Es ist eine Menge los auf der Baustelle der Firma Open-Grid-Europe. 330 Männer und Frauen von etwa 20 Firmen sind von montags bis freitags im Legdener Haulingort damit beschäftigt, die Gasverdichterstation zu bauen.
„Wir liegen gut in der Zeit“, versichert Dr. Alexander Braun, der Leiter des Projekts Zeelink im Gespräch mit der Redaktion. Zwei Drittel der Baumaßnahmen seien bereits abgeschlossen. Er gehe davon aus, dass die Anlage planmäßig im Sommer 2024 in Betrieb genommen werden kann.
Die beiden Verdichter selbst, die Herzstücke der Station, die auf ungefähr acht Hektar gebaut wird, sind eher unscheinbar. In grau-beige stehen die ungefähr zwei Metern hohen Maschinen in ihren eigens für sie gebauten Betonhallen.

Zukünftig werden sie den Druckabfall, der beim Transport von Gas entsteht, kompensieren. „Vorher wird das Gas gefiltert und via Ultraschall, sowohl beim Erreichen der Station als auch beim Verlassen dieser, einer genauen Messung unterzogen“, erklärt Alexander Braun. Danach geht es mit bis zu 100 Bar wieder auf die Reise.
Beschleunigt auf die Reise
„Ursprünglich geplant wurde die Anlage, um Gas aus Russland in den Westen Europas zu transportieren“, weiß Andreas Lehmann, Pressesprecher des Unternehmens. Seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs importiert Deutschland das meiste Gas jedoch aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien.
Die Legdener Gasverdichterstation wird also ab Juni des kommenden Jahres den Erdgasfluss vom Nordwesten Europas in den Südosten sichern. „Die geförderten Gasmengen schwanken je nach Jahreszeit und Auftragslage der Industrie“, erläutert Braun. „Daher werden auch nicht ständig beide Verdichter in Betrieb sein“, ergänzt er.
Keine Infrastruktur vorhanden
Angetrieben werden die beiden 13-Megawatt-Verdichter durch Gasturbinen. „Das System ist vollkommen stromunabhängig“, so Andreas Lehmann. Die Infrastruktur, um solche Verdichter elektrisch anzutreiben, hätte nochmal einen enormen Bauaufwand hervorgerufen, deshalb habe man sich für diese Lösung entschieden, erklärt der Experte.
Die meisten Vorgänge in der Verdichterstation sind voll automatisiert. „Die Anlage wird von Essen aus überwacht und gesteuert“, erläutert Alexander Braun. Von dort aus könne auch bei Störungen oder wann immer es nötig sei, eingegriffen werden. Vor Ort werden mit Inbetriebnahme der Anlage acht Personen von montags bis freitags beschäftigt sein.
Doppelfunktion
„Hier in Legden befindet sich die einzige Stelle, an der sich die Zeelink-Leitung und die Leitung 63 treffen“, zeigt Alexander Braun in einer Karte. Beide Leitungen werden von der Station angesteuert. Deshalb werde die Anlage genau an dieser Stelle gebaut, erklärt er. Die nächste der 30 Verdichterstationen der Open-Grid-Europe liegt im fast 200 Kilometer entfernten Würselen bei Aachen.
Alexander Braun vergleicht den Gasfluss im deutschen Versorgungsnetz bildlich mit einer Badewanne. „Man muss sich vorstellen, dass es mehrere Wasserhähne gibt, aus denen Gas in die Wanne läuft. Die Wanne selbst hat mehrere Abflüsse, über die Gas weiter transportiert wird. Unsere Firma sorgt dafür, dass jeder die von ihm gekaufte Gasmenge pünktlich bekommt“, sagt Braun.

Optisch nahezu unsichtbar
Wenn die Gasverdichterstation im Sommer 2024 läuft, bedeutet das aber noch nicht das Ende der Bauarbeiten, so Lehmann. Das Umfeld wird im Anschluss an die Baumaßnahmen rekultiviert. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde viel Wert darauf gelegt, dass sich die Station gut in die Landschaft integriert.
„Die beiden Hallen der Gasverdichter sind die einzigen Gebäude, die außen nur angestrichen werden“, sagt Andreas Lehmann. Die übrigen Gebäude werden mit einem roten Backstein eingefasst. Er zeigt auf ein Nebengebäude der Verdichterhallen, wo schon mit dem Verklinkern begonnen wurde.
Zaun und Kameras
Das Gelände wird mit einem Wall umgeben, der begrünt wird. Lediglich auf Höhe des Betriebshofes kann das Gelände betreten oder befahren werden. „Aus Sicherheitsgründen wird das Areal eingezäunt und kameraüberwacht werden“, so Alexander Braun.

Die Fläche, auf der jetzt unzählige Autos parken und Büro- und Sozialräume in mehreren Container-Komplexen untergebracht sind, wird später wieder Ackerland sein. „Selbst die Straße, die heute die Hauptzufahrt zur Baustelle ist, wird zurückgebaut“, weiß Lehmann. Zukünftig wird die Zufahrt zum Gelände der Gasverdichterstation über eine Nebenstrecke der K33 im Haulingort erfolgen.
Bodenmanagementkonzept
Fährt man heute zum Pförtner-Container an der Baustelle, liegen links und rechts des Wegs aufgeschüttete Wälle. Jeder davon ist versehen mit einem einlaminierten Zettel, auf dem die genaue Flurbezeichnung steht. „Die Wälle sind komplett begrünt und werden tatsächlich von einer Firma gepflegt“, erklärt Andreas Lehmann.
Im Rahmen eines eigens für das Projekt entwickelten und mit den Landwirten erläuterten Bodenmanagementkonzeptes wurde das Vorgehen genau geplant. Die obersten Bodenschichten der landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden vor Baubeginn abgetragen und zu eben diesen Wällen geschüttet.
Nährstoffe und Böden
Nach Abschluss aller Arbeiten werden die Böden wieder auf genau den Ackerflächen ausgebracht, von denen sie ursprünglich auch kommen. „Das war den Landwirten, die Flächen für die Realisierung der Verdichterstation zur Verfügung gestellt haben, extrem wichtig“, erklärt der Leiter des Projekts. Dabei gehe es um Nährstoffe und Bodenqualität, die teilweise über viele Jahre aufgebaut wurden, ergänzt er.