Manuel Reers ist sauer. Seit sechs Monaten zahlt ihm die Firma Westnetz keine Einspeisevergütung für seine PV-Anlage, schreibt er der Redaktion in einer E-Mail. Zugegeben, der Betrag ist mit 68 Euro eher gering. Trotzdem ärgert sich der Legdener, dass ihm weder bei seinen zahlreichen Anrufen noch auf schriftliche Nachfrage per E-Mail, der Grund dafür genannt wird.
Immer wieder würde er von den Mitarbeitern der Hotline vertröstet, erzählt er im Telefonat mit der Redaktion. Auch wenn seine PV-Anlage mit einer Jahresleistung von 17.000 Kilowattstunden zu den kleineren Anlagen zählt, Reers geht es ums Prinzip. „Ich könnte das Geld ja monatlich gewinnbringend anlegen“, bemerkt er.

Unplausibler Zählerstand
Der Schöppinger Rupert Joemann schilderte im Telefonat mit der Redaktion das gleiche Problem. Seit Februar habe Westnetz die Zahlung seiner Einspeisevergütung in Höhe von 66 Euro eingestellt. Auch bei ihm kommentarlos. „Wir haben keine Info bekommen, weshalb es kein Geld mehr gibt“, erklärt er. Auch die Jahresabrechnung, die seit Jahren immer im Januar postalisch ins Haus geflattert sei, fehle bisher.
Der Schöppinger geht auf Ursachensuche. Kontrolliert die im vergangenen Jahr eingespeiste Strommenge. Vergleicht mit den Vorjahren und kommt zu dem Ergebnis, dass der Unterschied keine zehn Prozent ausmache, erläutert er. Daraufhin klemmt er sich ans Telefon, ruft mehrfach bei der Hotline an. „Nach 25 Minuten Bandansage hab ich genervt aufgelegt“, schildert er seine Erfahrungen.
Die Redaktion fragt bei Westnetz nach dem Grund für die fehlenden Vergütungen. Annett Urbaczka, Pressesprecherin der Firma Westenergie, dem Mutterkonzern der Westnetz, antwortet eher unkonkret. „Bei der Jahresabrechnung ist bei dem von Ihnen genannten Kunden ein unplausibler Zählerstand aufgefallen. Solche Fälle werden individuell geprüft“, heißt es in ihrem Antwortschreiben.
Warum das sechs Monate dauert und niemand in der Lage war, Manuel Reers und Rupert Joemann die Problematik einfach im Telefonat zu erklären, schreibt sie nicht. Und auch, um wie viel die aus Legden und Schöppingen übermittelten Zählerstände von der Höhe der Einspeisevergütung, die im Jahr 2023 gezahlt wurde, abwichen, klärt der Energiekonzern nicht auf.
Fall abgewickelt
Laut Annett Urbaczka wurde Manuel Reers Fall jetzt bearbeitet und gelöst. Manuel Reers erfährt davon erst Tage später. Bei einem erneuten Telefonat mit der Redaktion berichtet er, dass kürzlich 25 Euro auf seinem Konto eingegangen seien. Wofür und wie es dazu kam, kann er sich nicht erklären.
Einige Tage später findet er dann ein Schreiben des Energiekonzerns in seinem Briefkasten. Westnetz erklärt, die 25 Euro stünden ihm noch aus dem in 2023 gelieferten Strom zu. Für die vergangenen Monate bekomme er in den nächsten Tagen eine Einmalzahlung in Höhe von 464 Euro, ist zu lesen.
Weder Erklärung noch Entschuldigung
Ab September erfolge die Zahlung der Vergütung dann wieder monatlich. Immer zum 15. werde die Westnetz 67 Euro zahlen, schreibt das Unternehmen. „Eine Erklärung oder gar Entschuldigung steht da nicht“, so Manuel Reers. Er wisse auch immer noch nicht, warum die Zahlungen über Monate eingestellt wurden. Die neue monatliche Vergütung liegt so nah an dem alten Wert, dass eine erhebliche Abweichung der gelieferten Strommenge für ihn unplausibel klingt.
„Das kann ja alles mal passieren, aber warum sagt man es dann nicht einfach?“, fragt sich nicht nur der Legdener. Aus dem Hause Westenergie erfolgt nach einer erneuten schriftlichen Anfrage der Redaktion Bedauern, dass die Klärung dieses speziellen Falls leider länger gedauert habe als üblich.
Prüfung der Abrechnung
„Die Mitarbeiter machen pro Jahr rund 260.000 Abrechnungen für Einspeisevergütungen. Das ist eine große Zahl“, schreibt Annett Urbaczka. Nach jeder Abrechnung für das vorherige Jahr würde ein neuer Abschlagsplan für das anstehende Jahr, ähnlich wie bei der Stromrechnung, erstellt.
Eine Abrechnung gelte dann als unplausibel, wenn die gemeldete Einspeisemenge deutlich von den Vorjahreswerten abweiche. In solchen Fällen müssen die Kollegen die Daten individuell prüfen, um die Richtigkeit der Angaben sicherzustellen, heißt es aus dem Hause Westenergie.
Die Aussage der Pressesprecherin kann Rupert Joemann in keinster Weise nachvollziehen. „Die Abrechnungen werden doch maschinell erstellt“, ist er sich sicher. Da sitze doch niemand und rechne mit dem Taschenrechner aus, was die einzelnen Kunden im neuen Jahr als Vergütung bekommen, so der Schöppinger empört. Er ist gespannt, ob Westnetz ihm für die noch ausstehenden Zahlungen Verzugszinsen zahlt. „Wenn ich meine Stromrechnung nicht pünktlich begleiche, wird mir das ja schließlich auch berechnet“, so Joemann.
„Wir bedauern, dass die Klärung in diesem speziellen Fall leider länger gedauert hat als üblich“, schließt die Pressesprecherin ihre Ausführungen. Die Plausibilitätsprüfung für Manuel Reers Angaben seien jetzt abgeschlossen und das Jahr 2023 würde abgerechnet werden. Bleibt zu hoffen, dass Rupert Joemann auch bald Post bekommt.
„Der Kunde ist König“: Das gilt in vielen Unternehmen offensichtlich nicht mehr!