Eine „Straftat gegen das Leben“ ist in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2024 in Legden aufgeführt. Unter diese Straftat fallen versuchte oder vollzogenen Tötungsdelikte wie Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen und fahrlässige Tötung, ist im Strafgesetzbuch zu lesen. Niemand in der Redaktion erinnerte sich an einen entsprechenden Vorfall, der im vergangenen Jahr in Legden stattgefunden haben soll. Das warf Fragen auf.
Die Pressestelle der Kreispolizeibehörde in Borken verwies an das Polizeipräsidium in Münster. Bei Straftaten dieser Art läge die Zuständigkeit dort, wurde der Redaktion auf Nachfrage mitgeteilt. Eine Anfrage bei der Pressestelle der Polizei in Münster brachte zunächst keinen Erfolg. Mehrfach hat die Redaktion mit der zuständigen Mitarbeiterin Marie Verspohl telefoniert und per E-Mail auf besagte Stelle in der Statistik verwiesen.
Ereignis aus dem Jahr 2021
Gleichzeitig wurde eine Anfrage an die Staatsanwaltschaft gestellt. Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt gab schließlich den Hinweis, bei der Polizei das entsprechende Aktenzeichen anzufordern. Damit könne er weitere Nachforschungen anstellen. Nur kurz später gab es erste Erkenntnisse, um welchen Fall es sich handelt.
Dem Verfahren liegt ein Ereignis aus dem Jahr 2021 zugrunde, schreibt Martin Botzenhardt per E-Mail. Auf der Autobahn A31 wurden am 3. März 2021 Fahrzeuge mit kleinen Stahlkügelchen beschossen. Unbekannte nutzten dazu möglicherweise eine Zwille. Nachdem die Fahrzeuginsassen einen dumpfen Aufprall gehört hatten, zerbarsten an zwei Fahrzeugen je eine Scheibe.
Mordermittlungen aufgenommen
Der Leiter der Mordkommission, Joachim Poll, äußerte sich damals im Gespräch mit der Redaktion zu den Vorfällen. „Wir gehen davon aus, dass die Fahrzeugscheiben durch gezielte Schussabgaben zerstört wurden. Die Insassen blieben glücklicherweise unverletzt. Die Täter haben durch ihr Handeln deren Tod aber zumindest billigend in Kauf genommen. Wir ermitteln wegen versuchten Mordes“, sagte er damals.
Die Mordkommission suchte seinerzeit nach Zeugen und zwei Jugendlichen, die sich zur Tatzeit auf einer Brücke oder in der Nähe der Autobahn aufgehalten haben sollen. Mit Hochdruck wurde in alle Richtungen ermittelt. Wie heute klar ist, leider erfolglos.
Ermittlungsverfahren eingestellt
Nachdem die Schussrichtung rekonstruiert und das Gelände der Schussabgabe eingegrenzt worden war, konnten keine Zeugen sachdienliche Informationen mitteilen. Auch sonst haben sich keine Ermittlungsansätze ergeben, schreibt Oberstaatsanwalt Botzenhardt. Das gegen „Unbekannt“ geführte Ermittlungsverfahren habe die Staatsanwaltschaft bereits im Jahr 2023 eingestellt.
Aber warum taucht diese Tat in der Statistik des Jahres 2024 auf? Eine erneute Anfrage bei der herausgebenden Stelle sorgt für Klarheit. Peter Lefering, Mitarbeiter bei der Pressestelle der Kreispolizeibehörde in Borken, erklärt, warum der Fall erst 2024 statistisch gezählt wird.
Ausgangsstatistik
Im Vorgangserfassungssystem konnte festgestellt werden, dass die zuständige Sachbearbeitung in Münster den Fall erst im November 2024 digital abgeschlossen habe. Da es sich bei der Polizeilichen Kriminalstatistik um eine Ausgangsstatistik handelt, floss dieses Delikt somit auch erst im Jahr 2024 automatisiert in die Statistik ein und wurde in den Jahren zuvor nicht abgebildet, erläutert er abschließend.