Messerangriff als Rechtfertigung Haftstrafe nach Bedrohungen und Beleidigungen in Legden

Messerangriff als Rechtfertigung: Haftstrafe für früheren Legdener
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Fünf Anklageschriften verlas der Staatsanwalt, 14 Zeugen waren geladen: Vom Hausfriedensbruch über Beleidigungen und Bedrohungen bis hin zur Verwendung verfassungswidriger Zeichen und Parolen gingen die Anklagen gegen einen Legdener (33) vor dem Amtsgericht in Ahaus.

In der Zeit von November 2023 bis Mai 2024 sollen die Taten stattgefunden haben, für die der Angeklagte schlussendlich zu weiteren sieben Monaten Haft verurteilt wurde. Zurzeit sitzt er in der Justizvollzugsanstalt in Wuppertal-Vohwinkel eine Gefängnisstrafe ab, zu der er bereits im Frühjahr 2023 verurteilt worden war.

Zu dem Hausfriedensbruch im Rathaus sei es nur deshalb gekommen, weil der Angeklagte sich von den dortigen Mitarbeitern zu Unrecht nachteilig behandelt gefühlt habe, erklärte er wortreich in der Verhandlung. Aufgrund einer Suchterkrankung habe man ihm Lebensmittelgutscheine ausgehändigt, die den Erwerb bestimmter Lebensmittel ausschlossen. Das habe ihn geärgert.

Da man den Beschuldigten, laut seiner Schilderung, am Telefon immer unfreundlich behandelt habe und ihm nicht schlüssig erklären konnte, warum er mit dieser Einschränkung seiner Lebensmittelgutscheine bestraft werde, sei er halt selbst hingegangen, um das zu klären. „Was soll ich denn machen?“, fragte der 33-Jährige in Richtung Richter und Staatsanwalt.

Hausverbot missachtet

Da der Angeklagte bereits mehrfach ausfallend gegenüber den Mitarbeitern im Rathaus reagiert und einmal sogar eine Morddrohung und einen Amoklauf angedroht hatte, wurde ihm dort ein Hausverbot ausgesprochen, gegen das er mit seinem Besuch verstieß. Diese Tat räumte der Legdener direkt ein.

Ebenso wie die verfassungswidrige Naziparole, die er im Mai 2024 einem Polizisten gegenüber gesagt und mit dem Hitlergruß untermauert hatte. „Das war dumm von mir“, äußerte sich der Legdener geständig vor dem Richter.

Zwei weitere Taten ereigneten sich im November und Dezember 2023. Im November gab es einen Vorfall auf der Hauptstraße in Höhe der dortigen Bäckerei. Der Angeklagte soll drei Männer mit einem Messer bedroht haben, nachdem diese in angesprochen hatten.

Obwohl einer der drei Beteiligten die Vorfälle in besagter Nacht im Zeugenstand genau schilderte, einigten sich Richter und Staatsanwaltschaft nach den Ausführungen eines medizinischen Gutachters darauf, diese Anklage aufgrund verminderter Schuldfähigkeit fallen zu lassen.

Jungen erinnern sich nicht

Gleiches gilt für einen Vorfall, der sich nur einen Monat später auf der Legdener Weishauptstraße abgespielt haben soll. Der Beschuldigte gab vor Gericht an, immer wieder von Geflüchteten beschimpft und sogar bespuckt worden zu sein. An besagtem Tag sei er mit einem Hund unterwegs gewesen, das sei richtig. Der 33-Jährige beteuerte aber, er habe die Jugendlichen weder angefasst noch bedroht.

In den Zeugenaussagen der beiden Jungen war von dem, was sie bei der Polizei nach der angeblichen Tat zu Protokoll gegeben hatten, jedoch nichts mehr zu hören. Keiner der beiden 15-jährigen Jungen erinnerte sich im Zeugenstand noch an den Tathergang aus Dezember 2023, wie der Richter ihn aus der Akte verlesen hatte. Deshalb wurde auch diese Anklage eingestellt.

Zu den beiden Taten, die der Beschuldigte eingestanden hatte, kamen dann noch zwei weitere Anschuldigungen. In beiden Fällen soll der 33-Jährige auf einem Parkplatz und im Supermarkt in Legden Menschen beschimpft und bedroht haben. In einem Fall wieder mit einem Messer. Seit einem Messerangriff, bei dem er eine Verletzung am Arm davongetragen habe, sei Schluss, beteuerte der Beschuldigte. Er würde sich jetzt wehren, auch wenn er dafür fünf oder zehn Jahre ins Gefängnis müsse. Das sei ihm egal.

Ohne einen für ihn erkennbaren Grund habe der Angeklagte ihm im Dezember 2023 den Mittelfinger gezeigt, während dieser mit dem Fahrrad an seinem Pkw vorbeifuhr, sagte ein Zeuge. Als dieser den 33-Jährigen zur Rede stellen wollte, sei der Beschuldigte schnell aggressiv geworden und habe ein Messer gezogen.

Er sei dann direkt zurück ins Auto und habe die Polizei gerufen, so der Zeuge. Diese Schilderung der Abläufe deckte sich mit dem, was seine Ehefrau als Zeugin aussagte.

Beschimpft und bedroht

Und auch zwei weitere Zeugenaussagen zu einem Vorfall im Februar 2024 in besagtem Supermarkt in Legden deckten sich hinsichtlich der Geschehnisse. In einem Streitgespräch beleidigte der Angeklagte eine frühere Nachbarin. Eine Legdenerin ging dazwischen und ermahnte den Angeklagten, er solle mal ruhiger machen, hier seien auch Kinder anwesend. Der Legdener beschimpfte die Frau daraufhin und drohte ihr. Beide Frauen bestätigten das in ihren Aussagen.

In einer 30-minütigen Sitzungsunterbrechung machte sich ein medizinischer Gutachter ein Bild von der Schuldfähigkeit des Angeklagten. In seiner anschließenden Beurteilung räumte er ein, dass der mehrfach vorbestrafte 33-Jährige durchaus massive psychische Probleme habe. Nach dem nur kurzen Gespräch gehe er von einer Impulskontrollstörung und eine Borderline-Störung aus, schilderte der Mediziner.

Diese treten besonders dann hervor, wenn der Angeklagte unter Alkoholeinfluss stünde oder sich bedroht fühle. Dennoch könne er für einige seiner Taten zur Rechenschaft gezogen werden.

Mit der Hoffnung, dass es dabei bleiben wird, dass der Angeklagte sein Messer niemals einsetzen werde, verkündete der Richter das Urteil: sieben Monate Haftstrafe – entsprechend der Forderung der Staatsanwaltschaft.