Apportier-Aufgabe erfolgreich erledigt: Hundetrainerin Ruth Räckers (r.) und "Schülerin" Andrea mit ihrem Australian Shepherd-Rüden.

© Christiane Hildebrand-Stubbe

Ruth Räckers‘ Weg zur Hundetrainerin: Und dann kam Gordon

rnKritik an Hundehaltung

Ruth Räckers ist auf den Hund gekommen. Das nicht nur buchstäblich, sondern auch im doppelten Sinne. Ihr eigener Vierbeiner führte sie zu Martin Rütter, ihrem neuen Beruf und neuen Einsichten.

Legden

, 21.01.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ruth Räckers ist Hundetrainerin und hat auch als Hundebesitzerin jahrelange Erfahrungen. Erst durch ihren vierten Hund „Gordon“ kam die ausgebildete Mediengestalterin aber auf die Idee, sich selbst auch professionell mit dem Thema „Hundeerziehung“ zu befassen.

Eigentlich aber, sagt sie, dass es dabei um die Menschen, die Hundebesitzer, geht. Auch zur neuen Hundeschutzverordnung hat sie ihre ganz eigenen Ansichten.

Ein Hund stand bei der gebürtigen Ahauserin schon als Kind auf dem Wunschzettel. In der kinderreichen Familie aber blieb der unerfüllt. Erst mit 26 Jahren kam der erste Vierbeiner ins Haus.

Nummer 2 und 3 folgten. Ein problemloses Miteinander. Und dann kam Gordon. 2006 als Welpe, ein Border Collie-Münsterländer-Mix. Der aber war offenbar ganz anders gepolt, als sie es bisher gewohnt war.

„Er hatte einen ausgeprägten Jagdinstinkt und wollte alle kontrollieren“, schildert sie die plötzlich neuen Herausforderungen. Vor allem um ihre drei Jungs, damals 6, 3 und 1 Jahr alt, hatte sie Sorge, dass aus seinem „Spiel“ mal Ernst werden könne. Auch das familiäre Umfeld, eine Wohnsiedlung in Ahaus, machte den Umgang mit dem vierbeinigen Hausbewohner nicht gerade einfach.

Der Hund kam einfach nie zur Ruhe

Als erfahrene Hundebesitzerin wusste sie aber um die vielen Angebote, mit einem solchen „Problemfall“ umzugehen: „Ich habe ganz viel ausprobiert, habe immer mehr gemacht.“

Im Grund habe sie damals mehr Bewegung und Sport gemacht als jemals zuvor. Bis ihr die Erkenntnis kam: „Das war alles falsch, der Hund kam nie zur Ruhe.“ Bevor sie das aber auch in praktisches Handeln umsetzen konnte, absolvierte sie eine umfassende Ausbildung.

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Ein ganzes Jahr beim „Hundeflüsterer“ Martin Rütter. 110 Tage war sie alleine im Rütterschen Ausbildungszentrum in Bonn. Zusammen mit Gordon.

Dort machte sie die Erfahrung, wie anfängliche Problemhunde zu sanften Schäfchen mutierten. „Das waren plötzlich ganz andere Hunde, auch Gordon“, sagt sie. Hier bekam sie auch die Bestätigung für ihre persönliche Einsicht, dass weniger oft mehr ist.

Bunte Leinen-Auswahl: für jeden Hund und jede Trainingssituation.

Bunte Leinen-Auswahl: für jeden Hund und jede Trainingssituation. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Dass daraus aber tatsächlich auch ein neuer Beruf werden sollte, dazu habe auch eine unfreundliche „Beratung“ der Arbeitsagentur beigetragen. Da habe man ihr als Mutter von drei Kindern von einer Rückkehr in den Beruf dringend abgeraten.

Mittlerweile ist die 51-Jährige längst Teil des „Dogs Netzwerks“ von Martin Rütter, war da aus 800 Bewerbern eine der letzten 11, die genommen wurden. Und kann sich in ihrer Hundeschule im Beikelort vor Anfragen kaum retten. Sechs Stunden am Tag ist sie hier seit 2009 im Einzel- oder Gruppentraining im Einsatz.

Kritische Anmerkungen zur Haltung

„Das ist in der Pandemie sogar deutlich mehr geworden“, sagt sie. Nicht aber unbedingt deswegen, weil mehr Hunde angeschafft wurden. Allerdings sei die Unwissenheit der Halter auch schon länger ein großes Problem.

„Da werden Hunde vom Bauernhof für teures Geld angeschafft und keiner hat ihnen schon mal in die Ohren geschaut.“ Die frühere Haltung der Hunde, gerade auf dem Land, sei überhaupt nicht artgerecht gewesen, aber manche heutige Haltung eben auch nicht.

Selbst Tierschutz sei nicht immer echter Tierschutz: „Auch da wird häufig unseriös Geld gemacht.“ Es sei zum Beispiel wenig hilfreich, einen fünfjährigen Straßenhund aus dem europäischen Ausland nach Deutschland zu bringen. „Der muss vor Ort gut versorgt werden, aber nicht in ein völlig fremdes Umfeld gebracht werden.“

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Insofern ist auch ihre Einschätzung der neuen Hundeschutzverordnung, die seit Anfang des Jahres gilt und vor allem neue Regeln für die Haltung von Hofhunden vorgibt, sehr differenziert: „Hunde sind Rudel-Tiere, sie isoliert im Zwinger zu halten, ist nicht gut, schade ist aber, dass es jetzt oft genau in die andere Richtung geht.“

Was sie damit meint? „Die Tendenz hin zur Vermenschlichung der Hunde.“ Was nütze es, Leine und ein Hundekörbchen für mehrere 1000 Euro anzuschaffen, wenn die Basics der Hundeerziehung nicht bekannt seien.

Problem: Dominanzstreben der Vierbeiner

Da ist zum Beispiel das Dominanzstreben der Hunde, das zu aggressivem Verhalten – nicht nur gegenüber Artgenossen – und damit zu einem echten Problem werden könne: „Hunde wollen ihre Menschen kontrollieren, sozial und/oder territorial.“

In der großen Halle ist nicht nur ausreichend Platz fürs Training, hier können auch ganz verschiedene "Trainingsgeräte" genutzt werden.

In der großen Halle ist nicht nur ausreichend Platz fürs Training, hier können auch ganz verschiedene „Trainingsgeräte“ genutzt werden. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Das zu kanalisieren, ist Thema des Trainings. „Ich will Menschen helfen, die Probleme mit ihren Hunden haben“, beschreibt sie ihr Ziel. Wie bei Andrea mit ihrem Australian Shepherd, die zusammen schon mehrere Einzelstunden absolviert haben, weil er ständig auf sein Frauchen „aufpassen“ möchte.

Besonders, wenn er sich im häuslichen Umfeld besonders stark fühlt. Mittlerweile zeigt das Training aber längst Früchte, ist er schon viel entspannter geworden.

Das Grundprinzip ihres Trainings heißt „Grenzen setzen“: „Je nach Motivation des Hundes können das auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit sein, mit dem Ziel, das Kontrollverhalten abzubauen.“

Es gebe aber auch eine Vielzahl von Methoden, die man einsetzen könne. Das müsse aber ganz individuell abgestimmt sein. Denn: „Jeder Hund ist anders, jeder Mensch auch.“

Verordnungen allein reichen nicht

Und noch ein Kommentar der Hundetrainerin zur neuen und generell zu Hunde- und Tierschutzverordnungen. Auch sie habe festgestellt, dass sich die Einstellung zur Tierhaltung deutlich verbessert habe. Allerdings fügt sie auch ein Aber hinzu: „Was nutzt die beste Idee, wenn sie nicht kontrolliert wird.“

Eine Verordnung sei daher nur dann sinnvoll, wenn dafür auch genügend Leute zur Verfügung gestellt werden, die sie umsetzen. Ihr Vorschlag: „Tierretter“ zu einem richtigen Beruf zu machen.

Die neue Tierschutz-Hundeverordnung

Seit 1. Januar ist die neue „Tierschutz-Hundeverordnung“ in Kraft, die besonders strengere Regeln für die Haltung von Hofhunden vorgibt. Einige Auszüge:
  • Die Zwingerhaltung ist weiterhin erlaubt, die Größe muss aber an die Größe des Hundes angepasst werden. Das bedeutet: Für einen Hund über 65 Zentimeter muss er mindestens 10 Quadratmeter groß sein. Außerdem sind eine Schutzhütte und ein trockener Liegeplatz vorgeschrieben.
  • Stachelhalsbänder, die insbesondere bei der jagdlichen Ausbildung benutzt werden, sind künftig verboten.
  • Hunde dürfen zwar weiterhin alleine gehalten werden, der regelmäßige Kontakt zu Artgenossen soll aber ermöglicht werden.
  • Ebenso ist die Anbindehaltung untersagt.