Seit 1. Juli dieses Jahres gehört Sarah Möller zum Team der Hausarzt-Praxis Münsterland von Dr. Volker Schrage und Bernd Balloff. Sie ist Ehefrau und Mutter zweier Kinder, wohnt mit der Familie in Legden.
Eine ganz alltägliche Lebenssituation also. Wäre da nicht der Weg, der hinter ihr liegt. Um es schonmal vorwegzunehmen: ein sehr anstrengender und ein höchst erfolgreicher. Die 32-Jährige absolviert nicht nur ihre Ausbildung mit zwei kleinen Kindern, sondern beendet sie auch als Jahrgangsbeste.
Einem Patienten fällt die junge Mitarbeiterin in der Legdener Praxis durch ihr freundliches und kompetentes Auftreten auf. Außerdem erfährt er auch von ihrem herausfordernden Lebensweg. Das alles beeindruckt ihn und motiviert ihn sogar dazu, der Redaktion der Münsterland Zeitung davon zu berichten. Jetzt hat Sarah Möller uns ihre Geschichte erzählt.

Es ist ihr beruflicher Wunsch, eine landwirtschaftliche Ausbildung, der die Kölnerin Sarah in den Kreis Borken und schließlich nach Legden führt. Einen Abschluss macht sie allerdings nicht.
Zuerst einmal aus privaten Gründen. Sie heiratet, und 2014 wird ihre Tochter geboren. Ein Sohn folgt 2017.
Das Ende ihres Berufslebens bedeutet das aber nicht. „Ich habe immer gearbeitet, sofort nach der Elternzeit immer wieder angefangen“, sagt sie in der Rückschau.
Mit verschiedenen Jobs trägt sie ihren Teil zum Einkommen der Familie bei. Und ist ehrenamtlich tätig. Zum Beispiel als Geschäftsführerin des Reitervereins Heek.
Gleichwohl hat sie immer im Hinterkopf, dass sie ihre angefangene Lehre zu Ende bringen will. Daraus aber wird nichts, da sie während der Schwangerschaft eine Allergie entwickelt hat, die mit dem Beruf als Landwirtin nicht verträglich ist.
Neustart: Teilzeit-Ausbildung
Gleichzeitig hat sie die Idee, nochmal etwas Neues anzufangen, prüft ihre Interessen und bespricht sich mit ihrem Mann. Denn: „Klar ist, dass wir, wenn ich mich zu einer Ausbildung entschließe, auf Geld verzichten müssen.“
Von ihm aber bekommt sie nur positive Signale, und gemeinsam werden sie kreativ, wo man sich einschränken kann.
„Die Kinder sollten auf keinen Fall etwas merken, also haben wir auf manche Dinge wie Ausflüge nicht verzichtet, aber sie halt weniger oft gemacht.“
Sarah Möller erinnert sich, dass sie sich mal für eine Ausbildung im Rettungsdienst interessiert hat, was seinerzeit nicht angeboten wurde. Bei ihrer Suche nach einem neuen Berufsfeld wird das alte Interesse an medizinischen Aufgaben wieder bedeutsam.
Auch durch Beratung der Berufsbildungsstätte Ahaus (BBS) rückt eine Teilzeit-Ausbildung in den Fokus. Sie entscheidet sich für den Weg zur Medizinischen Fachangestellten (MFA), den sie in einer gynäkologischen Praxis in Ahaus antritt. Das bedeutet: 30 Stunden und 12 Berufsschulstunden die Woche, drei Jahre lang.
Eine finanzielle Unterstützung gibt es nicht: „Ich habe ja schließlich einen Mann, wurde mir gesagt.“

Herausfordernde Lehrjahre
Hart sei nicht die Zeit in Praxis und Schule gewesen, sondern das, was obendrauf kommt: „Zu alledem noch das intensive Lernen am Abend.“
Getragen wird sie durch die Zeit auch durch einen ausgeprägten Ehrgeiz („Ich will immer das Beste geben.“). Und da ist auch noch der Ansporn, es allen Zweiflern in Familie und Freundeskreis zu zeigen. „Jetzt erst recht!“, habe sie sich gedacht und will auch das dritte Lehrjahr mit einer 1,0 am Ende schaffen. Das alles schafft sie. Und wie! Wird Jahrgangsbeste.
Nach diesem perfekten Abschluss aber ist sie noch nicht am Ende ihres beruflichen Weges angekommen. In der Ausbildungspraxis habe man sie gerne behalten, sie aber sucht ein breiteres Aufgabengebiet. „In der gynäkologischen Praxis sind es ausschließlich Frauen, und die sind meistens gesund, kommen zur Vorsorge.“
Anders sei das in der Allgemeinmedizin, wo bei Männern und Frauen die unterschiedlichsten Krankheitsbilder behandelt werden. Das reizt die frisch gebackene MFA, und in der Legdener Hausarztpraxis findet sie genau das.
Als Glücksfall empfindet Bernd Balloff, einer der beiden Chefs, dass Sarah Möller jetzt zum 15-köpfigen Team gehört. Bereits ihre Initiativbewerbung habe neugierig gemacht: „Entscheidend sind aber für uns nicht nur die guten Noten.“
Vielmehr habe sie beim Probearbeiten überzeugt und gezeigt, dass sie bestens ins Team passt. „Wir sind sehr froh, dass wir sie haben und sind mehr als zufrieden.“
Hilfreiches Naturell
Das ist Sarah ebenso, wie sie sagt. Auch wenn sie weiß, dass sie erst am Anfang steht, noch ganz viel dazulernen wird. Bewusst sei ihr auch, dass es mit so vielen Frauen mitunter auch mal nicht ganz so einfach werden könne.
Bis jetzt hat sie in der Hinsicht aber noch keine negativen Erfahrungen gemacht, fühlt sich wohl aufgehoben. Angst, dass sich das mal ändern könne, hat sie ohnehin nicht. Da vertraut sie ganz auf ihr Naturell: „Ich bin ein sehr offener Mensch, und die kölsche Mentalität bringe ich ja auch mit.“