An die zahlreichen Mitarbeitenden aus dem Ausland haben sich die Gäste im Landhotel „Hermannshöhe“ längst gewöhnt. Eigentlich sei es aber sehr viel mehr, sagt Chef Andreas Beckhaus: „Die Gäste schätzen deren Engagement, die besondere Freundlichkeit.“ Über die Jahre waren schon die unterschiedlichsten Nationalitäten in allen Bereichen der Hermannshöhe im Einsatz. Der Hotelier nennt einige Herkunftsländer: „Albanien, Polen, Rumänien, Ukraine, Bangladesch, Argentinien.“
Seit 2018 aber liegt der Fokus auf Indonesien. Aus dem südostasiatischen Inselstaat kommen nämlich regelmäßig Nachwuchskräfte, um ihre dreijährige Ausbildung im Legdener Betrieb zu absolvieren. Zurzeit sind es 22. 22 in dem insgesamt 90-köpfigen Mitarbeiter-Team.

Glücksfall Indonesien
Was aber gibt den Ausschlag, dass sich der Legdener Hotelier auf dem mehr als 11.000 Kilometer entfernten Arbeitsmarkt umschaut? Dafür nennt er vor allem diesen Grund: „Schon lange besteht im Hotel- und Gastrogewerbe akuter Arbeitskräftemangel.“ Eigentlich sei es ja „ein ganz toller Beruf“, aber allein die Arbeitszeiten seien auch durchaus herausfordernd. Für die jungen Menschen in Indonesien sei es dagegen ein richtiger Glücksfall, einen Ausbildungsplatz in Deutschland zu bekommen.
Das findet auch Isak (23), Koch-Azubi im dritten Lehrjahr. Gerade bereitet er sich auf einen Wettbewerb vor: „Die Ausbildung ist eine große Chance, die ich in meiner Heimat nicht hatte.“ Auch wenn er sich ursprünglich beruflich in Richtung KFZ und Elektronik orientiert hat, den Beruf des Kochs hält er für durchaus zukunftssicher: „Jeder Mensch braucht ja Essen.“ Dass der Kontrast der indonesischen zur deutschen Küche sehr groß ist, in seiner Heimat vor allem sehr scharf gewürzt wird, sieht er sogar positiv: „Ich lerne immer mehr.“
Auch für David (23), ebenfalls im dritten Lehrjahr, bietet sein Ausbildungsplatz in Legden große Vorteile. Nicht nur, dass er, wie die meisten seiner Landsleute, sogar einen Teil des Azubi-Lohns nach Hause schicken kann, er schätzt besonders den kommunikativen Aspekt seines Jobs, den Kontakt mit den Gästen, die ihnen allen so freundlich begegneten. Einen Minuspunkt kann er aber dann doch vergeben: „Das Wetter!“
Beide sprechen übrigens recht passabel Deutsch. „Wenn sie hierherkommen, müssen sie sprachlich mindestens das B1-Level mitbringen“, erklärt Andreas Beckhaus.
Kooperation mit Agentur
Dass es aber überhaupt zu dieser inzwischen regelmäßigen Anwerbung von indonesischen Auszubildenden für die „Hermannshöhe“ gekommen ist, ist eigentlich dem Zufall geschuldet. Durch einen Beitrag im NDR stößt der Legdener auf einen Kollegen in Sachsen-Anhalt und seine Agentur AuLiD, die Fachkräfte aus Indonesien vermittelt. Trotz anfänglicher Skepsis ist Andreas Beckhaus neugierig und lässt sich Anfang 2018 auf das Abenteuer ein. Sechs Azubis machen den Anfang. Inzwischen haben seitdem 15 junge Menschen ihre Ausbildung im Koch-, Restaurant- oder Hotelfach geschafft. Durch die Bank erfolgreich, freut sich ihr ehemaliger Chef.
Inzwischen existiert zwischen der Hermannshöhe und der Agentur AuLiD eine feste Kooperation. Konkret läuft das Bewerbungsverfahren immer gleich ab. Beckhaus meldet Bedarf an. Die Agentur trifft eine Vorauswahl, und erst nach Online-Interviews fällt dann die Entscheidung, wer die Ausbildung tatsächlich antritt.
Der Geschäftsführer der Hermannshöhe beschönigt aber nicht, dass dahinter ein enormer bürokratischer Aufwand steht. Zumindest in der Anfangszeit ist das so. Da gibt es noch die so genannte „Vorrangs-Regelung“. Heißt: Erst, wenn es für die Stelle keine einheimischen Bewerbungen gibt, kann auch eine aus einem Nicht-EU-Land den Zuschlag bekommen. Das dauerte oft Monate.
Das ist zumindest durch das erweiterte „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ jetzt weggefallen, überhaupt das Prozedere einfacher und schneller geworden, auch wenn neue bürokratische Klippen dazugekommen seien, betont Beckhaus. In ihrer Zwischenbilanz zitiert ihn auch die IHK Nord Westfalen: „Vor der Gesetzesänderung hat es mehrere Monate gedauert, bis die Vorabzustimmung vorlag. Jetzt klappt das in wenigen Wochen.“

Anerkennung für Pionierabeit
Inzwischen bekommt Andreas Beckhaus nicht nur von der IHK, sondern auch von anderer Seite Anerkennung für seine Pionierarbeit. Wie gerade erst bei einer Veranstaltung mit Sozialminister Karl-Josef Laumann, zu der die Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Kreise Borken und Coesfeld sowie Arbeitsagentur und Regionalagentur Münsterland eingeladen hatten, bei der das Landhotel Hermannshöhe für die „Gewinnung von Azubis aus Drittstaaten“ ausgezeichnet wurde.
Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass für den Erfolg des Projektes beide Seiten ihren Beitrag leisten müssen. Den der Azubis beschreibt ihr Ausbilder so: „Sie sind absolut freundlich, fleißig, ordentlich, zuverlässig.“

Sein Anteil und der der Kollegen in der Hermannshöhe lässt sich etwa so zusammenfassen: Geboten wird ein Arbeitsumfeld, auf dem die ausländischen Azubis wertgeschätzt werden. Ein Team, das auch bei der Orientierung im neuen Alltag Hilfestellung gibt. Andreas Beckhaus hat sogar ein eigenes Mitarbeiter-Haus gebaut, um als Arbeitgeber zu punkten. Mit acht Wohneinheiten und 24 Zimmern.
Er will aber noch einen Schritt weiter gehen, um die neuen Fachkräfte auch nach der Ausbildung zu halten. Von den ersten 15 waren es nämlich nur zwei, alle Absolventen aber haben neue Arbeitsplätze in Deutschland gefunden. Denen, die demnächst länger bleiben wollen, will er dann einen deutschen Führerschein „spendieren“,