Mitte März 2025. In den Tagesgruppen von „Kompass“ in Legden und Ahaus ist die Normalität zurück. Das war noch vor kurzem ganz anders. Statt Alltag herrschte hier Ausnahmezustand. Tagelang. Der Anlass: Spitzenkoch Björn Freitag besuchte die Einrichtung in Ahaus und Legden, um gemeinsam mit vier Kindern für sein TV-Format „Viel für wenig“ zu kochen. Was sich dann an drei Tagen vor und hinter der Kamera abspielt, ist aber längst nicht alles, sondern im Grunde nur der Höhepunkt für alle Beteiligten.
Ein kleiner Rückblick auf intensive und herausfordernde „Arbeitstage“ und die Zeit davor. Zurück auf Anfang. Nachdem im vergangenen Jahr klar ist, dass Kompass in die Auswahl für einen Freitag-Beitrag kommt und nach Vorgesprächen und Casting auch den Zuschlag bekommt, beginnt eine unglaubliche Zeit der Vorbereitung. Nicht nur organisatorisch eine Herkules-Aufgabe für Kompass. Hinzu kommen Abstimmungen mit der Produktionsfirma über Termine, mögliche Speisepläne und noch sehr viel mehr.

Kompass-Leiterin Gabriele Blömer und die Teams müssen alle Beteiligten auf die außergewöhnliche Situation einstimmen und zuallererst deren Einverständnis einholen. Kinder, Eltern, pädagogische Mitarbeitende. Wichtig sei, schon vorab sicher zu stellen, dass jedem kochenden Kind während der Drehtage ein Pädagoge zur Seite steht. Wenn es mal nicht so läuft, wie erwartet.
Vorbereitung auf lange Arbeitstage
Besonders im Fokus: die Einstimmung der Kinder. Auf lange „Arbeitstage“, die schnell sieben bis acht Stunden dauern können. Und: „Wir mussten sie auch darauf vorbereiten, dass sie mit ihrer Fernseh-Präsenz auch Neid und Missgunst erwecken könnten“, sagt Gaby Blömer. Dann aber sind Noah (9), Jerome (13), Johnny (9) und Leonie (12) bereit für ihre TV-Premiere. Ihre Verfassung vor dem Start: ein Gefühlsmix aus Aufgeregtheit und Vorfreude.
Björn Freitag aber habe es dann allen leicht gemacht, erzählt Gaby Blömer in der Rückschau: „Er hat Brücken gebaut.“ Überhaupt sei das gesamte Fernseh-Team als große Familie aufgetreten und habe den jungen Akteuren ihre Scheu genommen. Gaby Blömer spricht von einer großen Empathie des Teams, von Respekt geprägt: „Es sind Menschen, die kein Problem damit haben, wenn sich die Kinder vielleicht anders als andere verhalten.“

Für Gaby Blömer sind die Intensiv-Tage mit Björn Freitag aber auch ein Herzensprojekt und nicht nur Abwechslung sondern wertvoll für die pädagogische Arbeit. Die habe die Kinder Selbstbewusstsein gelehrt: „Sie konnten zeigen, wozu sie fähig sind.“ Und die Eltern haben sehen können, wie wertgeschätzt sie werden. Das alles sei an einem Tag zusätzlich auch vor Ort deutlich geworden: Als die Asbecker Backfrauen zur Überraschung der Kinder zusammen mit ihnen Brot gebacken haben. Sogar Legdens Bürgermeister Dieter Berkemeier sei am Backhaus aufgetaucht und habe den kleinen Köchen eine süße Überraschung und für das Team Dahlien-Geschenke mitgebracht, erzählen die Kinder.
Reaktionen danach
Was die Nachwuchsköche und die Kompass-Mitarbeitenden von diesen außergewöhnlichen März-Tagen mitnehmen, haben sie anschließend „verraten“. Einige O-Töne der Kinder:
- Noah: „Das Schönste und Lustigste war für mich, einfach dabei sein zu dürfen.“
- Johnny: „Es war supertoll, das Brot hat klasse geschmeckt. Am besten hat mir das Abschlussessen geschmeckt.“
- Jerome: „Ich fand die Drehtage sehr aufregend. Am besten hat mir gefallen, dass wir etwas mit Fisch und vegetarisch gekocht haben.“
- Leonie: „Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, das Essen hat mir sehr gut geschmeckt, und das finale Kochen war mein Highlight.“
Und aus dem Kompass-Team:
- Eva: „Es war sehr inspirierend, ich habe direkt am nächsten Tag ein Dessert aus allerlei übrigen Lebensmitteln zubereitet.“
- Michael: „Eine tolle Erfahrung, die man so wahrscheinlich nur einmal im Leben hat. Eine super Abwechslung zum Alltag.“
- Gaby: „Es war eine große Freude zu erleben, wie sich Kinder und Pädagoginnen auf dieses große Abenteuer eingelassen haben.“
- Jenny: „Wir wurden von einem tollen Team begleitet, was nicht nur bei uns, sondern besonders bei den Kindern, für eine lustige und lockere Atmosphäre gesorgt hat.“
- Ana: „Es war ein tolles Team und es hat Spaß gemacht, so eine fantastische Erfahrung zu machen.“
Lohnenswert für alle
Und Björn Freitag, wie schaut er auf diese gemeinsame Zeit? „Es hat mich sehr bewegt, mit wie viel Herzblut den Kindern hier eine schöne Zeit bereitet wird. Das lässt fast vergessen, was sich für viele von ihnen dahinter an Problemen abspielt oder abgespielt hat.“ Erstaunt sei er gewesen, dass seine jungen „Beiköche“ sehr viel weniger verschlossen waren, als er erwartet habe.
Für Freitag, der für „Viel für wenig“ nicht nur in Familien, sondern eben auch immer wieder in sozialen Einrichtungen kocht, geht es dabei naturgemäß um das „große Thema Lebensmittel“, aber auch um kreative Ideen, um auch mit wenig Geld schmackhafte und gesunde Speisen auf den Tisch zu bringen. Schließlich muss das Kompass mit einem Tages-Budget von 3,20 Euro auskommen. Das heißt für ihn aber auch, dass nicht immer nur auf dem Markt oder beim Bio-Fleischer eingekauft werden muss: „Auch beim Discounter gibt es ordentliche Lebensmittel.“
Heißt also zum Schluss: Alle Beteiligten fanden es lohnenswert. Auch wenn Björn Freitag nicht sofort von Linsen-Hackbraten und Spätzle als Alternative zu Pommes und Burger überzeugen konnte.
Und Kompass-Leiterin Gaby Blömer ist auch das klar: „Darauf kann man sich auch nur einlassen, wenn man vorher nicht weiß, was auf einen zukommt.“
Drehtage in der Tagesgruppe
Die Tagesgruppe Kompass mit den Standorten in Ahaus und
Legden bietet Kindern und Jugendlichen, die eine belastete persönliche Geschichte mitbringen, jeden Tag für mehrere Stunden Halt im Alltag.
Für das Format des WDR mit Björn Freitag „Viel für wenig“ genau die passenden Adressaten. Im Auftrag des Senders drehte die Produktionsfirma Solis TV aus Köln nicht nur am Herd, sondern auch an verschiedenen Plätzen in Legden und Ahaus. Der Sendetermin steht bislang noch nicht fest.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 22. März 2025.