Dass ChakalakaT und Cassedy an diesem Donnerstagmorgen entspannt aus ihren Boxenfenstern in ihrem Stall an der Straße Am Kornhaus blicken, grenzt schon an ein kleines Wunder. Der 13-jährige Schimmel-Wallach und die braune neunjährige Stute haben den schrecklichen Unfall vom Vorabend scheinbar so gut wie unverletzt überstanden.
„Chakalaka hat ein paar Schwellungen, einige oberflächliche Schrammen. Cassedy hat überhaupt nichts“, fasst Carlotta Terhörst zusammen. Die 20-Jährige saß am Mittwochnachmittag am Steuer des Pferdetransporters.
Auf der Straße Am Bahndamm habe sie gegen 16.30 Uhr einem Auto im Gegenverkehr ausweichen müssen. Dadurch geriet sie erst mit den Reifen von der Fahrbahn ab.
Der Transporter kippte auf die Seite, die beiden Pferde wurden eingeklemmt. Ein vierstündiger Feuerwehreinsatz folgte, um die Tiere zu retten.

Ein Problem: Die Pferde stehen in dem Transporter nebeneinander, getrennt durch eine bewegliche und halbhohe Trennwand. Als der Transporter auf die Seite kippte, wurde der Schimmel-Wallach unter dieser Trennwand eingeklemmt, die Stute stand aufrecht in einer Aussparung der Trennwand.
Das nächste Problem: Der Transporter lag auf der Türöffnung, durch den die Pferde ein- oder ausgeladen werden. Die hintere Tür am Heck des Fahrzeugs führt eigentlich in eine Sattelkammer und hat keinen direkten Zugang zum Pferdeabteil.
Für die Freiwillige Feuerwehr Legden begann ein Drahtseilakt – und die Auswahl zwischen mehreren schlechten Optionen. „Immer wieder haben sie beraten, wie sie am besten vorgehen können“, lobt Tierarzt Dr. Christoph Hellmann die Einsatzkräfte am Donnerstag. Er war zusammen mit einer weiteren Tierärztin mit zur Unfallstelle geeilt, um die Tiere zu versorgen. Und sie zu sedieren.
„Pferde sind Fluchttiere. In so einer engen Ausnahmesituation würden sie sonst schnell in Panik geraten“, erklärt er. Durch die Medikamente habe vor allem der Schimmel, der unten eingeklemmt lag, ruhig halten können.
Feuerwehr kommt mit schwerem Gerät
Gerade als die Feuerwehr dann mit schwerem Gerät anrückte, um die Trennwand und die äußere Karosserie aufzutrennen, sei es kritisch geworden. „Allein schon wegen des Lärms“, sagt er. Eine absolute Ausnahmesituation für alle Beteiligten.
Die Feuerwehr hatte mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen: Einerseits die Tiere aus dem umgestürzten Transporter zu befreien. Andererseits aber auch den Höhenunterschied zwischen dem Grabengrund und der Straße so weit zu überbrücken, dass die Tiere sich dort nicht weiter verletzen oder in Panik geraten.
Hilfe kam dafür aus der unmittelbaren Nachbarschaft: Das Unternehmen Glanemann stellte eine große Stahlplatte zur Verfügung, mit dem eine provisorische Rampe vor dem Transporter gebaut wurde. Das Hochbauunternehmen Scharlau brachte Schalbretter und Bauholz zur Unfallstelle, um die Konstruktion abzustützen und zu sichern. Maschinenbau Deitmer brachte einen zusätzlicher Radlader, um die Stahlrampe mit Sand rutschsicher zu machen.
Auch wenn sich der Einsatz am Abend lange hinzog, ist Alexander Terhörst am Morgen danach begeistert – und unendlich dankbar: „Einfach toll, wie ruhig und besonnen die Feuerwehr gearbeitet hat“, sagt er.
„Die haben ja den ganzen Wagen auseinander geschnitten“, sagt er. Auch das keine einfache Aufgabe, schließlich wird mit jedem Schnitt durch die Karosserie die Stabilität geschwächt. Und muss durch entsprechende Stützen gesichert werden.
Tiere erheblich unter Stress
Gleichzeitig kamen Sägeblätter und hydraulische Werkzeuge den eingeschlossenen Pferden bei jeder Bewegung gefährlich nahe. Der Stress, den die Tiere während der Rettungsarbeiten aushalten mussten, war von weitem sichtbar: Durch eine Fensteröffnung war während des ganzen Einsatzes der Pferdeschweiß in dichten Dampfschwaden aufgestiegen.
Einsatzleiter Andreas Grun und die Freiwilligen Feuerwehrleute blieben schließlich bei ihrem Plan, die Tiere über die Hecköffnung zu retten. Zwischenzeitlich waren auch Feuerwehrleute aus Schöppingen mit einem speziellen Rettungsgeschirr für Großtiere eingetroffen.
Auch ein Autokran stand bereit, um die Tiere im Zweifel aus dem Graben zu heben. Der musste am Ende nur den Unfallwagen bergen.
Beide Pferde konnten schließlich aus eigener Kraft aus dem Graben steigen. Für Chakalala ging es im Anhänger in den Stall. Cassedy wurde am Strick bis in die nahegelegene Box geführt.
Gegen 21 Uhr war der Einsatz für die Feuerwehr beendet.
Für die beiden Tiere steht jetzt erst einmal Ruhe und Erholung auf dem Programm. Wegen der Medikamente wird die bei Chakakala wohl noch etwas länger dauern, als bei der Stute. Auch stehen beide Tiere weiter unter ärztlicher Beobachtung, um mögliche Folgeschäden oder bisher nicht erkannte Verletzungen auszuschließen. „Es geht ihnen aber so weit gut“, betont Christoph Hellmann gegenüber unserer Redaktion.
Familie Terhörst atmet indes tief durch. Auch, weil bei dem Unfall keine Menschen verletzt wurden.
