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Heeker Bezirksliga-Aufstieg 1970: Als Spieler im Kofferraum zum Platz geschmuggelt wurden
Fußball: 100 Jahre SV Heek
Als Favorit auf den Bezirksliga-Aufstieg gilt in dieser Saison der SV Heek. Diesen Erfolg feierten zuletzt 1970 die Vorgänger der aktuellen HSV-Elf. Einige Zeitzeugen erinnern sich noch gut.
Auf dem Platz kämpft die erste Mannschaft des SV Heek soeben gegen Union Wessum um wichtige Punkte in der Meisterschaft. Viele Zuschauer haben an diesem Sonntag den Weg ins Dinkelstadion gefunden. Mittendrin an einer zunächst mit Kaffee und Kuchen gedeckten Tafel sitzen einige bereits dem aktiven Sportalter entwachsene Herren, die zumindest die etwas älteren Anhänger des SV Heek mit glorreichen Zeiten verbinden.
Der Vorstand hat die lokalen Fußballhelden eingeladen und viele sind gekommen. Es sind Mitglieder der damaligen ersten Mannschaft, die am 31. Mai 1970 – passend zum damaligen Jubiläum – mit einer beeindruckenden Saisonleistung den Aufstieg in die Bezirksliga geschafft hat. Doch es war ein langer Weg bis zum verdienten Triumph.
Wir haben uns dazugesetzt und ein wenig in den Erinnerungen der „Jungs“ gekramt. „Das Feuer für den Fußball brennt immer noch, wenn auch nicht mehr auf größter Flamme“, gibt Werner Noack zu. In lockerer Runde soll über die damalige Zeit gesprochen werden und nach anfänglicher Zurückhaltung beginnen sie zu erzählen, als wäre es erst gestern gewesen.
„Wir waren echte Kumpels“
Auf die Frage, wann sich ihre Mannschaft gefunden und wie sie sich entwickelt hat, erklärt der langjährige Mannschaftskapitän Werner Noack „Wir waren schon seit der Jugend echte Kumpels, haben immer zusammengehalten, nicht nur beim Sport, sondern auch sonst. Egal was war, man hat sich gegenseitig geholfen – elf Freunde müsst ihr sein, besser noch ein paar mehr“, sagt er in Anlehnung an Sepp Herbergers alte Weisheit.
Hubert Wissing ruft dazwischen: „Und einen guten Trainer musst du haben“. Auf Nachfrage spricht Wissing den damaligen Trainer Jan Nordkamp an. Was an dem so besonders war? Hubert Wissing antwortet: „Der hat uns das Laufen beigebracht“. Alle lachen und wissen, was er meint. Der Trainer hatte einen großen Anteil an den späteren Erfolgen der Truppe, das bestätigen auch die anderen. „Wir hatten das Glück, dass wir in Heek ein gutes Gefüge aus erster und zweiter Mannschaft hatten. Jan Nordkamp hat die Mannschaft zu einem Team zusammengebaut und das war ein weiterer Baustein zum Erfolg“, meint Werner Noack.
Auf die Frage nach dem stärksten Mannschaftsteil ergreift Josef Böckers das Wort: „Die Stärke der Truppe war ganz klar die Mannschaft – jeder ist für jeden gerannt“. Es ist auch die einhellige Meinung aller, dass es niemanden gab, der herausragte, sondern dass es immer eine Leistung der ganzen Mannschaft war. Nochmals auf die Anfänge angesprochen erzählt Josef Böckers von Alfons Janning, einen ebenfalls ehemaligen Topfußballer aus Heek: „Alfons – das war für uns eine Art Vaterfigur und ein Vorbild. Ein Kämpfer und gleichzeitig ein hervorragender Fußballer, von dem wir alle viel gelernt haben“.

Die „Aufstiegshelden“ von 1970 heute: (v.l.) Wilfried Kuiper, Josef Böckers, Werner Noack, Hubert Wissing, B. Albers, Ewald Schmeing, Alf Schneider, Hubert Trawinski. Es fehlen Bernhard Middelhoff und Werner Gausling. Die anderen Spotkameraden sind bereits verstorben. © Helmut Schwietering
Mittlerweile führt die aktuelle Mannschaft des SV Heek mit 3:1, und die Kaffeetafel weicht jetzt kühlen Getränken am „Ehrentisch“. Ewald Schmiing kommt nochmals auf Trainer Jan Nordkamp zu sprechen: „Von ihm haben wir in Bezug auf Taktik und Feinabstimmung sehr viel gelernt.“ – „Besonders interessant war, dass der Trainer keinen Führerschein besaß und deshalb bei jedem Spiel von Alfons Samberg abgeholt und wieder nach Hause gebracht wurde“, erinnert sich Werner Noack.
Auf die Frage, ob denn immer alle fleißig beim Training waren, nickt die ganze Truppe wie in der Schule. „Ohne Training geht nichts und wir hätten das ohne Fleiß nie geschafft.“ Zu den Spielen hat Alfons Schneider eine Geschichte, die wohl heute nicht mehr möglich wäre, oder zu sehr viel Ärger sorgen würde: Auf die Frage, ob denn beim Training fast immer alle da waren fällt Alfons Schneider eine schöne Anekdote ein: „Einige von uns waren bei der Bundeswehr und ab und zu fehlten unserer Mannschaft dadurch Spieler. Franz-Josef Lammers hat dann nicht lange gefackelt und die Jungs im Kofferraum seines Autos aus der Kaserne geschmuggelt. Zur Not musste auch mal ein Wachdienst getauscht, oder mit ein wenig Bestechung beim Wachhabenden nachgeholfen werden. Auf jeden Fall waren für die Spiele immer genügend Fußballer da, wo immer die auch zwei Stunden vorher waren“ so Alfons Schneider.
Das Thema Bundeswehr war schwierig, aber die Verantwortlichen des Vereins wussten sich auch dabei zu helfen und konnten die Spieler durch geschickte Verhandlungen in Heimatnähe in der Kaserne in Rheine-Bentlage unterbringen.
Vor 1800 Zuschauern in Vreden
Wie war das kurz vor Saisonschluss 1970, als das große Ziel zum Greifen nah war? Es geht jetzt ein wenig durcheinander am Tisch. Jeder gibt seinen sportlichen Senf dazu und Werner Noack und Alfons Schneider fassen zusammen: „Wir hatten am vorletzten Spieltag das Spiel bei unserem Verfolger SpVgg Vreden. Im mit 1800 Zuschauern voll besetzen Vredener Stadion wäre ein Sieg die Vorentscheidung gewesen. Die Abwehr hat bereits an diesem Tag ihr Meisterstück abgeliefert und ließ nichts anbrennen.
Die Zeitung berichtete damals von allerhöchster Anspannung auch bei den Offiziellen des kleinen, oder jetzt etwas größeren, HSV am Spielfeldrand. Als der ersehnte Schlusspfiff ertönte, gab es kein Halten mehr. „Da war der Deubel los“, so Bernhard Albers. „So fuhren wir mit einem 1:0 Sieg und mit einigen Stollenabdrücken vom intensiv geführten Match nach Hause. Den Meistertitel und somit den Aufstieg in die Bezirksliga haben wir zwar im Spiel gegen Ammeloe endgültig klargemacht, aber dieses Spiel gegen Vreden war der Schlüssel zum Erfolg“ so Ewald Schmeing, der das entscheidende 1:0 gegen Vreden geschossen hatte.
„Erst mal kurz schütteln“
„Nach dem Sieg mussten wir uns erst mal kurz schütteln – es hat ein paar Augenblicke gedauert, bis wir es begriffen hatten“, aber nur ein paar, meint Hubert Wissing. Während der Zumdieck-Bus sich mit feiernden Sportlern und Fans in Richtung Heek in Bewegung setzte, hatte sich die frohe Kunde auch ohne Smartphone und Internet bereits bis nach Heek herumgesprochen. Einige Fans waren auch schneller als der Bus und machten sich mit Pinsel, und blau-weißer Farbe auf, das Dorf direkt vor dem Vereinslokal in ihren Lieblingsfarben zu verschönern. In der darauf folgenden Nacht stand das ganze Dorf Kopf und die Party war am Montag noch nicht zu Ende.
Zurück in der Gegenwart: Auf dem Spielfeld geht an diesem Sonntag das Spiel mit einem klaren Sieg für die Heeker zu Ende und die Ehemaligen sind beeindruckt, raten aber zu Ruhe und Bescheidenheit. „Wir hätten es am Schluss auch noch versemmeln können. Man braucht Glück, Zusammenhalt und eine wirkliche Mannschaft.“
Auch heute noch treffen sich die ehemaligen Fußballer zum Sport, aber jetzt mit dem Fahrrad. Fahrten zum Training im Kofferraum und das Anschieben eines Busses, der einmal wegen Spritmangel auf einer Mannschaftsfahrt bei Borken liegenblieb, gehört für sie heute nicht mehr zum Trainingsprogramm.