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Coronavirus: Der Fußball hatte seine Chance - und hat sie verspielt
Meinung
Im September und Oktober haben sich Amateurkicker mit ihrem Verhalten nicht gerade einen guten Ruf erarbeitet. Das Problem liegt abseits des Platzes.
Lockdown, Sport-Pause, Saisonunterbrechung - es sind harte Zeiten für die Amateurfußballer zwischen Liga vier und elf. Von der Oberliga bis zur untersten Kreisklasse rollt seit etwas mehr als zwei Monaten kein Ball. Schon wieder, mag man seufzen. Denn die erste Welle hatte schon im Frühjahr zu einer Unterbrechung geführt, aus der dann das Saison-Aus mit einem komplizierten und nie dagewesenen Abbruch-Prozess resultierte.
Nun könnte es, wenn die Zahlen nicht sinken, auch in diesem Jahr wieder so kommen - so sieht zumindest das Horrorszenario aus. Nur dass der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen im Sommer 2020 in seinen Statuten einen Passus zu einem erneuten Saisonabbruch eingeführt hat und zumindest auf den drohenden zweiten Abbruch mit einer deutlich definierten Quotientenregelung besser vorbereitet scheint. Auch wenn die Tabelle einer Liga am Ende verzerrt sein könnte.
Vorbildliches Verhalten fehlte bei einigen Fußballern
Ausgesprochen werden muss: Die Aktiven hatten sich in den Monaten September und Oktober nicht immer vorbildlich verhalten. Während die gängige Expertenmeinung ist, dass die Ansteckungsgefahr trotz Zweikämpfen im Spiel gering ist, ist eine Ansteckungsgefahr da. Das Problem lauert im Umfeld um den eigentlichen Sport.
Denn gerade der Seniorenfußball lebt auch von Geselligkeit, vom Bierchen nach dem Training oder vom Sitzenbleiben in der Kabine bei lauter Musik nach einem Sieg. Videos von Kabinenpartys machten im Oktober die Runde. Das darf nicht sein.
Wissenschaftlich gibt es verschiedene Ansätze, warum Menschen Sport treiben: Ehrgeiz, sich selbst zu verbessern, ist in vielen unterklassigen Mannschaftssportarten ein nachrangiger Faktor. Er tritt bei vielen hinter Spaß am Spiel, dem Ausgleich zum Job, Freundschaften mit Teamkameraden und sogar erhoffter Selbstbestätigung durch gute Aktionen zurück.
Das Training endet nicht mit der letzten Übung
Der Sportplatz ist ein Ort der Zusammenkunft. Wo man ausbricht aus dem Alltag. Wenn nach dem Abpfiff aber alle Hygienekonzepte über Bord geworfen werden, ist der Sportplatz auch ein Ort der Unvernunft. Der Fußball, vor allem disziplinlose Spieler und unachtsame Verantwortliche, hatte seine Chance und hat sie in vielen Fällen leider verstreichen lassen. Zu viele Ausbrüche gab es, die auf falsches Verhalten zurückgingen. Obwohl - das muss man erwähnen - die Mehrheit sich vorbildlich verhalten hat.
Weil Amateurfußball eben nicht mit der letzten Passübung einer Trainingseinheit endet, dürfte es daher noch lange dauern, bis der Spielbetrieb wieder startet. Der Sport, gerade der Fußball-Spielbetrieb mit notwendigen Umziehmöglichkeiten, Duschen und Transportmöglichkeiten, wird 2021 auch deswegen in der Prioritätenliste bei den Lockerungen weit hinten stehen. Er rangiert irgendwo zwischen Freizeitpark und Discobetrieb.
Der Verlierer ist die Jugend
Grotesk ist doch - und das ist schon seit vielen Jahren im Amateurfußball so - dass die Jugendlichen wieder einmal die Verlierer sind, obwohl sie weniger falsch machen. Neben der leidenden Bildung sind es die fehlenden, für die soziale Reife wichtigen, sozialen Kontakte, die man beim Sport erleben würde. Auf dem Platz und nicht in der Kabine.
Sportler durch und durch, der auch für alle Sportarten außerhalb des Fußballs viel übrig hat. Von Hause aus Leichtathlet, mit einer Faszination für Extremsportarten, die er nie ausprobieren würde. Gebürtig aus Schwerte, hat volontiert in Werne, Selm, Münster und Dortmund.
