Nicht nur beim Musikfestival in Wacken kommen die Leute derzeit nicht aufs Gelände – oder stehen im Schlamm. Auch viele Landwirte ringen mit diesem Problem. Sind diese um diese Jahreszeit eigentlich Tag und Nacht mit Erntearbeiten beschäftigt, so befinden sie sich nun in Wartestellung. Es ist einfach zu nass. „Katastrophe“, meint auch der Legdener Landwirt Christian Bomberg. Er relativiert gleich: „In Panik verfalle ich deswegen nicht.“ Diese Jahre habe es immer schon gegeben. Und die Aussichten schürten Hoffnung.
Kurzer Rückblick: Nach der Trockenphase im Mai und Juni gab es in der Region vom kalendarischen Sommeranfang bis heute über 250 Millimeter Niederschlag. Seit Jahresbeginn waren es in Summe 650 Millimeter und damit schon jetzt so viel wie 2022 insgesamt. Normalerweise freuen sich die Landwirte im Kreis über Regen, aktuell verregnet es ihnen die Ernte. Die Böden der Felder sind so matschig, dass die Bauern das erntereife Getreide nicht einfahren können.
Verteilung des Regens passt nicht
„Letztes Jahr haben wir drum gebettelt. Nun ist die Menge gut, die Verteilung passt einfach nicht“, meint Christian Bomberg. Ein „großes Problem“ sieht der Legdener beim Raps. Die Schoten platzten schon auf – „vor allem durch die Starkregenschläge“ –, was bis zum Totalverlust führen könne.
Auch Weizen und Triticale (Kreuzung aus Weizen und Roggen), die jetzt reif auf dem Halm stehen, geraten mit jedem weiteren Regentag mehr in Gefahr. Das Problem: Das Getreide gehe „in Lage“, was letztlich das Ernten schwieriger werden lässt. Oder anders: Der Regen macht den reifen Getreidepflanzen mit dünnen Halmen und schweren Ähren zu schaffen.

Dazu kommt: „Gerade die Triticale neigt dazu, schnell auszuwachsen.“ Sprich: Sie beginnt auf den Halmen schon zu keimen. Gerade, wenn sie in Bodennähe abgeknickt ist. Dazu könne beim Getreide ein Schwarzschimmelbefall kommen, statt gold-gelb dominiert dann grau.
Ernteverluste seien für diese Kulturen vorprogrammiert, sagt auch Martin Finke, der als Pflanzenbauberater bei der Landwirtschaftskammer NRW (LWK) fast jeden Tag draußen bei den Landwirten unterwegs ist: „Die Rückgänge betreffen hierzulande gar nicht unbedingt die Erntemengen, dafür aber umso mehr die Qualitäten. Und die sind für die spätere Nutzung entscheidend.“ Gerade bei Backweizen sei mit Qualitätsverlusten zu rechnen. Letztlich könne das Getreide allein noch als Futtermittel verwendet werden. Mit geringeren Einnahmen für die Bauern.
Christian Bomberg will – wie gesagt – nicht schwarzmalen, er hat auch gute Nachrichten. Für die Natur – „ganz besonders für den Wald, der endlich einmal durchnässt wird“ – und einige Ackerkulturen sei der Regen zweifelsohne ein Segen. Die Grasernte verlaufe in diesem Jahr in Summe entsprechend „top“. Mais, im Kreis Borken die wichtigste Kulturpflanze, ist vom Ursprung her eine Tropenpflanze – das Wachstum weiter antreiben könnte die für Ende kommender Woche angekündigte Rückkehr des Hochsommers. „Die Kolben sind gut, auch die Wuchshöhe stimmt“, berichtet Bomberg. Vereinzelt sei es aber auch zu Hagelbruch gekommen.
Mais profitiert von Bedingungen
Der Landwirt wirft den Blick auch auf die Zeit vor der einsetzenden Regenperiode vor rund zwei Wochen. So konnte Gerste fast überall noch eingebracht werden, „der Ertrag war gut“. Auch Zuckerrübe und Kartoffeln entwickeln sich gut.
Christian Bomberg setzt seine Hoffnung nun eben auf die Wetterprognose ab Ende kommender Woche. Der Staub durch die Mähdrescher wird dann aber nicht umgehend dominieren. Der Legdener betont, dass es ein paar Tage dauern wird, bis das Getreide so abgetrocknet ist, dass es effizient geerntet und abgedroschen werden kann. Gerade eben, wenn es „in Lage“ ist. Ebenso müssten die Flächen so weit abgetrocknet sein, dass sie mit schwerem Erntegerät möglichst bodenschonend befahren werden können. So oder so: Die Erntezeit wird bis weit in den August hineinreichen. Und das Trocknen des Getreides kostet.