Es ist ein seltener Fall. „Er fällt durch alle Raster“, sagt Josef Honermann, Fachkrankenpfleger für Psychiatrie, in der Legdener Pfarrgemeinde Diakon mit Zivilberuf. Gemeint ist ein Schöppinger. Der junge Mann war eine Zeitlang (unbeabsichtigt und ohne sein Wissen) bei keiner Krankenkasse versichert. Eine schriftliche Information darüber hat der junge Mann nach eigener Aussage von seiner Krankenkasse nicht erhalten.
Hier sieht Josef Honermann die Krankenkassen im Sinne des Versicherten in der Sorgfaltspflicht. Schließlich handele es sich um eine erhebliche Information. Aufgefallen ist es erst, als der Mann eine Taxi-Rechnung über mehrere Tausend Euro wegen Fahrten über einen längeren Zeitraum zu einer Tagesklinik zahlen sollte.
„Nicht im Regelbetrieb vorgesehen“
Der Arbeitgeber hatte dem psychisch labilen Schöppinger nach elf Monaten gekündigt. Der junge Mann hatte damit noch kein Anrecht auf das Arbeitslosengeld 1 erworben. Da der Verdienst der Familie als Bedarfsgemeinschaft oberhalb der Bürgergeld-Grenze liegt, erhält der Schöppinger kein Bürgergeld. Arbeitslosengeld-1-Empfänger und Bürgergeld-Empfänger bleiben bei ihrer bisherigen gesetzlichen Krankenkasse versichert. Den Beitrag übernehmen die Agentur für Arbeit beziehungsweise das Jobcenter.
Zudem gilt der krankgeschriebene Schöppinger nicht als arbeitssuchend. Aufgrund seines Alters ist er außerdem nicht mehr familienversichert. Josef Honermann: „Ein solcher Fall ist im Regelbetrieb nicht vorgesehen.“
Der Legdener weist darauf hin, dass es Menschen gibt, die sich aus Krankheitsgründen mit dem Thema nicht beschäftigen können. „Darauf nimmt niemand Rücksicht“, sagt Josef Honermann, der für die Caritas im ambulanten Bereich arbeitet.
Enttäuscht zeigt sich der Caritas-Mitarbeiter über die Behörden. „Die schieben die Verantwortung auf die anderen ab.“ Zunächst hatte Honermann sich zusammen mit dem jungen Mann an die Agentur für Arbeit gewandt, dann ans Jobcenter, dann an die Krankenkasse, dann wieder an die Agentur für Arbeit, dann erneut an die Krankenkasse, dann zum dritten Mal an die Agentur für Arbeit und dann ans Jobcenter. Erst ein Telefonat bei der für den Sachverhalt zuständigen Abteilung der Bundesagentur für Arbeit in Berlin brachte den Durchbruch.
Der Schöppinger muss den Pflichtbeitrag rückwirkend bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens beim Arbeitgeber zahlen. Die Krankenkasse übernimmt dafür alle ab der Arbeitslosigkeit angefallenen Kosten, einschließlich der Taxikosten.
Alltagstauglichkeit
„Die meisten muss man an die Hand nehmen“, erklärt Josef Honermann. Er weiß aus Erfahrung, dass viele psychisch Erkrankte, oft sind es Mobbing-Opfer, nicht in der Lage sind, sich alleine um so komplizierte Sachverhalte zu kümmern.
In einer medizinischen Reha gehe es nicht darum, dass die Patienten nur arbeitsfähig werden, sondern die Patienten die Angst überwinden, so der Fachkrankenpfleger für Psychiatrie.
Die Alltagstauglichkeit soll wiederhergestellt werden. Ein Ziel der Rehabilitation ist deshalb das Stärken des Selbstbewusstseins. Häufig leidet das durch das erniedrigende Mobbing. Die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück.
Wenig Therapie- und Rehaplätze
Josef Honermann glaubt nicht, dass es derzeit mehr psychisch Kranke als in der Vergangenheit gibt. Der Unterschied: Immer mehr Menschen „trauen sich, Hilfe nachzufragen“. Das sei gut, so der Caritas-Mitarbeiter. Zudem wurden in den vergangenen Jahrzehnten deutlich mehr Angebote für Betroffene geschaffen. Jedoch mangelt es seiner Auffassung nach an Therapie- und Rehaplätzen. Davon gebe es einfach zu wenige.
Für den erkrankten Schöppinger hat Honermann (wohl) einen Rehaplatz gefunden. Doch der Weg bis dahin war schwierig. Die Krankenkasse fühlte sich nicht zuständig. Josef Honermann zeigte sich vor Kurzem dennoch zuversichtlich: „Wir kriegen es durch, dass die Rentenversicherung zahlt.“ Der junge Mann soll nicht noch einmal durch das Raster fallen.
Diesen Artikel haben wir am 6. Dezember 2024 veröffentlicht.