Es ist ein großes Abenteuer, auf das sich Gaby Blömer (64) aus Legden und ihre spanische Freundin Patricia Aguilera López (45) im Herbst 2023 eingelassen haben: 12 Tage und 204 Kilometer auf dem klassischen Jakobsweg (Camino francés) von Ponferrada nach Santiago de Compostela. Die „Nachwirkungen“ sind nach wie vor spürbar und mittlerweile sogar schwarz auf weiß zu lesen. „Camino mit Hund“ haben die beiden Pilgerinnen ihre „Gebrauchsanweisung“ für die außergewöhnliche Tour mit einem Vierbeiner genannt.
Ein humorvoll-spritziges Büchlein, das fast fertig ist und auf 50 Seiten nicht nur die besonderen Eindrücke und Erlebnisse auf dem Weg in Bild und Wort festhält, sondern auch ganz handfeste Tipps für Planung und Durchführung gibt. Gespickt mit Rezepten für landesübliche Speisen und Getränken. Und das in deutscher und spanischer Sprache.
Wie alles begann? Als Gaby Blömer, die in Legden auch mit ihrer Tagesgruppe „Kompass“ bekannt ist, bei einer Begegnung mit ihrem Kölner Freundeskreis von Patricias Absicht hört, sich mit Hündin „Cookie“, ansonsten aber allein, auf den Jakobsweg zu machen, ist sie alarmiert: „Gerade hatte ich gelesen, dass eine Pilgerin dort spurlos verschwunden ist.“
Spontan bietet sie sich als Begleiterin an. Patricia ist skeptisch, ob es in einer solchen Situation mit der Zweisamkeit klappt, stimmt aber zu. Und beide haben keine Ahnung, was da auf sie zukommt.

Vorbereitung ist alles
Intensiv bereiten sich die beiden Frauen vor, sammeln akribisch Informationen. Über Strecke, Unterkünfte, Proviant, Gepäck usw. und stellen da schon fest, dass es eine Fülle an Info-Material gibt, aber zur Pilgerreise mit Hund Ebbe herrscht.
Auch das körperliche Training - für Mensch und Tier - gehört zur Planung. Selbst „Cookie“, ein Maltipoo, eine Mischung aus Malteser und Pudel, absolviert täglich immer mehr Kilometer.
Besonderen Wert legen die Frauen auf die Packliste, die neben den menschlichen Utensilien wie Schlafsack, Kleidung auch die Basics für Cookie enthält. Beispiele: Wasser und faltbarer Napf, Futter, Leine, Kotbeutel, Zeckenkarte. Und natürlich wird auch der Impfausweis eingepackt.
Im Nachhinein werden sie feststellen, dass sie an (fast) alles gedacht haben. Dass nämlich Cookie läufig wird, hatte niemand auf dem Zettel. Klar wird ihnen aber schon im Vorfeld, dass nicht alle Unterkünfte auch auf Hunde eingestellt sind, man sich genau umschauen muss, dass sie auch ausdrücklich erwünscht sind.
Ansonsten laufe man Gefahr, dass der Vierbeiner, getrennt von seinem menschlichen Begleiter in einer Garage übernachten muss. Aus Erfahrung raten sie jetzt dazu, mindestens die ersten fünf Tage fest zu buchen.
Von wegen kleine Steigungen!
Dann ist es im September 2023 so weit: Nach der Landung in Madrid geht es noch per Bus vier Stunden bis zum Startort. Gestärkt mit Kastanien-Muffins aus einem kleinen Laden dort geht es los.
Sie entscheiden sich für eine alternative Route abseits der Landstraße. Gaby Blömer: „Die ersten 100 Kilometer haben wir so gut wie keinen Menschen getroffen.“ So können sie sich ganz auf sich selbst, die spektakulären Sonnenaufgänge, die ebensolche Natur mit den grandiosen Eukalyptus-Wäldern einlassen. Nur das wird Gaby schnell klar: Die „wunderschönen Berghänge mit kleinen Steigungen“, von denen Patricia im Vorfeld geschwärmt hatte, entpuppen sich als echte Herausforderungen.
Die Neu-Pilgerin „stirbt vor sich hin“, bekommt Zweifel, ob sie vielleicht doch zu alt sei für den Camino (Jakobsweg - spanisch Camino de Santiago). Die Antwort bekommt sie später. Als es nämlich die sehr viel jüngere Patricia eines Morgens wegen Muskelkaters kaum aus dem Bett schafft, und Gaby davon so gar nichts spürt und voller Energie und Tatendrang ist.
Spürbar: Man muss sich quälen
Beider Füße aber zeigen schon nach wenigen Etappen Spuren: Blasen, Scheuerstellen., Wunden. Abhilfe verschaffen spezielle Pflaster, Zehüberzieher, Vaseline und eiskaltes Wasser. Cookies Pfoten werden ebenfalls mit Vaseline versorgt, lange Strecken über Asphalt vermieden. Ganz wichtig: Cookie bleibt an der Leine. „Hunde laufen ja sonst hin und her und dann die doppelte Strecke.“
All‘ die Widrigkeiten nehmen Gaby und Patricia in Kauf und lehnen es ab, dass ihre Rucksäcke mit dem Auto transportiert werden. Eine Möglichkeit, die sie unterwegs verwundert beobachten.
Ihre Devise ist stattdessen: „Wir sind nicht auf einem Ausflug, sondern auf dem Camino, und da quält man sich eben.“ Außerdem werden sie reichlich entschädigt für die Strapazen. Vor allem durch die spannenden Begegnungen mit anderen Pilgerinnen.
Aufregende Begegnungen

Das aufregendste Zusammentreffen: das mit Herbergsvater Mario, Großmeister des Tempelordens für Spanien und Portugal. Fasziniert betrachten die Frauen die Wände voller Orden und Abzeichen und einem (echten) riesigen Schwert.
Gebannt lauschen sie Marios Berichten, der den Camino frances bereits 52 Mal gepilgert ist. Auf den Spuren der Tempelritter, zu deren Aufgaben von Anfang an (1118) der Schutz der Pilger vor Räubern gehörte. Apropos Gefahren?
„Ängstlich darf man nicht sein“, beschreibt Gaby Blömer ihre Touren am frühen Morgen in der Dunkelheit, durch dichte Wälder und einsame Gegenden. Ein Aufeinandertreffen mit riesigen und knurrenden Berghunden gehört zu den raren unangenehmen Momenten. Mit ihrem Pilgerstab sieht sie sich auch in dieser Situation gut gewappnet. Und: „Auch wenn der Hund noch so klein ist, man fühlt sich doch irgendwie sicherer.“

Für schlechte Gefühle bietet der Camino ohnehin wenig Gelegenheit. Tagsüber gibt es die unbeschreiblichen Bilder einer scheinbar unberührten Natur, die Gerüche und das Konzert der Vögel. All’ das ist Balsam für die Seele! Außerdem sind die Abende kurz, die Nächte lang. Nach dem intensiven Tagesprogramm, einem abschließenden Pilger-Menü, zu dem immer eine Flasche Wein gehört, fallen sie nur noch ins Bett. Nach 12 Tagen sind sie am Ziel. Der Lohn: sogar Cookie bekommt einen Pilgerausweis.
Nach ihrer Rückkehr ist beiden schnell klar, dass sie ihre Erlebnisse zu Papier bringen müssen. Auch deswegen, weil sie unterwegs immer wieder auf Menschen treffen, die gerne ihren Hund mitgenommen hätten, aber nicht wussten, wie es möglich ist.
Auch für sie haben sie ihren kleinen Pilger-Ratgeber für Hundefreunde zusammengestellt. Nach mehreren Treffen und intensivem Austausch. Sie haben sich noch nicht darum bemüht, könnten sich aber durchaus vorstellen, dass sich ein Verlag dafür interessiert.

Außerdem hat dieser Camino auch als so etwas wie ein Jakobsweg-Trigger gewirkt: „Nächstes Jahr ist Portugal unser Ziel.“
Diesen Artikel haben wir am 10. August 2024 veröffentlicht.