Dorstens Ruderer gingen auf Zeitreise

© Andreas Leistner

Dorstens Ruderer gingen auf Zeitreise

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Als drei Männer beim Ruderverein Dorsten am Sonntag zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden, konnte man auf Zeitreise gehen. Und das sowohl in die Zukunft wie in die Vergangenheit.

Dorsten

, 19.03.2019, 11:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es waren nur vier Jahre, die Dirk Balster unter Jochen Pöpperl trainierte. Doch wie sehr ihn diese Jahre prägten, das zeigte die Laudatio, die der dreifache Ruder-Weltmeister Balster am Sonntag auf Pöpperl hielt, als der zusammen mit Heiner Streppelhoff und Dr. Rudolf Auth zum Ehrenmitglied des RV Dorsten ernannt wurde.

Balster nahm seine Zuhörer mit auf eine Zeitreise in die 80er Jahre. In die Bruchbude, die auf Maria Lindenhof in den ersten Jahren nach der Vereinsgründung das erste Bootshaus war. Zum Obdachlosen Willi, der dort wohnte und kurzerhand zum Hausmeister umfunktioniert wurde. „Die reinste Baustelle“, erinnerte sich Balster, „dreckig, mit offenen Kabeln in der Dusche. Ich bin trotzdem wiedergekommen.“ Der entscheidende Grund: Jochen Pöpperl.

Großer Geschichtenerzähler

Denn der Berufsschullehrer wusste die jungen Ruderer zu begeistern. „Jochen war ein begnadeter Geschichtenerzähler. Im Auto hatte er eine Hand am Steuer und hat mit der anderen gestikuliert. Wenn du mit Jochen zum Wettkampf gefahren bist, dann bist du mit Gänsehaut ausgestiegen“, erzählte Balster. Es waren Erfahrungen, die ihn prägten. Nicht nur für seine sportliche Karriere, sondern fürs ganze Leben, und er zählte die Lektionen, die Pöpperl ihn gelehrt hatte.

Der dreifache Ruder-Weltmeister Dirk Balster hielt eine lebendige und bewegende Laudatio auf seinen früheren Trainer Jochen Pöpperl.

Der dreifache Ruder-Weltmeister Dirk Balster hielt eine lebendige und bewegende Laudatio auf seinen früheren Trainer Jochen Pöpperl. © Andreas Leistner

„Du musst Ziele und Visionen haben“, war die erste. „Du musst Leistung bringen“ die zweite. „Für uns war jedes Training Wettkampf“, erinnerte sich Balster. Beim Zirkeltraining sei es „bis zum Kotzen“ gegangen. Doch das sei noch nicht das Härteste gewesen. „Das“, so Balster, „war die Laufwoche im Februar. Es ging durch die Sandgruben in Holsterhausen, bergauf, bergab, ohne atmungsaktive Kleidung. „Und damals war ein Winter noch Winter.“

Auch auf dem Rennrad habe im Training nur eines gezählt: Gewinnen. „Es gab immer einen Endspurt. Immer.“ Nach heutiger Trainingsmethodik vielleicht fragwürdig, meinte Balster. „Pulsmesser? Hatten wir nicht. Wir haben immer alles gegeben.“ Und genau das habe die Reputation der Ruderer aus Dorsten ausgemacht: „Wir haben nie schön gerudert. Wir waren technisch nicht die Besten. Aber im Rennen waren wir eine Bank.“

Rauschende Siegespartys

Weitere Lektionen, die Balster und Co. bei Pöpperl lernten: „Rudern ist Mannschaftssport“, „Sei Vorbild und motiviere“, „Bereite dich perfekt vor“ und „Es gibt einen Rhythmus“. Balster erinnerte an die Erfolge rein Dorstener Jugendboote ebenso wie an rauschende Siegespartys. „Du hast uns gelehrt: Wenn ein Ziel erreicht ist, darf man feiern, und dann setzt man sich ein neues Ziel“, sagte er zu Jochen Pöpperl und nannte ihn Vorbild, Kumpel und Vaterfigur: „Du weißt gar nicht, wie viel Jochen Pöpperl ins uns steckt.“ Unterm Strich, das stand für Balster − selbst schon seit Jahren wie Wolfgang Klapheck und Thorsten Streppelhoff Ehrenmitglied des RV Dorsten − fest, habe sein früherer Trainer genau wie Heiner Streppelhoff und Dr. Rudi Auth die Ehrenmitgliedschaft schon lange vor ihm selbst verdient gehabt.

Das sahen die Laudatoren der beiden anderen Urgesteine des Vereins genauso, und nicht nur sie. Thorsten Streppelhoff bedankte sich per Videobotschaft bei seinem Vater für dessen Aufbauleistung, die er beim RV Dorsten geleistet habe und bis heute leiste: „Du und die anderen, ihr habt schon vor 43 Jahren das Ehrenamt einfach gelebt, das die Politik heute so lobt.“

Einmal um die Welt gerudert

Drei Macher also, die bei allen Verdiensten stets bescheiden blieben. Das hob Hans-Ulrich Pollender in seiner Laudatio auf Dr. Rudi Auth hervor. Dessen Fleiß spiegele sich auch in seiner sportlichen Leistung wider: „Laut der Kilometer-Statistik des RV Dorsten hat Rudi seit 2001 22.309 Kilometer gerudert. Rechnet man das hoch, dann hat er über 40.000 Kilometer geschafft, ist also einmal um die Erde gerudert.“

Auths beispielhaftes Arbeits-Ethos fasste Pollender am Ende seiner Ausführungen mit dessen Lieblingsspruch zusammen: „Wie schnell ist nichts getan.“

Kraftraum-Einweihung und Bootstaufe
Zwei weitere Gründe zum Feiern

Neben der Ernennung ihrer neuen Ehrenmitglieder hatten Dorstens Ruderer am Sonntag noch zwei gute Gründe zum Feiern: Sie haben einen neuen Kraftraum und ein neues Motorboot.
Der neue Kraftraum des Rudervereins ist 35 Quadratmeter groß und damit mehr als doppelt so groß wie sein Vorgänger.

Der neue Kraftraum des Rudervereins ist 35 Quadratmeter groß und damit mehr als doppelt so groß wie sein Vorgänger. © Andreas Leistner

Der Kraftraum „wanderte“ von seinem angestammten Platz „links inne Ecke“ des Bootshauses neben das Vereinsheim und wuchs dabei von stickig verschwitzten 10 auf deutlich luftigere 35 Quadratmeter. RV-Vorsitzender Dirk Böckenhoff ließ die Geschichte des Bauprojekts seit den ersten Planungen im Jahr 2012 in einer launigen Rede Revue passieren und dankte den Mitgliedern für deren Hilfe: „Da haben wir ungeahnte handwerkliche Fähigkeiten kennen gelernt.“ Bürgermeister Tobias Stockhoff attestierte den Ruderern die gelungene Mischung aus Eigenleistung, Hirnschmalz und Muskelkraft: „So ein erfolgreich durchgeführtes Projekt schweißt die Mitglieder auch immer noch ein Stückchen weiter zusammen.“
Dirk Balster taufte das neue Motorboot des RV Dorsten auf seinen Spitznamen "Mutze".

Dirk Balster taufte das neue Motorboot des RV Dorsten auf seinen Spitznamen "Mutze". © Andreas Leistner

Nach der Einweihung des Raumes ging es dann nach draußen zur Taufe des neuen Vereinsmotorbootes „Mutze“, benannt nach einem der erfolgreichsten Dorstener Ruderer, Dirk Balster. Und warum dann „Mutze“? Das verriet der Taufpate, als er den standesgemäßen Sekt über den Bug des Bootes schüttete: „So hat mich meine Mutter bei meiner Geburt genannt.“
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