Es ist eng, es ist heiß, der Helm rutscht mir ins Gesicht, das flackernde Licht, der Nebel und die Schreie aus den Boxen rauben mir den letzten Nerv, zigmal bin ich mit der Sauerstoffflasche auf meinem Rücken an einer Ecke hängen geblieben und ich habe keine Ahnung, was meine Kollegin mir gerade zurufen will. Aber ich wollte ja unbedingt ausprobieren, wie sich eine Feuerwehrfrau im Einsatz fühlt. Wo muss ich weiter?
Alles hatte so ruhig angefangen. Als fixe Idee in der Redaktion: Wie fühlt sich eigentlich eine Feuerwehrfrau im Einsatz? Klar: Um sich vor Gefahren während eines Brandeinsatzes zu schützen, tragen Feuerwehrleute natürlich Schutzausrüstung. Doch wie können sie sich in schweren Stiefeln, dicker Hose und Jacke, den klobigen Handschuhen, mit Helm und Sauerstoffflasche überhaupt bewegen? Ich stürze mich in Ahaus in den Praxistest.
Das erste Mal in Schutzausrüstung
Nach und nach steige ich in die persönliche Schutzausrüstung. Es ist unheimlich warm – dabei sind es draußen bloß 25 Grad. Die Jacke ist schwer. Irgendetwas drückt mir unangenehm in den Rücken. Gut 20 Kilogramm wiegen Kleidung und Ausrüstung. Dazu kommen eigentlich noch eine Wärmebildkamera, das Funkgerät, ein Seil und das Strahlrohr. Dinge, die für den Brandeinsatz nötig sind. Die Sachen entspannt zu tragen ist die eine Sache - sie im Notfall-Einsatz mitzuschleppen eine ganz andere.

Ich schnalle mir die Sauerstoffflasche auf den Rücken. Zur Atemschutzausrüstung gehört eigentlich noch die Atemschutzmaske, die das ganze Gesicht verhüllt. Die darf ich aber ohne ärztliche Untersuchung nicht tragen. Deshalb muss ich darauf verzichten. Ich finde das auch so schon beklemmend genug.
Atemschutzübungsstrecke in Ahaus
Im Keller der Feuer- und Rettungswache Ahaus ist die Atemschutzübungsstrecke aufgebaut. Ein Labyrinth aus Gittern und Hindernissen. Ein bis zweimal müssen Feuerwehrleute da durch. Jedes Jahr. Die haben dann allerdings die komplette Montur an. „Das ist ähnlich anstrengend wie ein durchschnittlicher Einsatz“, sagt Dirk Honekamp, Leiter der Ahauser Feuerwehr. Mir reicht es auch so.
Dirk Honekamp und seine Kollegen Henning Hofmann und Jannik Boing geben mir eine kurze Einführung und erklären mir grob, worauf ich achten und wie ich mit der Ausrüstung am besten umgehen soll.

Bevor ich auf die Strecke darf, soll ich 20 Meter an einer drehenden Leiterwand klettern, auf einem Laufband laufen und einem Fahrrad fahren und an zwei Kurbeln drehen. Ich soll mich schon vor dem Hindernisparcours anstrengen und etwas unter Stress geraten. Ganz so wie die Feuerwehrleute im echten Einsatz.
Danach bin ich bereit für die Strecke.

Wir gehen durch zwei massive Stahltüren. Meine Kollegin Simone Schulze Beikel ist Feuerwehrfrau bei der Freiwilligen Feuerwehr Legden. Sie geht voraus. Ich gehe kurz dahinter, hinter mir läuft Jannik Boing. Es wird stockdunkel. Aus Lautsprechern werden immer wieder Schreie abgespielt. Flackernde Lichter blitzen durch den dichten Nebel in dem Raum. Ich mache unwillkürlich erstmal ein paar Schritte zurück.
Normalerweise gilt auf der Strecke Nullsicht: In der Dunkelheit müssen sich Feuerwehrleute zu zweit den Weg ertasten. In einem völlig verrauchten, brennenden Haus gibt es schließlich auch keine Festbeleuchtung.
Weil ich ja noch Feuerwehranfängerin bin, wird mir der Parcours etwas erleichtert: Neonröhren blitzen auf, auch die Nebelmaschinen werden etwas gedrosselt. Ich klettere durch die erste Öffnung in den Gitterkäfig.
Ich muss mich durch enge Gänge zwängen. Mich drehen, klettern, kriechen, rutschen und mir immer wieder die Wege suchen.
Die Flasche auf meinem Rücken wird immer schwerer. Immer wieder bleibt sie irgendwo hängen, zieht mich dann an den Schultergurten wieder zurück. Meine Kraft in den Armen lässt nach. Es fällt mir immer schwerer mich hochzustemmen oder abzudrücken, weil mich das Gewicht der Ausrüstung nach unten drückt.
Der Helm schränkt meine Sicht ein. Ich will mir nicht mal vorstellen, wie das durch das Visier der Atemschutzmaske wäre. Noch dazu, wenn das beschlägt. Ich bin nur zehn Minuten in dem Parcours. Dann habe ich den Ausgang des Käfigs erreicht. Verschwitzt, erschöpft, aber erleichtert klettere ich aus der Übungsstrecke.
Anstrengend und warm
Es war nur die abgeschwächte Variante einer simulierten Strecke und ich bin trotzdem völlig kaputt. Mir war heiß, ich war unbeweglich und ich habe gemerkt, wie ich binnen weniger Minuten immer schwächer wurde.
Und ich musste keine simulierten Verletzten retten, hatte Licht und Hilfe. Es ging weder um Leben noch Tod und es brannte auch nichts. Ich kann nur erahnen, wie es sich für Feuerwehrleute anfühlen muss. Ich verstehe nun besser, welche Arbeit sie leisten und wie anstrengend es annähernd bei einem Einsatz sein kann.

Kampf im Hindernisparcours im Video: Mit letzter Kraft durch die Feuerwehrstecke in Ahaus