SG Castrop stand schon einmal am Abgrund Zwei Glücksbringer verhinderten Abstieg

SG Castrop stand schon einmal am Abgrund: Zwei Glücksbringer verhinderten Abstieg
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Im Jahr 2023 ist die SG Castrop Fußball-Bezirksligist. Vor zwölf Jahren stand die SG allerdings vor dem Fall in die Kreisliga B. Wer weiß, wie es heute um die Castroper stehen würde, wenn ein seidener Faden damals gerissen wäre.

Neben dem FC Frohlinde und der Spvg Schwerin gehört die SG Castrop derzeit zu den Sorgenkindern in der Bezirksliga. Alle drei Teams sind abstiegsgefährdet. Die SG schaffte im Mai 2022 schon einmal auf den letzten Drücker den Klassenverbleib.

Nicht zum ersten Mal. Denn 2011 hätte eine Partie beinahe dafür gesorgt, dass die SG von der Kreisliga A in die Kreisliga B abgestiegen wäre. Ob sich die Mannschaft des ältesten Castrop-Rauxeler Fußball-Klubs hier schnell wieder berappelt hätte, um die danach gestartete Erfolgsgeschichte zu schreiben, darf man bezweifeln.

Armin Theis übernahm Trainerzepter

Im Februar 2011 hatte Armin Theis, der zuvor Trainer des Bezirksligisten SuS Merklinde war, das Zepter bei der SG Castrop übernommen. Mit nur einem Sieg und drei Unentschieden aus 16 Spielen war die SG zu diesem Zeitpunkt Schlusslicht des Kreisliga-Oberhauses. Der Rückstand auf den ersten Nicht-Abstiegsplatz betrug fünf Punkte.

Was folgte, war eine enorme Aufholjagd der SG, die aus den verbleibenden zwölf Partien sechs Siege und zwei Unentschieden verbuchte. Die Rote Laterne trug am Ende Victoria Habinghorst.

Vor dem abschließenden Spieltag waren die Castroper als Drittletzte punktgleich mit dem Vorletzten VfB Börnig. Während die Börniger zum Saisonkehraus spielfrei hatten, trat die SG beim SV Holsterhausen an. Durch eine 0:2-Niederlage verpasste das Theis-Team den direkten Klassenverbleib und musste zu einem Entscheidungsspiel gegen Börnig antreten.

585 Zuschauer zahlten Eintritt

Rappelvoll waren am 11. Juni 2011 die Parkplätze ringsherum um den Herner Stadtgarten vor dem Entscheidungsspiel zwischen der SG Castrop und den VfB Börnig. Laut der SG-Kassiererin Sigrid Wilken verfolgten 585 zahlende Zuschauer die Partie. Hinzu kamen Frauen und Kinder, die freien Eintritt hatten. Wodurch rund 700 Fußball-Fans den Platz des ESV Herne bevölkerten. Die Zuschauer-Einnahmen der Partie gingen zu je einem Drittel an Gastgeber ESV sowie Börnig und die SG Castrop.

150 Minuten nach dem Anpfiff: Als Janis Schmitz den Ball vom Kreidepunkt in die Maschen drosch, brach der Jubel los: Die SG Castrop hatte das Entscheidungsspiel gegen VfB Börnig mit 5:3 (1:1/1:0) nach Elfmeterschießen gewonnen. Schmitz schwang sich neben Keeper Christopher Glaßmeyer zum zweiten Glücksbringer auf.

Noch schwerer als die Niederlage wog bei den Börnigern eine Trauer: Denn in der Nacht vor der Partie war der Torwart ihrer A-Jugend-Mannschaft bei einem Autounfall auf der Autobahn A43 ums Leben gekommen.

Armin Theis hatte vor der Partie erklärt, man müsse am Ende nur „irgendwie Sieger sein“. Der Plan war voll aufgegangen. Denn wie es der SG gelungen war, Börnig zu schlagen, ist auch rückblickend nur mit „irgendwie“ zu erklären.

Im Februar 2011 hatte Armin Theis, der zuvor Trainer des Bezirksligisten SuS Merklinde war, das Zepter bei der SG Castrop übernommen.
Im Februar 2011 hatte Armin Theis, der zuvor Trainer des Bezirksligisten SuS Merklinde war, das Zepter bei der SG Castrop übernommen. © Jens Lukas

A-Junioren-Torhüter starb auf der Autobahn

Dabei sah es zunächst so aus, als sei das Team um Castrops Kapitän André Trottenberg fest entschlossen, keinen Zweifel am Klassenverbleib aufkommen zu lassen. Gerade vier Minuten waren gespielt, als sich Stürmer Niklas Hartmann am Elfmeterpunkt um seinen Gegenspieler drehte, abschloss und mit der ersten Chance die 1:0-Führung für die SG herstellte. Chancenverwertung: 100 Prozent.

Bei diesen 100 Prozent blieb es lange. Nicht aber, weil die SG weiter traf, sondern schlicht, weil sie sich keine Gelegenheiten mehr erspielte.

Anders Börnig. Die Herner kamen immer besser in die Partie. Mit dem Höhepunkt in Minute 30, als der VfB innerhalb einer Szene gleich vier Großchancen vergab. Am Ende des heiteren Scheibenschießens hatte SG-Schlussmann Glaßmeyer den Ball in den Händen. Über ihn sagte Theis später: „Er hatte ganz großen Anteil an diesem Erfolg.“ Viele Torchancen vereitelte der lange Keeper. Wenn er aber geschlagen war, scheiterte Börnig an sich selbst – mitunter aus kürzester Distanz.

Noch schwerer als die Niederlage wog bei den Börnigern eine Trauer: Denn in der Nacht vor der Partie war der Torwart ihrer A-Jugend-Mannschaft bei einem Autounfall auf der Autobahn A43 ums Leben gekommen.
Noch schwerer als die Niederlage wog bei den Börnigern eine Trauer: Denn in der Nacht vor der Partie war der Torwart ihrer A-Jugend-Mannschaft bei einem Autounfall auf der Autobahn A43 ums Leben gekommen. © Jens Lukas

Zweite Torchance in der 75, Minute

Erst in der 75. Minute hatte Castrop seine zweite echte Gelegenheit: Trottenberg schickte Hartmann. Der zirkelte den Ball überhastet neben das Tor. Nervosität, die das Spiel der SG dominierte. Auch der VfB war nervös, kam aber – anders als Castrop – immer wieder gefährlich vors Tor. Das konnte kaum gut gehen. Und so sahen sich die meisten der Zuschauer in ihren Vorahnungen bestätigt, als Hernes Stefan Selders zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit zum 1:1 einköpfte.

Fast ohne nennenswerte Szenen verlief nicht nur die Restspielzeit, sondern auch die Verlängerung. Im Elfmeterschießen musste sich also herausstellen, welches der beiden Teams in der Saison 2011/12 in der Kreisliga B antreten musste.

Herner Schuss landete an der Latte

Nachdem zunächst Börnig verwandelte und dann auch Castrops Markus Maurer getroffen hatte, stieg die SG-Hoffnung auf den Erfolg wieder an: Der zweite Herner Schuss von Rico Gonzalez landete neben dem Tor. Trottenberg netzte souverän ein, ebenso wie Dennis Kock. Dann der nächste VfB-Fehlschuss: Ein besonders frecher Lupfer gehorchte seinem Schützen Thomas Walter nicht und landete am Querbalken. Nur noch ein Schuss trennte die SG von der Rettung. Schmitz lief an – der Rest war „rot-weißer“ Jubel.

Armin Theis hatte bereits bei Antritt des Postens angekündigt, dass er nur bis zum Sommer SG-Trainer sein werde - nach vollendeter Mission. Auf ihn folgten die Coaches Holger Gehrmann und Dennis Hasecke. Mit Co-Trainer Marco Taschke (vormals Rykowski) gelang Hasecke 2017 der Bezirksliga-Aufstieg.