Eine Castrop-Rauxeler Fußball-Mannschaft in der Oberliga hat es zuletzt vor über 50 Jahren – in der Zeit vor der Gründung der Bundesliga gegeben. Aktuell nur eine Spielklasse darunter befindet sich der SV Wacker Obercastrop. Dessen Verantwortliche entgegnen allen Aufstiegs-Optimisten: „Bleibt auf dem Teppich.“
In den vergangenen drei Jahrzehnten gab es im Castrop-Rauxeler Fußball nur zwei Fusionen. Ein Thema war es in all den Jahren aber oft – 2006 sogar mit der Hoffnung auf ein Mega-Team, das die Oberliga anpeilen sollte.
In einer der ersten Wochen des Jahres 2023 haben die Verantwortlichen von Victoria Habinghorst und des SC Arminia Ickern ihre Pläne einer Spielgemeinschaft und einer späteren, möglichen Fusion ihrer Clubs offenbart. Die beiden letzten Fusionen gab es 1997 (BW Obercastrop und BV Wacker Castrop zum SV Wacker Obercastrop) und 2017 (SF Habinghorst und SV Dingen).
2006 war das Motto „Think Big!“
2006 sollte es auch schon eine Fusion geben. Damals bahnte sich Großes an. „Think Big!“ Dieses Motto schrieben sich die Kicker des frisch gebackenen Castrop-Rauxeler Bezirksliga-Aufsteigers SV Yeni Genclik und von TSK Herne (damals Landesliga) auf die Fahnen. Der Club aus der Nachbarstadt war erst wenige Monate zuvor durch den Zusammenschluss von RSV Karadeniz und SV Türkspor entstanden.
Turhan Ersin, damals zweiter Yeni-Vorsitzender, berichtete über die ersten „Koalitionsgespräche“: „Wir sind uns alle einig, dass ein Fusionsverein ein großes Potenzial an jungen Leuten bündeln könne. 12.000 Türken wohnen ihn Herne, 8.000 in Castrop-Rauxel – da kann man eine Menge bewegen.“
Der neue Club hätte 2006 aus der „Erbmasse“ der beiden Stammvereine aus dem Stand heraus über vier Senioren-Mannschaften in der Landesliga (TSK), Bezirksliga (Yeni), Kreisliga B (TSK) und Kreisliga C (Yeni) sowie über fünf Junioren-Teams (alle TSK) verfügen können.

1994 verließ Schwerin die Landesliga
Castrop-Rauxel wartete zu diesem Zeitpunkt seit zwölf Jahren auf heimischen Landesliga-Fußball. 1994 hatte sich die Spvg Schwerin als letzter heimischer Club aus dieser Spielklasse verabschieden müssen. Der TSK Herne war 2006 die vierte Kraft in Herne hinter den Traditionsvereinen Westfalia Herne (Oberliga), DSC Wanne und SV Sodingen (beide Westfalenliga).
Der damalige Genclik-Trainer Volker Krumtünger habe den Anstoß zu einer möglichen Fusion zwischen Yeni und TSK gegeben, berichtete Turhan Ersin vor Jahren: „Er ist die ordnende‚ deutsche Hand‘ in unserem Verein. Sein Rat ist bei uns sehr gefragt.“ Durch den Zusammenschluss wollten die beiden Clubs den türkischen Fußball im Ruhrgebiet „besser vertreten“, so Ersins Hoffnung. Seit der Jahrtausendwende hätten sowohl Yeni als auch die Herner Clubs sich nach außen solide präsentiert.
Fusionsverein wollte ins Stadion einziehen
Der neue Club sollte in Castrop-Rauxel angesiedelt sein und zunächst in Merklinde spielen, auf dem Kunstrasenplatz im Yeni-Domizil am Fuchsweg, erklärte seinerzeit Ersin. Für die Zukunft träumten Ersin und Co. davon, ihre Spielstätte in die Stadtmitte, in das dann mit Kunstrasen umgebaute Stadion an der Bahnhofstraße, verlegen zu können.
Wenige Wochen später war in der Zeitung zu lesen: „Fusion ist vorerst auf Eis“. Erol Bal, der damalige Yeni-Vorsitzende, erklärte: „Zur Saison 2006/07 schaffen wir das wohl nicht.“ Ähnliches war aus Herne zu hören. Dort hatte TSK-Chef Bahadir Kalfa den Vorsitzenden des Fußballkreises Herne/Castrop-Rauxel, Reinhold Spohn (BW Börnig), darüber informiert, dass die Fusion auf Eis gelegt sei.
Als zu schwierig hatte sich die Frage herausgestellt, wo der Fusionsclub hätte spielen sollen: in Herne oder in Castrop-Rauxel. „Wir sehen da gewisse Verpflichtungen gegenüber den Spielern und Zuschauern in beiden Gründervereinen“, umschrieb Bal vorsichtig das Problem.

Vision vom Team in der Oberliga
Uwe Horstmann, damals Vorsitzender der Jugend-Spruchkammer im Fußballkreis und in der Jugendabteilung des TSK Herne aktiv, verwies darauf, dass jener Verein, der bei der Fusion aufgelöst werde, in seiner Heimatstadt wohl keinen Sportplatz mehr zur Verfügung gestellt bekommen könne. Und eine ganz praxisnahe Hürde nannte Horstmann auch noch: „Wäre der neue Verein in Castrop-Rauxel angesiedelt, müssten alle fünf Jugendmannschaften regelmäßig zum Training dahin fahren.“
Dabei machte Horstmann Mut, dass das Projekt noch zustande käme. Denn sein SV Türkspor habe sich vor Jahresfrist nicht in Windeseile mit dem RSV Karadeniz zum TSK Herne vereinigt: „Wir haben davor bestimmt fünf Mal über eine Fusion abgestimmt, bis es dann klappte.“ Uwe Horstmann formulierte die gemeinsame Vision: „Aus der Fusion kann eine gemeinsame Mannschaft in der Westfalenliga oder gar Oberliga in einem dann neuen Stadion in Castrop-Rauxel hervorgehen.“
Aus all dem wurde letztlich nichts. Die Fusionsgespräche schliefen ein. Yeni und TSK Herne bündelten aber später doch noch ihre Kräfte. In der Saison 2012/13 gingen die beiden Vereine eine Jugendspielgemeinschaft von der A- bis C-Jugend ein. Nach einem Jahr wurde diese allerdings wieder aufgelöst. Den Verein SV Yeni Genclik gibt es seit 2016 nicht mehr.
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