Unmöglichen

„Und ab mit dem Ball in die Aa“: Zwei Rhader Fußball-Veteranen erinnern sich