Ex-Profi Michael Esser übt deutliche Kritik an Kreisliga-Gehältern „Das ist Schwachsinn“

Esser-Wechsel zum VfR Rauxel: Was den Ex-Profi an der Kreisliga reizt
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Die Nachricht schlug hohe Wellen in der heimischen Sport-Szene: Michael Esser, Profi-Torhüter vom VfL Bochum, wechselt zum VfR Rauxel. Von der Bundesliga direkt in die Kreisliga B. „Da waren aber schon ein paar Tage dazwischen“, sagt Esser nun im Telefonat mit dieser Redaktion. „Die letzten acht Monate war ich verletzt. Da konnte ich nicht viel machen.“

Er müsse gucken, ob das „Knie hält“, wenn es um künftige Einsätze für seine neue Mannschaft geht. Beim VfR Rauxel will der 36-Jährige vor allem „Spaß haben“ und eine „gute Runde spielen“. Einen möglichen Aufstieg in die Kreisliga A habe sich dort aber niemand auf die Fahne geschrieben.

Als Michael Esser 2015 den VfL Bochum Richtung Graz verließ übernahm er im letzten Spiel gegen Sandhausen die Kapitänsbinde vom verletzten Patrick  Fabian. Co-Trainer Thomas Reis half ihm hinein.
Als Michael Esser 2015 den VfL Bochum Richtung Graz verließ, übernahm er im letzten Spiel gegen Sandhausen die Kapitänsbinde vom verletzten Patrick Fabian. Co-Trainer Thomas Reis half ihm hinein. © Jens Lukas

Esser will eigentlich auch gar nicht unbedingt in die Kreisliga A. „Dort wird Geld für Spieler rausgehauen - das ist Schwachsinn“, betont er. „Dann kann der Verein das Geld nicht aufbringen oder der Spieler geht für 30 Euro mehr woanders hin.“ Er wolle nur noch um der Kameradschaft und Freundschaft willen spielen. So fiel die Entscheidung auf den VfR Rauxel, wo prinzipiell kein Geld an Spieler gezahlt werde. Dass der Vereinsvorsitzende Uwe Esser Michaels Vater ist, könnte durchaus zum Entschluss beigetragen haben.

Für die Rauxeler wird Michael Esser übrigens nicht im Tor stehen. „Ich habe mir lange genug ins Gesicht schießen lassen“, so der 1,98 Meter große Hüne. Als Feldspieler wolle er sich in den Dienst der Mannschaft stellen, egal auf welcher Position.

Esser, hier 2021 beim Cup der Traditionen in Duisburg, wird die zahlreichen Derbys gegen Dortmund und Schalke nicht vergessen.
Esser, hier 2021 beim Cup der Traditionen in Duisburg, wird die zahlreichen Derbys gegen Dortmund und Schalke nicht vergessen. © Stephan Schütze

Doch natürlich wird er auch viele schöne Erinnerungen aus seiner Zeit als Profi im Gedächtnis behalten. Dazu zählt der 4:2-Sieg gegen den FC Bayern München im Februar 2022. Dabei musste sich Esser im Bochumer Tor zweimal Robert Lewandowski geschlagen geben, der in neunten und 75. Minute traf. Oder die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf am Ende der abgelaufenen Saison, als der VfL Bochum im Elfmeterschießen seinen Klassenverbleib in einem Herzschlagfinale sicherte. Der verletzte Esser konnte jedoch nicht eingreifen.

Und natürlich gehören die Derbys gegen Dortmund und Schalke zu den unvergesslichen Momenten für den Bochumer Ex-Keeper. „Ich weiß ja, wie man den Fußball hier im Ruhrgebiet lebt. Vor Spielen gegen Dortmund habe ich Nachrichten von Schalkern bekommen, dass ich mich heute besonders anstrengen soll“, schildert er und ergänzt: „Umgekehrt war es genauso.“

Geheimfavorit Österreich

Doch der in Castrop-Rauxel geborene Esser war nicht nur im Ruhrgebiet unterwegs. In der Saison 2015/16 war er beim österreichischen Erstligisten SK Sturm Graz unter Vertrag und absolvierte dort alle Pflichtspiele. Die österreichische Nationalmannschaft, die am Dienstag (2. Juli) im EM-Achtelfinale gegen die Türkei ausgeschieden ist, hatte Esser zuvor als Geheimfavorit auf dem Zettel. „Nicht nur wegen des guten Trainers (Ralf Rangnick; Anm. d. Red), sondern auch weil ich einige Spieler kenne“, sagt Esser. „Die haben ein gutes Gemeinschaftsgefühl.“

Nach Graz ging es weiter in der ersten deutschen Bundesliga mit Darmstadt 98 (2016/17) und Hannover 96 (2017 bis 2019). Nach einem kurzen Ausflug zur TSG Hoffenheim (2020) wechselte er zurück nach Hannover. Dort blieb er bis 2021, dann folgte die Rückkehr nach Bochum, wo Esser 2008 seine Profikarriere begann.

Dort ist er auch heute noch tätig. Beim VfL Bochum arbeitet Esser als Junioren-Torwarttrainer im „Talentwerk“. Kaum verwunderlich also, dass er der Ansicht ist, dass auch Kreisliga-Vereine ihr Geld besser in die Jugend investieren sollten, um dem Nachwuchs eine gute fußballerische Ausbildung zu ermöglichen.