Sven Stypers und sein Sohn Fynn stehen vor dem Eingangstor der Erin-Kampfbahn. © Volker Engel
Fußball auf Bolzplätzen
Nicht überall sind die Tore offen: Der Castrop-Rauxeler Bolzplatz-Check
Wenn der Vater mit dem Sohne pöhlen gehen will: Wo kann er das in Castrop-Rauxel tun, ohne vor verschlossener Tür zu stehen? Oder ohne im Schlamm zu versinken? Wir haben die Orte gefunden.
Für einen kurzen Moment haben Sven Stypers und sein Sohn Fynn Zweifel. Das Tor zur Erin-Kampfbahn scheint verschlossen zu sein. Mit dem ersten Ruck lässt es sich nicht öffnen. Schnell stellt der Vater aber fest: Die Tür klemmt nur ein wenig. Kurze Zeit später sind die beiden ihrem Ziel nah und stehen auf dem Kunstrasenplatz an der Karlstraße. Vor einer Stunde ist Fynn aus der Schule gekommen. Jetzt will er pöhlen.
Mit seinem Papa macht dem 9-Jährigen das viel Spaß. Denn Sven Stypers ist vom Fach: Der 36-Jährige jagt seit seiner eigenen Kindheit dem runden Leder hinterher - und spielt noch heute für den SV Wacker Obercastrop II in der Kreisliga B.
Sven Stypers steht im Tor. Fynn prüft mit einem strammen Flachschuss aus 13 Metern die Torhüter-Qualitäten seines Vaters, der in seiner Mannschaft zumeist in der Abwehr spielt. Sven Stypers kennt noch die Zeit, in der noch kein grüner Teppich in der Erin-Kampfbahn lag. Da liefen die Kicker noch über rote Asche.
Einen Rasenplatz gab es damals zum Beispiel im Stadion an der Bahnhofstraße. Dort und auf dem Asche-Nebenplatz ist Sven Stypers fußballerisch groß geworden. Er erinnert sich: „Nach der Schule ging es dorthin ins Stadion, immer in der Hoffnung, dass uns der Platzwart, der dort wohnte, nicht nach kurzer Zeit vertreibt.“
Auf dem Rasen oder auf der Asche nebenan gingen oft spontan Turniere mit Straßenmannschaften vom Schophof, der Luisenstraße und der Briloner Straße über die Bühne. Mit von der Partie waren da Stypers‘ Freunde, die später auch in höheren Ligen aufliefen: Dennis Hasecke (VfL Bochum, aktuell Trainer der SG Castrop), Roger Schajor und Enwer Muzaffer zum Beispiel. Oder seine Wacker-Weggefährten Markus Rachner und Thomas Korn.
Sven Stypers und Sohn Fynn spielen auf dem Kunstrasenplatz an der Karlstraße. © Volker Engel
Dort, wo sie einst verscheucht wurden, wären sie heute willkommen: Das Stadion an der Bahnhofstraße, seit 2007 mit Kunstrasen ausgestattet, ist der einzige Sportplatz in Castrop-Rauxel, der montags bis freitags bis 16 Uhr - also bis zur Trainingszeit der SG Castrop - für die Öffentlichkeit geöffnet ist. Maresa Hilleringmann vom Presseamt im Rathaus berichtet: „Schulsport und das Vereinstraining haben hier stets Vorrang. In den freien Zeiten können aber auch Bürger ohne Vereinszugehörigkeit im Stadion Sport treiben. Dort ist der einzige städtische Platzwart tätig. Die weiteren Plätze werden von den Vereinen betreut.“
Auch hier gibt es einen Haken, wenn Vater und Sohn pöhlen möchten: Es geht, allerdings nur unter Duldung der Vereinsverantwortlichen und -Trainer. Die Sportplätze seien mit den Trainingszeiten der Schulen und Vereine „mehr als ausgelastet“. Deshalb gebe es wenig bis gar keine freien Zeiten.
“Generation Playstation“ spielt nicht mit
Fynn Stypers hat das Glück, dass er bei den E-Junioren des SV Wacker Obercastrop spielt. Deshalb nimmt es ihm auch keiner krumm, dass er samstagmorgens während eines laufenden F-Jugend-Spiels in der Erin-Kampfbahn bolzt. Sein Vater wirft ihm den Ball zu, Kopfballtraining - und der Ball fliegt im hohen Bogen ins Tor. Sven Stypers erklärt: „Mein Sohn ist ein Junge für draußen. Daher gehen wir so oft wie möglich pöhlen.“ Nur wenige von Fynns Schulfreunden sind so gepolt. Sven Stypers: „Die sitzen zumeist vor der Playstation.“
Der Vater nutzte in seiner Jugendzeit Löcher im Zaun, um mit seinen Kollegen Sportplätze wie etwa die Erin-Kampfbahn oder den damaligen Wacker-Platz am Stadtgarten zu entern - oder kletterte über die Begrenzung. Heutzutage würde er Probleme bekommen. Maresa Hilleringmann betont: „Das Hausrecht wird durch den Platzwart oder Vereinsverantwortlichen ausgeübt. Dieser verfügt deshalb auch über die Kompetenz, Personen von der Anlage zu verweisen.“ Wenn es zu Konflikten kommt, dürfte er sogar die Polizei rufen.
“Feuer frei“ in Herne
In der Nachbarstadt Herne ist das anders geregelt: Da dürfen Vater und Sohn auf allen Sportplätzen bolzen. Rüdiger Döring vom Herner Sportamt sagt: „Schließlich sind die Anlagen ja mit öffentlichen Geldern finanziert und gebaut worden.“ Nutzungsregeln gibt es allerdings auch hier. Sie werde durch Schilder in den Eingangsbereichen erklärt, so Döring. Von 8 bis 16.30 Uhr gilt haben Privatleute freien Zutritt. Das funktioniert auch ohne städtische Platzwarte. Denn diese gibt es nur beim SV Wanne 11 und Sportzentrum Horsthausen.
Mit dem Fahrrad kommt Sven Stypers an der Erin-Kampfbahn an. © Volker Engel
Großer Beliebtheit erfreuen sich in Herne die Kleinspielfelder, die im Zuge der WM 2006 an den Schulen und Sportplätzen gebaut wurden - zumeist mit Kunstrasen. Die Bolzplätze in Castrop-Rauxel sind nicht so toll ausgestattet. Hier pöhlen die Kicker zumeist auf Wiesen, auf Schotter - oder im Matsch. Wie etwa im Volkspark Ickern (hinter der Minigolfanlage), am Hallenbad an der Bahnhofstraße, im Grutholz, auf dem Nordlager in Habinghorst, an der Dinnendahlstraße in Merklinde sowie am Tappenhof (Pöppinghausen). Und auf dem Rennbahngelände an der Dortmunder Straße (3 Plätze). Ebenfalls keinen Kunstrasen-Teppich findet man auf den Bolzplätzen an den Schulen.
Einige der heimischen Bolzplätze kennt Sven Stypers aus der Vergangenheit. Er urteilt: „Der Platz am Hallenbad war eine Maulwurfswiese. An der Willy-Brandt-Gesamtschule war die Gefahr eines Kreuzbandrisses immer recht hoch und die Tore waren mächtig klein. Und der Platz im Volkspark Ickern war für uns Jungen aus Dorf Rauxel einfach zu weit weg.“
Obenauf ist Sohn Fynn Stypers, wenn er mit seinem Vater Sven pöhlt. © Volker Engel
Auf der Straße spielen, wie es noch vor über 20 Jahren ging: Dazu rät Sven Stypers seinem Sohn Fynn nicht. Dazu sei der Verkehr heute zu dicht. Es lauern zu viele Gefahren. Zum Glück gibt es ein paar Meter Wiese hinter dem Balkon seiner Wohnung an der Wilhelmstraße. An der Luisenstraße trat auch Sven Stypers hinter dem Haus vor den Ball. Er erklärt: „Unsere Tore waren die Wäschestangen. Wir waren einigen Anwohnern aber zu laut. Und irgendwann waren dann die Stangen weg.“
Unendliche Weiten im Gysenbergpark
Wenn Fynn richtig viel Bewegung braucht, dann hat Sven Stypers ein besonderes Rezept dagegen: Er fährt mit seinem Sohn zum Herner Gysenbergpark. Dort lädt eine Wiese, die so groß ist wie drei Fußballplätze zusammen ist, zum Pöhlen ein. Und ein Streetball-Feld ist ganz in der Nähe.
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