Es sind Nachrichten wie diese, die zurzeit für Aufregung und Entsetzen auch vor Ort sorgen - bei Hobby-Imkern wie Profis: Billig-Honig überschwemmt den Markt; von getesteten Honig-Proben aus Supermärkten und Diskountern waren 80 Prozent gefälscht, mit Sirup gestreckt. Die DNA-Tests, worauf sich das bezieht, waren im Auftrag des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund sowie des Europäischen Berufs-Imkerbund (EPBA) erfolgt. Das ernüchternde Ergebnis: Die meisten Honige waren nicht mal mit einer einzigen Biene in Berührung gekommen. Für die Imker landesweit ein Grund, dahinter Betrug im großen Stil zu vermuten. Und sogar organisierte Kriminalität.
Die Problemlage: 500 Gramm des echten, aufwändig und nach strengen Vorgaben gewonnenen deutschen Honigs, kosten rund sechs bis sieben Euro, die billigen Alternativen - oft aus China oder der Türkei - werden schon für unter drei Euro angeboten. Auch für Gregor Höing (60) aus Ahaus, Honig-Obmann im Imkerverband des Kreises Borken, ein „sehr, sehr großes Thema“ im Kollegenkreis und eine Situation, die das Image einer ganzen Branche bedroht, manche Berufs-Imker sogar existenziell. Was den Honig-Experten dabei besonders aufregt: „Es gibt so etwas wie ein Reinheitsgebot, Honig darf nichts zugefügt, aber auch nichts entzogen werden.“


Die Thematik ist äußerst komplex und hat sich nach dem Import-Stopp der USA für europäischen Honig nochmal verschärft. In Folge haben auch die Importe in Deutschland drastisch zugenommen. Meist mit dem Hinweis versehen: aus EU- und Nicht-EU-Ländern. Was aber genau in ihnen steckt, dass ihre Inhaltsstoffe vielleicht sogar mit raffinierten Methoden gefälscht wurden, lässt sich erst mit Hilfe neuer DNA-Tests aus Estland tatsächlich belegen.
Raffinierte Methoden
Gregor Höing und andere Imker vermuten, dass oft Fruktose-Sirup zum Einsatz kommt, der mit Hilfe von genetisch modifizierten Bakterien in der Lage ist, das Profil des Honig-Originals zu imitieren. Durch die konventionellen Labor-Tests war das bislang nicht nachweisbar. Auch die EU-Kommission ist schon länger auf die Problematik aufmerksam geworden und sieht Handlungsbedarf. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie gemeldet, dass die Menge gepanschten Honigs zunimmt. Mittlerweile liegt auch der Entwurf einer neuen, verschärften EU-Verordnung auf dem Tisch, die aber noch von den Mitglieds-Ländern übernommen werden muss.
Billig-Importe nehmen zu
Doch zurück zu den heimischen Imkern. Überhaupt sei Honig nach Corona sehr viel weniger gefragt als während der Pandemie, erklärt Hobby-Imker Antonius Schulze Beikel. Durch die zunehmende Konkurrenz der Billig-Produkte habe sich dann alles nochmal verschärft. So mancher Imker in der Region hat mittlerweile Honig auf Halde liegen. Dennoch wollen Antonius Schulze Beikel und Gregor Höing aber auf keinen Fall den Weg eines Steinfurter Kollegen gehen, der seinen Überschuss an Honig der Tafel spendet. Verramschen wollen sie ihren Honig auf keinen Fall sondern stattdessen selbstbewusst für ihre Qualitäts-Produkte werben. „Kein Imker irgendwo kann Honig für unter sechs Euro herstellen, alles andere ist nicht mal kostendeckend.“
Nicht nur die Bienen - für 500 Gramm werden 120.000 Kilometer geflogen - auch die Imker leisten nämlich sehr viel Arbeit, um das „flüssige Gold“ fertig für den Endverbraucher herzustellen. „Honig ist ein Lebensmittel und ein Top-Produkt“, sagt der Legdener, der Imkerei für das „tollste Hobby“ hält. Nur dann aber, wenn es die hohen Qualitäts-Standards des deutschen Imkerbundes befolgt.
Hohe Qualitäts-Standards
Regelmäßig fährt Honig-Obmann Gregor Höing daher bei den Imkern im Kreis rum und nimmt Proben zur Qualitäts-Untersuchung mit. Viele Imker geben ihren Honig auch zur Honigbewertung des Landesverbands. Hier werden Aussehen, Farbe, Geruch und Geschmack ebenso bewertet wie Zustand von Glas und Etikett. Gemessen wird auch der Enzymgehalt. Den hohen Anspruch bekam auch er selbst zu spüren, als er bei der jüngsten Prämierung „nur“ Bronze bekam. „Alles war bestens, aber das Etikett klebte etwas schief.“
Gregor Höing wie Antonius Schulze Beikel ist klar, dass es auch in ihren Reihen mal schwarze Schafe geben könne. Aber: Die fielen durch die regelmäßigen Proben auch sehr schnell auf. Was aber wünschen sie sich in puncto Honig-Fälschungen? Zuerst einmal eine juristische Aufdeckung, die schon auf den Weg gebracht worden ist. Und in jedem Fall eine saubere Deklarierung. Antonius Schulze Beikel: „Die Ursprungsländer müssen klar genannt werden.“ Gegen solche früher mal übliche Namen wie Kunst-Honig, wehren sie sich aber: „Wenn Honig im Namen genannt wird, sollte auch nur Honig drin sein.“
Bis zur Aufklärung und Neuregelung wird es aber noch dauern. Was aber kann den Kunden jetzt schon geraten werden? Wie lässt sich gefälschter Honig erkennen?“ „Sicher am Preis, aber auch an der Konsistenz.“ Echter Honig aus unserer Region sei niemals so flüssig oder cremig wie die Billig-Produkte im Supermarkt-Regal. „Honig kristallisiert, wird mit der Zeit fester“, sagt Antonius Schulze Beikel.
Diesen Artikel haben wir am 11. November 2024 veröffentlicht.